JAY TRAINER – A Whisper Of Ruin
~ 2019 (Independent) – Stil: Progressive Rock / Rock ~
Schon der Opener ´The Southern Wind´ kann durch seine melancholische Stimmung verzaubern und ist dramaturgisch klug aufgebaut. Die Musik passt aufgrund ihrer Mischung verschiedener Stile irgendwie in den Begriff “progressiv”, hat auf jeden Fall eine sehr eigene Handschrift. Aber es sind gleichzeitig auch oft sehr kompakte Songs mit anspruchsvoller Instrumentierung. ´Alibi´ ist ein weiterer starker Song, geprägt von der warmen, manchmal weinerlichen und auch immer wieder rauen Stimme von Sänger Jay Trainer. Der Musik wird Zeit gegeben, zu wirken. Sie atmet oft die Weite der amerikanischen Landschaft. Die Gitarre hat einen sehr speziellen Sound, der die melancholische Grundstimmung unterstützt, die sich durch Songs wie ´Lovely In Black´ (mit Fusionseinflüssen) oder ´Wide Open Eyes´ (mit weiblicher gesanglicher Unterstützung) zieht. Es geht auch rockiger wie bei ´By Cover Of A Great Lie´, ohne den vorgesteckten Rahmen zu verlassen. Die Texte sind ähnlich persönlich wie die Musik.
´While The World Burns Down´ erinnert an die Aufbruchsstimmung Ende der 60er Jahre, als die Musik noch etwas bewegen sollte. Auch etwas eigenbrötlerisch und hier klar im progressiven Bereich. ´Everything We Never Said´ ist in seiner Verzweiflung und Wut absolut mitreißend. Manchmal erinnert es mich von der eigenständigen Konsequenz des Vortrags her an große Hoffnungen vergangener Tage wie Michael Dickes und GYPSY KYSS, nicht unbedingt direkt musikalisch (die waren zumindest zu Beginn mehr dem Hard Rock zugewandt), aber vom melodischen und konsequent intimen, emotionalen Ansatz.
Aber auch US-amerikanische Songwriter wie Tom Petty oder Dave Matthews (auch wegen der ähnlichen Stimmlage) kommen mir beim Kalifornier Jay Trainer in den Sinn, bei den eingängigeren Songs wie den sehr schönen ´Last December Dance´ und ´Better To Breathe´.
15 Songs sind auf der “Deluxe Version”, darunter zwei akustische Nummern (auch sehr überzeugend) und zwei Live-Songs. Darunter Jimi Hendrix’ Jahrhundertwerk ´Voodoo Chile´ in einer interessanten Version, die den magischen Titel an Jay Trainers musikalischen Kosmos anpasst – von der Stimmung, der Diktion und der Gitarrenarbeit.
Jay Trainer ist für mich eine sehr positive Überraschung. Er macht einfach originelle und authentische Musik, die mich emotional berührt. Sehr empfehlenswert, nicht unbedingt als Hintergrundmusik tauglich, aber dafür verspricht die Platte, dass man auch nach vielen Durchläufen noch Neues entdecken kann.
(8,5 Punkte)
https://jaytrainer.bandcamp.com/album/a-whisper-of-ruin-deluxe-edition
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