PlattenkritikenPressfrisch

ANDERES HOLZ – Continuo

~ 2022 (Tonzonen Records/Soulfood Music) – Stil: Alternative/Experimental Rock ~


Welcome! Willkommen, willkommen! Hereinspaziert!

ANDERES HOLZ öffnen für Euch zum zweiten Mal die mentale Manege, um ihre für gewöhnlich unvergleichliche Bühnenshow auch aus dem Studio heraus geistig sicht- und fühlbar zu gestalten.

Dieses geheimnisvolle und mystische Theater von ANDERES HOLZ, natürlich mit Gesichtsaufstrich, mit Requisiten und Kostümen, kann die ihm innen wohnende Avantgarde auch auf dem zweiten Album zum Leben erwecken. Vier Jahre nach ´Fermate´ holt ´Continuo´ abermals mit deutscher Lyrik den Progrock, den Krautrock und den Artpop in die Jetztzeit, mit Kastagnetten und Waldzither, mit Field Recordings und japanischem Wind Gong.

Die Alternative zum alternativen Einerlei.

 

 

´Şıfr´ ist der Auftakt, Mesdames et Messieurs. Sirenen, Geschrei, die Töne schräg, der männliche Rufgesang “Feuer! Feuer!” eher wehklagend. Doch die holde Weiblichkeit berichtet ausnahmslos von Deppen: “Deppen, wir könn‘ alles verstehn, doch ihr seid Deppen, wir könn‘ alles verstehn”, singt sie, während er fortwährend zur mächtigen Rhythmik “Feuer!” ruft. Nach Glöckchen und Raumgerassel, Room Recordings – “Nichts! Nada! Niente!” – braust die Komposition abschließend eher akustisch geprägt auf. Spektakulär. Feuer, Feuerwerk.

´Morgenwelt´ präsentiert sich im langsam klackernden Takt, mit gesprochenem und leicht tiefem Gesang, nicht weit von den ÄRZTEN, der von intrinsisch – aus eigenem Antrieb – und extrinsisch – von außen her gesteuert – erzählt: “Ein Flügelschlag und wir sind aus der Welt. Was vom Menschen übrigbleibt zerschellt.” Die elektrische Waldzither brummt dagegen stärker und annähernd einer elektrischen Gitarre zum “Hejahejahejahej” von ´Stereo Indigo´, ehe das Lied in nächtlich funkige Lässigkeit zum Tanze umschwenkt. Licht aus.

Während ´Fase´, abermals rhythmisch pulsierend, eine weltentrückte Vorstellung gibt, werkeln die Saiten von ´Globus´ leidenschaftlich, immer lauter, und kreischt der weibliche Gesang beinahe hysterisch wie Annette Humpe. Leichte Elektronik zieht hierauf flüchtig zum gelassenen Anschlag in ´Neume´ ein. Spot an. Nichtsdestoweniger lichterloh brennt das ANDERE HOLZ zum voluminösen Beat von ´Schwan´,  zum Tanze: “Denk an Tundra Wald.” Spektakulär. “Denk an Tundra Wald. Denk an arktischen Schlaf.” Feuerwerk.

Der klassische Tango aus dem Off zu Beginn von ´Butō´ wird jedoch von dröhnenden Saiten und entsprechend heftigem Gesang überspielt, indessen singt ein anderer in aller Seelenruhe von seinen – “Es gibt keine Freiheit. Das Leben ist Schmerz.” – und unseren Nöten: “Es gibt keinen Weg hier raus. Träum ruhig weiter.” Die instrumentale Verrücktheit beendet letztendlich das gesangslose Doppelpack ´Čopor´ und ´Philia´. Licht aus.

Noch einmal Spot an. Es verbeugen sich, und bedanken sich für die Aufmerksamkeit, Ladies and Gentlemen: Dominique M. Täger, Gesang, E-Waldzither und Plückthun Waldzither, Tine Täger, Bass, Theremin, Kastagnetten und Gesang sowie Boris Boskovski, Schlagzeug und Percussions. Applaus, Applaus, Applaaauuus. Spektakulär!

(8,5 Punkte)

https://anderesholz.bandcamp.com/album/continuo-2

https://www.facebook.com/anderesholz/


(VÖ: 20.05.2022)

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"