FREJA – Tides
~ 2022 (Babylon Doom Cult Records) – Stil: Atmospheric Black Metal ~
Manche Bands werden heutzutage vom Management zusammengecastet, die besseren entstehen weiterhin traditionell aus Freund- und Bekanntschaften, und gelegentlich wird auch mal eine Paarung aus einem Festival geboren – so geschehen bei FREJA, einem neuen Black Metal-Duo, das sich bei den Vorbereitungen zum phantastischen „Maalstrom“ fürs Roadburn 2019 kennen und lieben lernte.
Damals kreierte ein vielköpfiges Team von Musikern aus allen möglichen Ecken der weitverzweigten jungen und brodelnden niederländischen Untergrundszene über ein Jahr lang ein mehraktiges Auftragswerk wechselnder Akteure für einen der letzten Abende auf der Bühne des Het Patronaat (R.I.P.), darunter eben auch C. von WITTE WIEVEN und W. von LASTER und VERVAL. Die Beiden tragen seitdem den damals entstandenen Funken weiter, haben nun ihr Debüt namens ´Tides´ vorgelegt und auch, um den Kreis zu schließen, beim Roadburn 2022 vorgestellt.
Ihr Black Metal ist so kontrastreich wie ihre musikalische Herkunft, immer kraftvoll wie die namensgebenden Gezeiten, mal sehnsuchtsvoll shoegazig, mächtig, ätherisch und erdig, dann wieder drängend und geblastet, doch stets bauen FREJA mächtige Atmosphären auf, die sich wie die hohen Wellen des Covers immer mehr steigern, um sich schließlich zu überschlagen und sanft auszulaufen. Vielschichtig sind ihre Klanggebilde, gleichzeitig so fragil wie Schaumkronen und so tief und unergründlich wie der Meeresboden, und der raffinierte Einsatz großer, verschlungener repetitiver Melodiebögen, treibender Drums und dosierter Dissonanzen erschafft einen ganzen Kosmos an Eindrücken, der am besten per Kopfhörer genossen werden sollte. Dass C. Baritongitarren spielt, fügt dem Sound von ´Tides´ nochmal mehr satte Wärme hinzu. Beide singen, und auch ihre Stimmen sind wandelbar, mal klar eingesetzt, dann im nächsten Moment geschrien, doch überwiegen auch hier Melodien, und lösen schroffe Anteile im Dialog der Zwei wieder auf.
Dass sich hier ein Künstlerpaar gefunden hat, das sich gegenseitig inspiriert und zu neuen Ufern antreibt, merkt man an der fast intimen Nähe, die dieses überwältigende Debüt ausstrahlt. Etwas dadurch zu erzeugen, indem man sich aufeinander bezieht, aber auch sein eigenes Ding macht, nimmt und gibt, lauter wird und wieder leiser, in den Vordergrund tritt und sich wieder zurücknimmt, um eine gemeinsame Botschaft zu formulieren – ´Tides´ kann auch als Lektion funktionierender menschlicher Beziehung gelesen werden, und lädt uns dazu ein, auch im gegenseitigen Umgang auf die leisen, versteckten Zwischentöne zu achten.
FREJA erschaffen Unmengen an Details, eingebettet in einen offenen und weiträumigen Post-Black Metal-Sound, die sich zu entdecken lohnen. Sei es das Shoegaze-inspirierte ´Dusk´ oder ´Cataclysm´ mit dem typischen experimentellen LASTER-Vibe, die folkigen Anklänge in ´Of Those Stricken By Fate´ oder das rhythmische Rollen des düsteren ´Scattered Shields´, man merkt, dass beide viel Erfahrung als Songwriter und Arrangeure haben, es ihnen bei diesem Projekt jedoch vor allem darum ging zu zeigen, wie sich Gegensätze im Dialog auflösen lassen, und Schönheit durch Zusammenklang entsteht. Fraglos eines der Debüts des Jahres, von FREJA wird noch zu hören sein!
(8,5 Punkte)
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