ANGEL OLSEN – Big Time
~ 2022 (Jagjaguwar) – Stil: Singer-Songwriter ~
Drei Jahre nach ´All Mirrors´ erscheint endlich ein echtes und frisches neues Werk von Angel Olsen – und es wird jeder Schnüffelnase auf lange Sicht eine Mega-Zeit bescheren. Denn ´Big Time´ suhlt sich explizit in der frischen Liebe als auch der frischen Trauer der Künstlerin. Das Werk bildet den Moment zwischen Freude und Kummer ab. Während sich die Welt für sie an einer Stelle öffnet, verschließt sich eine andere Tür für immer.
2021 nimmt die Künstlerin endlich allen Mut zusammen und outet sich gegenüber ihren Eltern und der ganzen Welt. Sie textet zu einer Serie von Fotos eines Instagram-Posts: “My beau, I’m gay.” Doch drei Tage – nachdem sie diesbezüglich bei ihren Eltern war – stirbt ihr Vater, wenige Wochen danach ihre Mutter. Näher können frische Verliebtheit und frische Trauer nicht beieinander liegen.
Weitere drei Wochen nach der Beerdigung ihrer Mutter geht Angel Olsen ins Studio. Gemeinsam mit Co-Produzent Jonathan Wilson nimmt sie ´Big Time´ in den “Fivestar Studios” von Topanga, Kalifornien, auf. Emily Elhaj spielt den Bass, Drew Erickson Klavier und Orgel. Außerdem ist er für die Streicherarrangements verantwortlich.
“I can’t say that I’m sorry, when I don’t feel so wrong anymore.”
Angel Olsen nimmt den Faden der Singer-Songwriter aus den Siebzigerjahren, Neil Young und Kris Kristofferson, in ´All The Good Times´ wieder auf, und seufzt aufgrund ihrer Gefühlslage in diesen Weiten des Americana und Country, doch der Song gärt in orchestraler Weise noch mächtig auf. Sie labt sich sodann mit Guten-Morgen-Küssen an der Liebe ihrer neuen Partnerin, Pedal Steel und Akustikgitarre spielen dazu in der ´Big Time´ auf (“And I’m living I’m loving I’ve loved long before I’m loving you big time.”), einem “Gay Country Love Song”. Genau genommen bekräftigt Angel Olsen unwiderruflich ´Right Now´, in Zukunft keinesfalls eine Lüge leben zu wollen (“I need to be myself, I won’t live another lie.”).
Die Pedal Steel holt in ´This Is How It Works´ nochmals einige Gedanken an den schmerzhaften Verlust ihrer Mutter hervor. Das ätherische Klavier von ´Ghost On´, die Streicher von ´All The Flowers´ tragen allerdings allesamt himmlisch hoch über die Wolken und spiegeln die andere, die entrückte Seite von Angel Olsen. Bebend, dramatisch und bekräftigend macht sie sich in ´Go Home´ auf den Weg, findet mit ´Through The Fires´ und langsamen Streichern ihren eigenen, zurückgezogenen, musikalischen Ort (“Let go of the pain that obstructs you from higher higher higher.”) und mit ´Chasing The Sun´ und Klavier wieder in das Leben (“Everyone’s wondered where I’ve gone. Having too much fun doing nothing doing nothing busy doing. Chasing the sun. Chasing the sun for you.”).
„Spending the day. Driving away the blues.“
(8,5 Punkte)
https://www.facebook.com/angelolsenmusic/
Pic: Angela Ricciardi
(VÖ: 3.06.2022)