MARTIN EDEN – Sol
~ 2022 (Independent) – Stil: Krautrock ~
´Sol´ wird jeder Musikliebhaber des klassischen Krautrock lieben. Denn Sänger Martin Eden hält sich auf seinem ersten Solo-Album überwiegend in instrumentalen Landschaften auf, so dass Anbeter seiner goldenen Stimme nur bisweilen in den Genuss dieser kommen werden.
Der etatmäßige Sänger des deutschen Prog Rock-Urgesteins CHANDELIER lebt sich nämlich innerhalb der vier Kompositionen mit Loops aus, mit Prog-Loops, wie er sie nennt, um den Songs anhaltend wiederholte und elektronisch vorgebrachte Muster als Basis einzupflanzen. Dass das Werk infolgedessen dem Krautrock näher ist als man im ersten Augenblick denken sollte, liegt an der Vielfalt von ´Sol´, die mit ihren elektronischen Elementen in den besten Jahren des Krautrock en vogue und zukunftsweisend gewesen wäre. Zudem sind die Songs, ihre Laufzeiten und ihre Aufteilung ganz im Sinne der klassischen Werke jener Musik-Epoche, die niemals geendet hat.
Denn das Album beginnt mit dem 15-minütigen ´Mary´ und beschließt die angedachte A-Seite bereits mit dem 3-minütigen ´Consensus´. Die B-Seite eröffnet das beinahe 12-minütige ´Le Pays De La Paix´ und endet mit dem 7-minütigen ´De Zachtmoedigheid Van De Tovenaar´. Von den Songlängen abgesehen sind der Inhalt und das Cover-Artwork (“Rauchende Giraffen surfen auf schmelzenden Eisbären II”) von Ingo Steinhäußer natürlich ebenfalls von progressiver Natur.
Akustische Saitenspielereien erwecken ´Mary´ zum Leben, ehe der wunderbare Gesang zu Tastenklängen einsetzt. Ein schriller Ton trägt die Komposition jedoch nach einem Viertel in elektronische Gefilde. Diese werden vom Mellotron eingewiesen, so dass sich im Verlauf träumerische Sequenzen abbilden können, die beinahe in Italo-Western-Art zerbersten. Das weitaus kürzere ´Consensus´ bohrt sich dissonant durch den Klangnebel, ehe der gedämpfte Beat die Führung übernimmt. Die Schrille übertrumpft aber letztlich alles andere.
Dagegen ist ´Le Pays De La Paix´ von graziöserer Natur. Martin singt lieblich auf Französisch, so dass sich erst im letzten Drittel die Elektronik klirrender zu Wort meldet. Atmosphärisch im sentimentalen Relax-Modus zeigt sich letztlich ´De Zachtmoedigheid Van De Tovenaar´. Neo-proggige Tasten finden sich ein, Klangwolken malen weiter ihre Bilder und Saiten zupfen bis zur letzten Sekunde im Einklang des Sphärenrauschs.
(8 Punkte)