SUMERIAN TOMBS – s/t
~2022 (Ván Records) – Stil: Black Metal ~
Das antike Zweistromland bleibt als Impulsgeber im Metal weiterhin aktuell, von WYATT E.’s Doom geht es nun direkt im nächsten Review zum selbstbetitelten Debüt der Kölner SUMERIAN TOMBS, die sich zwar dem klassischen Black Metal verschrieben haben, die zweite Welle jedoch in einer erfrischend modernen Interpretation, die zudem noch vielerlei ganz andere Einflüsse hat, feiern – kein Wunder, das „Ván Records“ da sofort zugegriffen haben.
Mich hat dieses Debüt ebenfalls bereits beim ersten Durchlauf gepackt, und auch wenn die Rheinländer anonym bleiben woll(t)en, ist klar dass hier alte Szenehasen dahinterstecken, zu raffiniert arrangiert und detailverliebt bei gleichzeitig straighter Marschrichtung sind die sechs Vollsongs plus zwei instrumentale Intros/Interludien. Die Ausgewogenheit zwischen Hochgeschwindigkeit und Geballer und der mächtigen, teils sakralen Downtempo-Atmosphäre zwischen Orient und deutscher Gotik in Stücken, die vor repetitiver Heavyness und gleichzeitig kühler Ambient-Zurückgenommenheit nur so strotzen, beeindruckt und nimmt gleichzeitig gefangen, ´Tomb Lurker´ weiß davon zu berichten. Wenn ich diese extrem innovative Mischung einordnen wollte, denke ich nicht nur wegen der thematischen Überschneidung, sondern auch den stilistischen Berührungspunkten an die Westfalen von BESTIALIS (´Altars Of The Past´!!!), und schon lange bevor ich “Zingultus” im Promotext las, fiel mir dieser tiefschwarze schleppende MORAST-Vibe auf, denn auch eine gehörige Portion Doom ist hier auf jeden Fall dabei, man höre hierzu am Besten ´Light Of Death´, das gleichzeitig durch lange vibrierende Endphase-SECRETS OF THE MOON-Passagen überrascht; die volle norddeutsch-sumerische Blackmetal-Kante gibt es hingegen beim Brecher ´Altars Of The Past´ welches ihm dann wiederum als ENDSTILLE-Sänger auf den Leib geschrieben ist.
Ein weiterer Bezugspunkt ist die extrem mitreissende, groovende Dynamik von ´Sumerian Tombs´, wie sie mir auch bei den Franzosen REGARDE LES HOMMES TOMBER gerade live so gut gefällt, und ´The Key – Bloodmeditation´ liefert dann endlich auch die ordentliche Portion orientalischer Skalen und Harmonien, und preist mit seinem Riffing und Layering auch gleich die Fachleute, sprich Einheimischen, namentlich MELECHESH (´Ghouls…´!), bis diese sumerische Hymne auf einmal durch Einsprengsel von Klargesang und eine flirrende Gitarre sogar mit FIELDS OF THE NEPHILIM-Anklängen aufwarten kann.
Das ist epischer Breitwand-Zweistromland-Metal mit geblasteten Anteilen infernaler Raserei und einem Thema, das ebenfalls zwei scheinbar getrennte Welten verbindet – oder habt ihr gewusst, dass der erste bekannte Vampirkult der Menschheit aus Sumer stammt? Zumindest hat die erste Hochkultur dies mit Erfindung der Schrift für ewig festgehalten, und SUMERIAN TOMBS laden zu einer Pilgerreise in eben diese Grabstätten ein, wo die blutsaugenden Windgeister wohnen… für den Schlusstrack ´Vampyric Dominance´ nehmen sie sich dann auch sehr viel Zeit, leiten ihn mit einem Dungeon-Intro namens ´Transcending The Veil´ ein und brennen daraufhin das komplette Horror-(Post)Punk-Black Metal-Feuerwerk ab, zu dem sie noch Vlad von THE CRIMSON GHOSTS mit einem sehr epischen Gesangsbeitrag verpflichten konnten, für einen monumentalen Song, der so ausklingt wie ihre Ukraine-Soli-EP ´Conjuration – Awakening´, die ihr auf Bandcamp erstehen könnt. Das ist dann SUMERIAN TOMBS auf Synths, aber nicht weniger gruselig…
Fazit: das neue Kölner Quintett liefert ein erfrischendes Best of both Worlds album ab, das zweitwellentreu und doch modern und frei genug ist, auf allzu Althergebrachtes zu verzichten und den Black Metal im hier & heute verortet, mit allen wichtigen Einflüssen und aktuellen technischen Möglichkeiten, und zu Orient, Doom und Gothik dann noch mit einer ordentlichen Prise Dungeon-/Horrorpunk-Flair überrascht. Das ist mir ganz klar
siebzehn halbe Mondsicheln
wert!