LUGNET – Tales From The Great Beyond
~ 2022 (Pride & Joy Music) – Stil: Classic Rock ~
Mit ´Tales From The Great Beyond´ legen die aus Stockholm stammenden LUGNET bereits ihr drittes Album vor. Die Ursprünge der Band reichen bis zum Jahr 2009 zurück, als sich Schlagzeuger Fredrik Jansson-Punkka und Bassist Lennart ‘Z´ Zethzon auf dem “Sweden Rock Festival” begegneten und beschlossen, musikalisch etwas gemeinsam zu unternehmen. Allerdings sollte es noch weitere drei Jahre dauern, bis die beiden Gitarristen Bonden Jansson und Mackan Holten sowie Sänger Roger Solander dazugestoßen waren und erstmals von einer Band gesprochen werden konnte.
Der zunächst gefasste Plan, sich dem 70er-Jahre Bluesrock mit schwedischen Texten zu widmen, wurde dann aber schlussendlich auf dem 2016 erschienenen und selbstbetitelten Album doch nicht umgesetzt. Stattdessen wurde ein Weg eingeschlagen, der auch mit dem aktuell vorliegenden Album weiter beschrittenen wird. Bis dahin gab es aber einige einschneidende Veränderungen in der Band, denn bereits beim Nachfolger des Debüts, dem 2019 erschienenem ´Nightwalker´, waren Sänger Roger durch Johan Fahlberg und Gitarrist Bonden durch Matti Norlin ersetzt worden. Mit der danach erfolgten Übergabe der zweiten Gitarre durch Mackan an Micke Linder sind wir dann nicht nur bei der aktuellen Formation von LUGNET, sondern auch bei ein klein wenig Name-Dropping angelangt, denn die aktuellen Musiker sind alles andere als Neulinge.
So wechselte Micke von den ebenfalls in Schweden (Örebro) beheimateten TROUBLED HORSE und Frederik trommelt seit 2016 bei den legendären ANGEL WITCH und war davor auch bereits jahrelang bei COUNT RAVEN und WITCHCRAFT aktiv. Aber auch Johan Fahlberg betätigt sich parallel zu LUGNET noch bei einer anderen Band, denn er ist seit 2004 bei den Duisburgern JADED HEART aktiv. Der Einstieg bei LUGNET war für Johan vermutlich nur mit einer sehr geringen Eingewöhnungszeit verbunden, denn wie die Duisburger widmen sich auch LUGNET dem melodisch hardrockigen Tönen, wobei letztere vor allem dem 70er-Jahre Hard Rock huldigen und erstere sich der modernen Variante verschrieben haben. Die Wahl von Johan als Nachfolger von Roger war eine Weise Entscheidung, denn seine gerne mal mit der von Coverdale und Dio verglichene kräftige Stimme eignet sich ganz hervorragend dazu, Musik gesanglich zu bereichern, die durch Bands wie DEEP PURPLE, WHITESNAKE oder RAINBOW inspiriert ist und bei manchen Riffs sogar stark an BLACK SABBATH erinnert.
Bereits der Opener und gleichzeitig erste Single-Auskopplung ´Still A Sinner´ ist mit seinem Gitarrensound eine deutliche Reminiszenz an die 70er Jahre RAINBOW. ´In Harvest Time´ klingt für mich wiederum nach einem der schnelleren Stücke von URIAH HEEP und selbst der Gesang erinnert mich hier und da an den im vergangenen Jahr verstorbenen John Lawton. Als absoluter Kontrast dazu beginnt ´Another World´ langsam schleppend und düster. Das Stück enthält konsequenterweise ein absolut mächtiges Riff, welches BLACK SABBATH zur Ehre gereicht. Ein unheimlich packender, epischer Song mit einer intensiven Atmosphäre, der für mich zu den Highlights auf der Scheibe gehört.
