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TEDESCHI TRUCKS BAND – I Am The Moon: II. Ascension

~ 2022 (Fantasy Records-Concord/Vertrieb: Universal Music) – Stil: Soul Rock/Flower Power ~


Hier nun Teil zwei der vierteiligen Reihe von Derek Trucks und seiner Frau Susan Tedeschi plus Begleitmusikern. Der musikalische Kosmos auf ´II. Ascension´ unterscheidet sich jetzt nicht besonders groß vom ersten Werk ´I. Crescent´. Die goldenen Rockzeiten werden wiederbelebt, hier vielleicht  mit mehr Soulanteilen. Auch sind die Songs insgesamt etwas strukturierter als auf dem ersten Teil, aber die Ausrichtung ist sehr ähnlich.

Songs wie ´All The Love´ sind nicht nur textlich fest im Hippie-Zeitalter verwurzelt, sondern auch die ausgedehnten Improvisationen und durch Chöre verstärkten Gesänge erinnern an die Zeit der Liebe in den späten 60er-Jahren, die bekanntermaßen spätestens mit Altamont und den STONES dank der Brutalität der Hells Angels ein jähes Ende fanden. Hier herrscht aber die prä-Woodstock-Harmonie vor. Das ist okay. Es gab auch schon andere musikalische Ehepaare, die ihre Konflikte in der Musik ausgelebt haben.

Susan, Derek und die Band lassen sich (es sind ja vier Platten) alle Zeit der Welt, die Songs langsam zu entwickeln – ohne Hektik und irgendwelche unnötigen Anstrengungen in Richtung Airplay. Nein, das Konzept ist eher meditativ, ohne zu beliebig zu werden. Songs wie das eher kurze ´So Long Savior´ erinnern an Bands wie JEFFERSON AIRPLANE, an Sonne und Kommunarden (na ja bei 12 Musikerinnen und Musikern). ´Rainy Day´ (hat nix mit Jimis ´Rainy Day, Dream Away´) ist schön und bei aller Spontanität auch durchdacht. Wie sich das Gitarrensolo aus dem Refrain herausschält, ist sehr professionell. ´La, Di, Da´ (heißt wirklich so) kommt mit voluminösen Chören und Songwriter- und Countrysprengseln, aber auch ein bisschen lasch rüber (war bei dem Titel auch zu erwarten). Das meditative ´Hold That Line´ mit schönen Gitarrenpassagen gefällt mir da wieder deutlich besser. Das hat einen beruhigenden Einfluss auf den Konsumenten.

Ob man in die guten, alten Zeiten mit diesen vier Platten eintauchen will oder das eher als Anlass nimmt, die Sammlung wieder einmal nach alten Klassikern zu durchsuchen, weil die TEDESCHI TRUCKS BAND viele Assoziationen freisetzt, sollte in der Entscheidung der Hörerin / des Hörers bleiben. Ich habe die Platte(n) gerne angehört, weil sie eine musikalische Spielart vertreten, die man heute in dieser Konsequenz nicht oft hört und weil man laut Info bewusst bei den Platten auf eine Spielzeit um die 35 Minuten setzt, wie das bei Jimi und anderen auch so war. „Das ist der richtige Weg, um eine Platte zu verdauen“, wird Derek Trucks im Info zitiert. Ich konnte die Platte ohne Bauchschmerzen verdauen. Sie ist bei allen Improvisationen auch gut goutierbar, bietet aber auch Details für mehrmaliges Anhören. Und ist schöner als die gegenwärtige Ansammlung von kleinen und großen Katastrophen auf dem nichtmusikalischen Teil dieser Welt.

Das Cover ist wohl digital gestaltet, aber passt gut zur Musik. Vinyl gibt’s – wie schon inzwischen normal – erst im September.

(7,5 Punkte)

https://www.facebook.com/DerekAndSusan/


(VÖ: 01.07.2022)

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