ENNEADE – Withered Flowers And Cinnamon
~ 2022 (Vallis Lupi Productions/Just For Kicks) – Stil: Artrock/Prog Metal ~
Die Musik der Franzosen ENNEADE ist derart außergewöhnlich, dass der geneigte Connaisseur aufgrund der überdurchschnittlichen Begabungen womöglich an Frankokanadier denken würde. Doch das Quintett wurde ohne Frage anno 1995 in Lyon gegründet.
Nach ´Remembrance´ (2005) und ´Teardrops In Morning Dew´ (2011) ist das aktuelle Werk ihre dritte Produktion. ´Withered Flowers And Cinnamon´ verbindet dabei in einer Kürze von 37 Minuten die Wohltaten des Siebzigerjahre Progressive Rock mit der Heavyness des Progressive Metal. Dabei verschmelzen einige Musikstile, wobei besonders der dynamische Wechsel aus der Melodik in die kraftvollen Ausbrüche sowie der Einzel- und Harmoniegesang in Verbindung mit perkussiven Feinheiten das Ohr entzücken.
Purer Gesang begrüßt den Zuhörer beim neunminütigen Opener ´A Foul Taste Of Freedom´, erst ein-, dann mehrstimmig, ehe Akustikgitarren und das gesamte Ensemble hinzustoßen. Zwischendurch ertönt hier kurzfristig Sprechgesang im Sinne von Ian Anderson oder Frank Zappa, doch die Instrumente eröffnen bereits ihr Vibrationsmuster, um die zugesprochene Melodie der Komposition zuzuführen. Dies geschieht in der Eruptionsankündigung nicht ganz so weit von CIVIL DEFIANCE und SYSTEM OF A DOWN entfernt, dennoch weiterhin traditionsbewusst. Kurze Besinnungsmomente gewähren zudem ein wenig Ruhe vor dem abermaligen Sturm.
Anschließend sprudelt im siebenminütigen ´Illumination´ die Schönheit des Progressive Rock in seiner theatralischen, GENESIS-haften Darstellung auf, ehe die Stromgitarren die Komposition heavy und immer flotter weiterführen. Wunderbare und emotionsreiche Instrumentalgesänge bestimmen die Szene. Die Percussions führen sodann zum Schönklang des Xylophons zu´Tinkling Forks´, um etwas GENTLE GIANT-Atmosphäre aufzubauen. Das Lied öffnet sich samt Glöckchenspiel gleichsam in seinen progressiven Werten und geht zur experimentellen Weise von ´Grand Buffet´ über. Dort wartet auf den Progressive Rock-Hörer eine beinahe frohmutige Stimmung, jedoch im Sinne von KING CRIMSON aufgeregt aufspielend.
Sphärisch, elektronisch, aber mit wuchtigen Percussions tritt das finale ´Autumn´ in das Blickfeld. Der Gesang zeigt sich dabei so gefühlvoll wie weiland der von Fish, während die Trommeln die zwölfminütige Komposition antreiben und die Gitarre früh zum Solo ansetzt. Das melancholische Treiben endet allerdings längst nicht, ein Gastauftritt von Olivier Sola versüßt es zum Abschluss mit einem Saxofon-Solo. Der tosende Applaus gehört allerdings am Ende der Bandbesetzung um Christian Greven (Gesang, Keyboards), Georges-Marc Lavarenne (Gitarre, Mellotron), Julien Fayolle (Bass, Chapman Stick, Moog Taurus, Glockenspiel), Christophe Goulevitch (Gitarre) und Frédéric Lacousse (Schlagzeug, Percussion, Marimba, Xylophon).
Es ist längst ein offenes Geheimnis, dass Connaisseurs von RIVERSIDE bis HEAVEN’S CRY auch ENNEADE hören müssen.
(8,5 Punkte)