VON HERTZEN BROTHERS – Red Alert In The Blue Forest

Manchmal reduziert sich auch in der Musikbranche der Bekanntheitsgrad von Künstlern nur auf einen eingeschränkten Radius, womöglich nur auf einzelne Länder. Als die VON HERTZEN BROTHERS noch nicht die VON HERTZEN BROTHERS waren, sondern Kie von Hertzen in der beliebtesten Rockband Finnlands DON HUONOT, Mikko von Hertzen in der finnischen Pop-Maschine EGOTRIPPI und Jonne von Hertzen mit COSMOS TANGO den “National Rock Contest” gewann, waren sie auch außerhalb ihrer Heimat eher weniger bekannte Musiker. Selbst ihre seit 2000 andauernde Karriere als VON HERTZEN BROTHERS hat den drei Brüdern im internationalen Raum nur die Ehrfurcht und den Ruhm eines Geheimtipps eingebracht. Dennoch gibt es auf der ganzen Welt unbeugsame Musikliebhaber, die die VON HERTZEN BROTHERS abgöttisch lieben, weil sie bislang in ihrer Diskografie nur erlesene Scheiben und überwiegend klassikerwürdiges Songmaterial veröffentlicht haben.

Ihr neuestes Meisterstück, das erste seit dem 2017er ´War Is Over´, ist abermals ein Gesamtkunstwerk geworden. Klänge und Melodie aus Rock und Folk verbinden sich mit Prog und Pop, erreichen allerdings meist ihre volle Strahlkraft, wenn die mehrstimmigen Gesangsharmonien angestimmt und wehende Gitarrenmelodien freigesetzt werden. Dabei fokussieren sich die VON HERTZEN BROTHERS dieses Mal auf den besorgniserregenden Zustand von Mutter Natur. Schließlich waren nicht nur ihr Vater und ihr Onkel bekannte Musiker der Beat- und Folk-Szene, sondern ein Patenonkel sogar ein früher finnischer Umweltkämpfer.

Pulsierend steigt der pompöse Rocker ´Day Of Reckoning´ in diese erhellenden siebzig Minuten ein. Trotz seiner polternden Eingängigkeit überraschen die VON HERTZEN BROTHERS für gewöhnlich wieder einmal mit vielen Feinheiten. Gemächlich nehmen sich die betörenden Tonfolgen von ´Blue Forest´ anschließend neun Minuten lang Zeit, um über elektronische Hintergrundspielereien in das Inferno, mit Chorgesang und Angstrufen in das Ungleichgewicht der Natur zu wanken.

Energisch schreitet jedoch ´The Promise´ durch eine zum Zerreißen angespannte Szenerie. Dagegen ist ´All Of A Sudden You’re Gone´ anfangs atmosphärisch weniger intensiv, sondern becirct umgehend mit einem wundervollen Singer-Songwriter-Harmoniesang. Die Gitarren beginnen freilich dezent an zu jubilieren und die Komposition lichterloh zu brennen. Selbst das noch längere, zehnminütige ´Peace Patrol´ startet seinen Rundgang zwar im poppigen Rhythmus und entpackt orientalische Melodieansätze, wühlt aber immer wieder im großen sowie lauten Tumult, aus dem schließlich neben einem röhrenden Gitarrenhelden auch ein Saxofon-Hero auftaucht.

Würde das Electronica-Duo AIR zur See fahren, könnte ein ´Pirates Of The Raseborgian´ aus den Lautsprechern tönen. Somit annähernd zu den schwedischen RITUAL musizierend, hallen alsbald Gesang und Akustikgitarre in ´Anil´ aus einer vorbeiziehenden, stürmischen Windböe. Klavier, Bläser und einige Streicher treiben hingegen ´Elbowed´ an die Spitze. Sodann mischen sich die von Professor Unto K. Laine eingefangenen Klänge der Aurora Borealis in den mystischen Siebenminüter ´Northern Lights´, ehe nochmals der Wind von ´Söderskär´ her zum Hörer herüberzieht und ´Disappear There´ die Akustikgitarre und Flötentöne zum melancholischen Abschied auspackt.

(8,5 Punkte)

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