BLIND GUARDIAN – The God Machine
~ 2022 (Nuclear Blast Records) – Stil: Power Metal ~
BLIND GUARDIAN haben einige Metamorphosen durchlaufen. Doch weder einen Speed Metal-Classic á la ´Battalions Of Fear´ (1988) sowie ´Follow The Blind´ (1989) oder echten Fantasy-Metal á la ´Tales From The Twilight World´ (1990) sowie ´Somewhere Far Beyond´ (1992) ist bei ihrer aktuellen Rückbesinnung zu erwarten. Dennoch dürfte sich die Musik nach ´Beyond The Red Mirror´ (2015) und dem Orchester-Werk ´Twilight Orchestra: Legacy Of The Dark Lands´ (2019) in eine neue Richtung bewegen.
Mehr wagen, ohne das Werk abermals aufzublähen, gebot ebenso, den lyrischen Inspirationen von Arthur Miller (“The Crucible”), Patrick Rothfuss (“The Kingkiller Chronicle”), Neil Gaiman („American Gods“), Brandon Sanderson („Stormlight Archives“), Andrzej Sapkowski („The Witcher“) oder Hans Christian Andersen (“The Ice-Maiden”) einen realen und zeitaktuellen Hintergrund zu gewähren. Das apokalyptische Cover-Artwork von Peter Mohrbacher ist daher nur die edle Verpackung, aus der das zwölfte Werk von BLIND GUARDIAN schallt. Aufgenommen zwischen März 2020 und März 2021 mit Produzent Charlie Bauerfeind, erzählen die Krefelder von Krieg und Hexenjagd, Paranoia und dem Tod von Texter Hansi Kürschs Mutter. Zur Erinnerung: Bereits ´Somewhere Far Beyond´ schrieb er im Schmerz über den Tod seines Vaters.
Hansi Kürsch (Gesang), André Olbrich (Leadgitarre, Akustikgitarre, Rhythmusgitarre), Marcus Siepen (Rhythmusgitarre, Akustikgitarre) und Frederik Ehmke (Drums) bewahren sich allerdings die in den vergangenen Jahrzehnten erarbeitete Komplexität, während sie in ihren Bandjugendtagen nach musikalischen Inspirationen suchen. Die Sinfonik hat den Bandsound natürlich längst nicht umfassend verlassen und auch die Background-Chöre sind im Refrain zur Unterstützung und nicht zum Bombast-Anstrich weiterhin vorhanden. Für aufgewärmte Melodien oder aufdringliche Kompositionen sind BLIND GUARDIAN jedoch nicht zu haben. Die Hooks entspringen daher nicht dem gewöhnlichen Power Metal-Fundus, sondern entsprechen eher denen des Progressive Metal.
Freunde der Epic und Dramatik müssen daher bis zum finalen Song ´Destiny´ warten, während die klassische Bandhärte bereits zu Beginn in ´Deliver Us from Evil´ ausgepackt wird. Womöglich fehlen den Alteingesessenen bisweilen die langgezogenen Melodielinien, die sie aus den Anfangstagen in ´Damnation´ vermissen.
Ausnahmsweise in beschaulicher Geschwindigkeit tritt in ´Secrets Of The American Gods´ eine weitere intensive Melodie auf, derweil die einzige Ballade ´Let It Be No More´ im letzten Drittel keineswegs rührselig auch Hansi Kürschs Mutter gedenkt.
Holpernd, beinahe thrashig agiert ein ´Violent Shadows´, während ein ´Life Beyond The Spheres´ schwerelos im All als auch auf Erden begeistern wird, das Bravourstück ´Architects Of Doom´ alte Geister weckt und ´Blood Of The Elves´ eine Hymne im Galopp entfacht.
Ohne Wenn und Aber: ´The God Machine´ wird sich in den nächsten Monaten in die Herzen der Anhängerschaft spielen.
(8 Punkte)
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Pic: Dirk Behlau