SOMALI YACHT CLUB – The Space
~ 2022 (Seasons Of Mist) – Stil: Psychedelic Stoner Rock ~
Traurigerweise durchleben wir gerade Zeiten, in denen vieles von dem was um uns herum passiert, auch nach nunmehr zwei Monaten, immer noch nicht vollständig in das Bewusstsein durchgedrungen ist. Man hört sich eine Neuerscheinung an, wird sich währenddessen Gewahr, dass die Band aus der Ukraine kommt und statt sich zu sagen „Hey, da gibt es wirklich interessante Bands“, hat man plötzlich Bilder von zerstörten Wohnhäusern und auf der Straße liegenden Leichen vor Augen.
Wie ihre Landsleute STONED JESUS aus Kiew, die im April erneut mit SAMAVAYO auf Tour gehen wollten und über deren gemeinsamen Auftritt aus dem Jahre 2019 ich bereits hier berichtet hatte, mussten auch SOMALI YACHT CLUB, ihre für März geplante Tour mit der französischen Band MARS RED SKY, denen sie musikalisch durchaus nahestehen, aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine absagen. Beide Absagen führten mir das Schicksal dieser Musiker mit geradezu brutaler Direktheit vor Augen. Ich hoffe, die Musiker beider Bands möglichst bald gesund und unter dann erfreulichen Umständen in einer friedlichen Welt, auf der Bühne stehen zu sehen.
Aber hier soll es im Folgenden um die Musik von SOMALI YACHT CLUB und um das mittlerweile dritte Album dieser 2010 in Lwiw (zu Deutsch Lemberg) gegründeten Band gehen. Aber ganz unpolitisch kann es dennoch nicht bleiben, woran alleine schon der Name der Band Schuld trägt. Dieser soll nämlich den Gegensatz zwischen dem Leben somalischer Piraten, die sich durch den Überfall auf Schiffe im Golf von Aden ihren Lebensunterhalt verdienen und den schwerreichen Menschen, die in Yacht-Clubs ihre Zeit totschlagen und im Luxus schwelgen, verdeutlichen.
Nach zwei EPs in den Jahren 2011 und 2013, mit den sandigen Titeln ´Sandsongs´ und ´Desert Walls´, folgte 2014 das Debüt mit dem schlichten Titel ´The Sun´. Auch die Titel der im Jahr 2018 nachfolgenden LP ´The Sea´ und des aktuellen Albums ´The Space´ bleiben mehr als schlicht. Irgendwie passt dies aber wirklich ausgesprochen gut zu ihrer Musik. Vordergründig schlicht, aber dahinter zeigt sich Größe, Ungestümtheit und Weite, wie eben bei der Sonne, der See und dem Weltraum.
Die sechs Songs auf dem Album, deren Titel mit ´Silver´, ´Pulsar´, ´Obscurum´, ´Echo Of Direction´, ´Gold´ und ´Momentum´ ebenso kurz und prägnant wie die der Alben gehalten sind, werden von atmosphärisch dichten Instrumentalpassagen dominiert, bei denen der eher sanfte, ja schon elegisch zu nennende Gesang von Ihor Pryshliak, eine hypnotische Wirkung ausübt. Auch wenn die Band ihre Musik als psychedelischen Stoner Rock beschreibt, so ist es vor allem das psychedelische Element, welches den Sound prägt. Aber auch Einflüsse aus dem Stoner Rock sind durchaus erkennbar, wie z.B. bei meinem Highlight ´Pulsar´, in welchem sehr intensive kurze Riffs den Leuchtfeuereffekt eines schnell rotierenden Neutronenstern akustisch erfahrbar machen. Insgesamt bezieht das Album gerade aus diesem Wechsel von sanften Melodien und harten Riffs, die mit einem melancholisch eindringlichen Gesang umwickelt werden, seine Faszination und Spannung. Hier wird auch die gesamte Ambivalenz der Musik von SOMALI YACHT CLUB deutlich, die auf der einen Seite zur Entspannung einlädt, sich aber bei genauerem Hinhören als äußerst spannend und abwechslungsreich entpuppt. Mit dem Adjektiv abwechslungsreich beziehe ich mich allerdings auf die Songstrukturen und nicht auf das Tempo und die Dynamik der Musik. Diese beiden Aspekte der Musik von SOMALI YACHT CLUB bewegen sich zumeist in stark eingeschränkten Bahnen. Es gibt aber in ihrer Musik Passagen, bei denen man kaum glauben kann, dass hier nur ein Trio am Werk ist. Was Sänger Ihor an der Gitarre und Keyboards, Artur Savluk am Bass und Lesyk Mahula am Schlagzeug musikalisch hinzaubern, wirkt so leicht und einfach, ist aber teilweise so mehrschichtig und komplex, als hätte man ein ganzes Orchester aufgefahren. Offensichtlich wird dies ganz besonders beim abschließenden zwölfeinhalbminütigen ´Momentum´, welches den Zuhörer in eine Jam-Session einwickelt und förmlich mitreißt. Einfach beeindruckend.
Dafür gibt es von mir
(8 Punkte)
https://youtu.be/vnKUGN_MkqY
Anfang 2021 unterschrieb SOMALI YACHT CLUB einen Vertrag beim französischen Label „Seasons Of Mist“ welches neben dem neuen Album auch die beiden Vorgängeralben neu aufgelegt hat.
Das neue Album ´The Space´ erschien am 22. April auf CD und in drei verschiedenen Vinyl-Varianten als Doppel-LP. In Schwarz wurden 850, in Silber 350 und in Gold 750 Exemplare gepresst.
Das Cover-Artwork stammt, wie bereits das der beiden Vorgängeralben, von der in Odesssa ansässigen Künstlerin Dasha Pliska und soll, passend zum Titel des neuen Albums, eine Supernova darstellen.
SOMALI YACHT CLUB sind:
Ihor Pryshliak: Gesang, E-Gitarre, Keyboard
Artur Savluk: Bass
Lesyk Mahula: Schlagzeug
https://www.facebook.com/Somaliyachtclub
https://somaliyachtclub.bandcamp.com/
https://shop.season-of-mist.com