Das nachfolgende ´Out Of My System´ geht wieder rockiger zu Werke und erinnert mit seinen flockigen Melodien und einprägsamen Hooks vom Start weg an die frühen VAN HALEN mit David Lee Roth am Gesang. Etwas überraschend ist dann das folkig beschwingte Instrumental mit dem Titel ´Svarv´, welches von Akustikgitarre, Flöte und Akkordeon getragen wird. Ein kurzes Stück, welches der Entspannung dient und zum mitwippen animiert. Mit ´Eaten Alive´ kehrt dann der klassische 70er Jahre Hardrock à la URIAH HEEP zurück und in ´Pale Design´ kann ich nicht anders, als beim Hauptriff an LED ZEPPELIN (´Immigrant Song´) zu denken, obwohl der eigentliche Song sehr wenig mit dem bleiernen Luftschiff zu tun hat. Letzteres hat allerdings nichts mit der Gitarrenarbeit von Matti Norlin zu tun, die (nicht nur) in diesem Stück derjenigen von Jimmy Page in nichts nachsteht. Spätestens hier wird es auch Zeit, die Arbeit von Lennart Zethzon am Bass und von Frederick Jansson-Punkka am Schlagzeug lobend zu erwähnen, die es ganz besonders in diesem Stück schaffen, ein mächtiges Fundament mit eingängigen und treibenden Rhythmen zu legen.
Bei ´I Can´t Wait´ wird man von einer Wah-Wah-Gitarre in Empfang genommen, die diesen klassischen mit Percussion unterlegten 70er Jahre Rocker gekonnt über die gesamte Wegstrecke begleitet, aber zwischenzeitlich auch mit gepflegten Riffs und tragenden Melodien unterlegt. Mit ´Black Sails´ gibt es einen wunderschönen episch angehauchten Song, der über einem tollen Refrain und einer einprägsamen Gitarren- und Bassarbeit verfügt. Der Song ist zwar mit über acht Minuten das längste Stück auf dem Album, aber es kommt dennoch nicht eine Minute Langeweile auf. Verspielte Gitarren paaren sich mit mächtigen und düsteren Riffs, die mich vor allem im letzten Drittel vehement an eines meiner Lieblingsstücke von BLACK SABBATH, nämlich ´Sign Of The Southern Cross´ erinnern. Die Beteiligung von Carl Westholm (ehemals Keyboards bei CANDLEMASS, ABSTRAKT ALGEBRA, AVATARIUM und aktuell bei KRUX) sollte deshalb an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. Ein klasse Song und zumindest bei mir ein echter Ohrwurm.
Das Album wird mit dem von Orgeln getragenen Instrumental ´Tåsjö Kyrkmarsch´ in sehr ungewöhnlicher Weise zum Ende geführt. Dennoch passt dieser über dreiminütige Marsch in seiner schweren und düsteren Art irgendwie perfekt, um ´Tales From The Great Beyond´ ausklingen zu lassen.
Man darf die bei LUGNET musikalisch überdeutlich in Erscheinung tretenden Referenzen zu den oben genannten Bands aber nicht als fantasielose Plagiate auffassen, sondern muss es als Reminiszenzen an diese Bands ansehen, die LUGNET selbst nicht verleugnet, sondern ganz im Gegenteil als die Wurzeln ihrer Musik bezeichnet und daher konsequent für ihr eigenes Schaffen aufgreift. Und tatsächlich ist ihre Liebe zu dieser Musik in jeder Note zu hören. Geschickt sind altbekannte Riffs und catchy Melodien zwischen Hard Rock und Heavy Metal miteinander verwoben und um eigene Ideen ergänzt worden, die dem Werk eine neue musikalische Seele verleihen.
Alles in allem ein sehr überzeugendes drittes Werk von Lugnet, welches in meinen Augen fette
8 Punkte
verdient und bei einem selbständigeren Sound durchaus eine höhere Punktzahl verdient hätte. Aber das kann ja mit zukünftigen Alben noch kommen.
Das Album erscheint am 26. August auf CD, als LP und digital.
Das Album wurde von Simon Johannson (Gitarrist bei MEMORY GARDEN, WOLF, ABSTRAKT ALGEBRA etc.) und Mike Wead (KING DIAMOND, MERCYFUL FATE, HEXENHAUS, ABSTRAKT ALGEBRA etc.) in den “Solna Sound Recording Studios” aufgenommen, welche Simon gehören und von diesem auch betrieben werden. Wie der Name bereits sagt, liegen diese Studios im Stockholmer Vorort Solna, so dass die Band es wirklich nicht weit hatte. Abgemischt wurde es dann von Marcus Jidell (AVATARIUM etc.). Das Cover-Artwork stammt vom im New Orleans lebenden Vance Kelly der bereits das Debüt von LUGNET verschönert und beispielsweise auch das Cover-Motiv des Albums ´Static´ von HUNTRESS geliefert hat.
LUGNET sind:
Johan Fahlberg – Gesang
Lennart “Z” Zethzon – Bass
Matti Norlin – Gitarre
Micke Linder – Gitarre
Fredrik Jansson-Punkka – Schlagzeug
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