WOLFGANG BOCK – Cycles
~ 1980/2022 (MiG Music) – Stil: Electronic ~
Schüler und Kenner der Berliner Schule werden zur Wiederveröffentlichung von Wolfgang Bocks einzigem Studioalbum aus den Achtzigerjahren begeistert applaudieren und auf die Pulte klopfen, schließlich wird es seit seiner Veröffentlichung im Jahre 1980 als Kultalbum gepriesen und wurde seither auch nicht mehr auf den Markt gebracht. Jetzt ist es endlich soweit, ´Cycles´ wird erstmals remastert sowie in digitaler Form erscheinen.
Das Werk von Wolfgang Bock ist ebenso wie das von Adelbert von Deyen stark von der Berliner Schule und insbesondere von Klaus Schulze geprägt, dennoch werden beide nicht zwingend in den ersten Semestern gelehrt. Seinen nicht allzu großen Bekanntheitsgrad hat ´Cycles´ womöglich auch seinem späten Erscheinen im Jahre 1980 zu verdanken. Dennoch tönt das Album nach den experimentellen Tagen der Berliner Schule und der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre.
Das achtzehnminütige Titelstück ´Cycles´ spielt demzufolge auch ganz in dieser Tradition auf. Diese äußerst spannend aufgebaute Komposition nahm dereinst die erste Plattenseite ein. Schicht um Schicht bauen sich die Synthesizer auf, erschaffen die erhoffte kosmische Atmosphäre, ehe die Sequenzer eingreifen und abwechselnd mächtige Mellotron-Chöre ein- und ausmarschieren. Das echte Schlagzeugspiel von ´Cycles´ trommelte Brad Howel ein, der – am Rande erwähnt – eine der Originalstimmen von MILLI VANILLI war, während auf der B-Seite Herk Hobb (NANU URWERK) hinter dem Schlagwerk saß.
Ein stattliches und äußerst sakrales Orgelthema eröffnet in ´Robsai Part 1´ die zweite Albumhälfte, die sich nicht mehr ganz so offen an ´Moondawn´ und ´Timewind´ von Klaus Schulze orientiert. Sequenzer tröpfeln, schwirren umher und Mellotron-Chöre erfreuen das Herz. Dagegen wendet sich ´Robsai Part 2´ mit energischem Trommeln vielmehr den sinfonischen und frohlockenden Sounds zu. Das nachfolgende ´Changes´ sollte mit seinem Start-und-Stop-Schema gewiss bei den experimentelleren Stücken gelehrt werden. Das zehnminütige ´Stop The World´ stellt andererseits mit seinen aufschreienden Synthesizern und aufschreienden Mellotron-Chören gerne auch zum Abschluss der Scheibe einen Bezug zu PINK FLOYD her. Glockengeläut in Zeitlupe symbolisiert dabei endgültig das Ende. The end of the world as we know it?
Obwohl ´Cycles´ in den “Panne Paulsen Studios” zu Frankfurt aufgenommen wurde, produzierte Klaus Schulze höchstpersönlich. Selbst der bekannte Schweizer Künstler Urs Amann, von dem das Cover-Gemälde stammt, stellte schon Klaus Schulze seine Kunst zur Verfügung. Gleichwohl taucht die Musik von Wolfgang Bock zumeist leider erst in den späten Semestern der Berliner Schule auf.
Als Bonus hält diese Wiederveröffentlichung den Song ´Wir fliegen ins All´ bereit, eine getragene, flötige Komposition für die damalige Musikwelle, die Wolfgang Bock unter dem Pseudonym Peter Flieger aufnahm und 1982 als HELICOPTER veröffentlichte.
… und zum Ende der Vorlesung wird es in der Berliner Schule heissen: „Heute haben Sie, meine Damen und Herren, dieses kleine Juwel der Berliner Schule kennengelernt. Morgen aber, auch wenn nicht mehr alle von Ihnen da sein werden, sehen Sie alle einmal nach links und nach rechts, werden sie Wolfgang Bocks ´Cycles´ gehört haben.“
(VÖ: 25.03.2022)