VÓRTIZE – ¡Tienes Que Luchar!
~ 2022 (Nube Negra Productions) – Stil: Black/Death Metal ~
Manchmal muss man über seinen Schatten springen. Nein, Millionär bin ich keiner, aber geil auf Musik mit Bock auf Rock respektive Heavy Metal. Ich liebe Gesang in Muttersprache und ein eher undergroundiges Feeling. Schon lande ich aus Versehen bei Anderson Tiago und seinem irrsinnigen NWoTHM-YouTube-Kanal und auch wenn ich da oft kopfschüttelnd oder gelangweilt das Reinhören in neue Altmetallplatten abbreche, so kommt zuweilen ein Juwel zum Vorschein, welches mich auf die Reise mitnimmt. Und dann investiert der Sir Lord auch mal paar (T)Euro in eine Kassette aus Chile, wo das Porto einen Dollar mehr kostet als das Tape. Wir haben es ja.
Wehe Post und Zoll langen da noch hin…egal, wir wollen uns erfreuen. Es gibt Heavy Metal. Melodien, bis man nicht mehr geradeaus gucken kann (die Musiker ohnehin nicht, chihihi, Chile, Ihr versteht – der Verf.), ein verhallter, aber transparenter Sound, doppelläufige Gitarren, treibende Metalpolkadrums, der Bass eher zu erahnen, als zu hören. Keyboards sind zum Glück nicht vordergründig im Einsatz. Gesanglich wird hier zwischen Mann und Frau gerecht geteilt, gerne auch mal mit Chorqualität und mit leidenschaftlich interpretierten Texten in spanischer Muttersprache. Kennt man? Kennt man.
Hier ist sicherlich kein Innovationspreis des Musikers Ziel, sondern die Freude im Herzen der Metalheads beim Anhören. Wie sagte einst ein Kumpel? Egal ob innovativ oder nicht, ob altbacken oder originell, wenn es Freude macht, dann genießt man es. Der Klang ist gewiss mit einem rumpeligen Charme behaftet, jedoch fühlt sich die Musik entsprechend natürlich, echt und emotionsgeladen an. Ich hätte dieses Album 1995 wohl wie irrsinnig abgefeiert und dieses Review zu einer epischen Heldengeschichte aufgebauscht, aber auch jetzt noch bewahren die Chilenen für meinen Geschmack den Heavy Metal vor einem Absturz in die vollkommene Gleichgültigkeit, den Mainstream, welcher zwar die Gestalt der alten Klangmagie annimmt, aber ihre Wirkung verwässert.
Bei VÓRTIZE regiert die Leidenschaft, die sich in feurigen und sehnsuchtsvollen Melodien niederschlägt. Jene Melodien haben dann auch noch Ecken, Kanten und Haken, mit denen sie sich in der Seele des geneigten Headbanger verkeilen. Es sind oft von europäischer Klassik, aber auch der Folkloremusik des Balkans und europäischen Ostens an sich, seltener des Südens geprägte Tonfolgen, welche den Hörer einspinnen, umgarnen und mit ihrem Zauber verführen.
Warum all diese Elemente ihren Weg in die Anden gefunden haben, will sich mir nicht erschließen. Fakt ist, dass VÓRTIZE ein großartiges Gespür für wilde, lustvolle Harmonien haben, dabei aber spielerisch wuchtig bleiben. Den einstigen Kolonialherren aus Spanien mit all ihren Kapellen aus den 80ern stehen sie Auge in Auge gegenüber, sind eventuell noch bissiger. Die auf Dauerfeuer geschaltete Leadgitarre zeigt der Metalwelt die Faust. VÓRTIZE scheinen dabei auch nicht von jetzt zu sein, von hier sind sie eh nicht. So 80er, wie es die 80er Bands zum Teil nicht waren, rocken sie meist im Up Tempo die Bude.
Hoffentlich bringt das noch jemand als CD und LP raus, da die Band bisher nur eine Cassettenversion des Albums veröffentlicht hat. Die sollte man sich als Fan von grandiosem Heavy Metal aber nicht entgehen lassen.
(8,5 Punkte)
Erhältlich hier https://nubenegraprod.bandcamp.com/album/tienes-que-luchar