DIRTY SHIRT – Get Your Dose Now!
~ 2022 (Independent) – Stil: Transsylvanian Crossover ~
Falls Du noch eine musikalische Impfung gegen schlechten Folk Metal und schlechte Laune benötigst, bekommst Du Deine Dosis genau hier. Hier von dieser Truppe aus Rumänien, die vielleicht DIRTY SHIRT heißt, aber dafür die Gehörgänge von jedem Kitsch befreit.
Und obwohl die Combo schon seit geraumer Zeit existiert, ist sie mir noch nicht untergekommen. Dabei sind sie schon in Deutschland unterwegs gewesen. 2019 war die Wackenbühne der Platz, ein Livealbum mitzuschneiden. Ein Jahr später erfolgte, aus bekannten Gründen, die Vollbremsung. Man nutzte die Zeit für die ´Pandemic Special EP´, und danach für das vorliegende Album, das das immerhin sechste Studiowerk seit 2000 ist.
Schon das am Anfang stehende Instrumental ´New Boy In Town´ ist ein kleines Abenteuer. Über einer Wall of Sound aus harten Riffs und Electroklängen schwebt eine epische Gitarrenmelodie. Das hat was von der Musik zum Vorspann eines Actionfilmes, etwa, wenn ein Adler majestätisch über einem schroffen Gebirge kreist. Doch danach geht es erst recht rund. ´Pretty Faces´ verknüpft Hardcore-Feeling, Modern Metal-Riffing und Hip-Hop Gesang mit tanzenden Flöten und einem anfeuernden Akkordeon. Wenn man genau hinhört, bemerkt man Einflüsse aus Jamaica, ehe ein todtrauriges Geigensolo den Höhepunkt markiert. In ´Dope-A-Min´ werden Muster vertauscht. Männer sind für die Melodien zuständig, Frauen steuern Gang-Shouts bei. So könnte es klingen, würden RAGE AGAINST THE MACHINE mit Volksmusikern vom Balkan gemeinsame Sache machen.
Auf das kurze Nu Metal-Gewitter ´What’s Going On´ folgt eine liebevolle musikalische Parodie auf viele Beiträge zum ESC in den letzten Jahren. Der Chorus von ´Hot For Summer´ hat auch das nötige Pop-Appeal und die Tango Passage ist mehr Metal Tango als WARLOCKs kompletter ´Metal Tango´. Textlich wird ebenfalls parodiert, das ganze Lalala, das täglich aus den Radios dieser Welt dröhnt. Am folgenden ´New Conspiracy´ hört man, DIRTY SHIRT sind am Anfang als Hochzeitsband entstanden. Trotz aller Härte, diese Nummer ist verdammt geeignet für den Tanzboden. Das zweigeteilte ´Când s-o-mpărţât norocu´ paart danach todtraurige Melancholie mit einem trostspendenden Chorus. Basierend auf einem alten Volkslied fühlt man sich erinnert an ECLIPSE SOL-AIR und TOOL. Nach so viel Trauer darf zum abschließenden ´Geamparalele´ noch einmal ausgelassen getanzt werden.
Das Ganze geht nicht ohne Gäste. Da ist etwa Benji von SKINDRED, der den DIRTY SHIRTS seine Stimme leiht. Da sind verschiedene Namen aus der Szene des Landes. Und ein geraumer Teil der Musik wird unterstützt vom TRANSSYLVANIAN FOLK ORCHESTRA. Einer davon ist Andrei Oltean, der Besuchern der Gelben Seiten zuletzt im Interview zu E-AN-NA vorgestellt wurde.
Ergänzend zum regulären Album findet man die vier Stücke der ´Pandemic Special EP´ als Bonus auf der CD. Mindestens ´Don’t Care´ soll hier noch erwähnt werden, das Fans von DREAM THEATER gut reingehen sollte. Das beweist, dass Folk Metal viel mehr sein kann, als Götter und Helden verklärender Pagan Black Whatever Metal oder heldenhafter Kitsch aus der Schlagerecke. Auch textlich ist man voll im Hier und Heute und beschäftigt sich mit dem tagtäglichen Leben. Dabei aber, bei aller Ernsthaftigkeit, hat man bei den DIRTY SHIRTs Freude am Leben und Spaß an der Musik. Damit zünden sie ein Licht in der gerade finsteren Welt. Damit ist gute Laune garantiert. Holt Euch also Eure Dosis ab, heute, jetzt, lasst Euch impfen gegen Traurigkeit und Niedergeschlagenheit. Ehe es zu spät ist.
(9 Punkte)
https://dirtyshirt.bandcamp.com/
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(VÖ: 01.04.2022)