CARAVAGGIO – Caravaggio
~ 2022 (Independent) – Stil: Mediterranean Hardrock ~
Die Bildsprache weist bereits auf eine ungewöhnliche musikalische Ausrichtung hin. Der italienische Künstler, der Mailänder Gianfranco Ferlazzo, liebt Roland Barthes sowie Jean Baudrillard und vermischt auf seinen Gemälden diese Einflüsse mit Stilen und Elementen aus dem zwanzigsten Jahrhundert, so dass er in der Postmoderne landet.
Andere Mailänder Künstler wiederum nutzen seine Gemälde, um ihre Musik zu visualisieren, auf dem Coverartwork und in ihrem Innenleben. Die Gruppe CARAVAGGIO landet dabei mit ihrer Musik im Post-Prog Metal, denn beim Sänger und Gitarristen des Quartetts handelt es sich um niemand Geringeren als die einstigen Musiker der italienischen Legende ADRAMELCH, Vittorio Ballerio und Fabio Troiani, die jedem Hörer von ihrem 1988er Kult-Klassiker ´Irae Melanox´ sowie ihren Großwerken aus der letzten Dekade bekannt sein sollten.
Auf ihrem selbstbetitelten Debüt haben CARAVAGGIO den Prog Rock und Artrock zwar nicht gänzlich heruntergeschraubt, gleichwohl spielen sie nunmehr einen Rock und Hardrock mit ethnischen und mediterranen Einflüssen. Wenn Gitarrist Fabio Troiani obendrein seine Mandoline und Bouzouki auspackt sowie Gastspieler Akkordeon und Flöte, entsteht eine gänzlich andere, eine wunderbar warme, aber dennoch weiterhin hart rockende Musik mit den gewissen Feinheiten. Gemeinsam mit Bassist Marco Melloni und Schlagzeuger Alessio Del Ben kreieren Vittorio Ballerio und Fabio Troiani ihre ganz eigene Musik.
Zwischen mediterran duftenden Gitarren und einem wirbelnden Rhythmus, samt einem Akkordeon-Intermezzo von Nadio Marenco, erhebt sich in ´Before My Eyes´ die große Stimme von Vittorio Ballerio. Italo Prog Metal avanciert zu Hardrock mit einem Twist Folk. Allein einem Damian Wilson wäre es vielleicht ebenfalls möglich, diese Kompositionen zu singen. Doch Produzent Guido Block gibt sich in ´Not On Me´ mit einem Gesangseinsatz ebenso wie auf dem letzten ADRAMELCH-Werk die Ehre und unterstützt CARAVAGGIO, so wie Carmine Turilli am Akkordeon und Massimo Mescia am Piano.
Wohltuend leitet das Akkordeon von Mauro Poeda das wundervoll treibende und wachrüttelnde ´Joyful Graveyard´ ein, das sich neben dem akustischen Gitarrenspiel auch ein ausbrechendes, elektrifiziertes Solo gönnt. Ganz in der Einsamkeit müsste hingegen die Akustikgitarre von ´Guernica´ zu Ehren des Freiheitskämpfers Alfredo Terragni erklingen, würden nicht einige Tonfolgen von Simona Aileen herüberwehen und Carmine Turilli das Akkordeon bedienen. Mitreißend in allen Belangen ist auch ´Healing The Leaders´. Es spricht zudem offen die Misere mit Politkern aus, die Probleme erschaffen, diese mit Angst umgeben und sich am Ende als Retter der Schwierigkeiten aufspielen, die sie selbst verursacht haben.
Hoch emotional drängt sich ein ´Unlike Dolphins´ von ganz alleine auf, während im kurzen ´Pompei´ nur Simona Aileen mit ihrem sirenenhaften Gesang betören möchte. Das Herausstechende an ´Comfortable´ ist hernach, neben der Melodie, das Gitarrensolo und der zuvor kurz eingestreute italienische Vortrag von Erika Carretta. Bevor CARAVAGGIO jedoch mit ´Life Watching´ samt Flöte von Antonio Zambrini das Finale einleiten, kommt es in der COLDPLAY-Coverversion ´Fix You´ noch zu einem überraschenden Auftritt von BENT KNEEs Sängerin Courtney Swain. Sensazionale.
(8 Punkte)