NASH ALBERT – Yet
~ 2022 (MiG) – Stil: Songwriter Rock Potpourri ~
Nash Albert ist Sänger und Songwriter aus Georgien. ´Yet´ ist nach 2014 sein zweiter Longplayer. Er war laut Info ein Pionier der russischen Alternative Szene. Er war zudem Frontmann der erfolgreichen sowjetischen Alternative Rock- und Indie-Band BLAST (BLAST UNIT MOSCOW). Irgendwo ist auch von KILLING JOKE die Rede. Und nach zartem Frauenchor geht es beim Opener ´Kill The Fear´ auch nervös und komplex wie bei den Post-Punk-Noise-Pionieren los. Dazwischen aber klavierbetonter Rock. Aber immer wieder auch Breaks, die das Stück ins Progressive führen. Das ist für den Hörer sehr anspruchsvoll, aber auch spannend. Dazwischen gibt es auch Melodiebögen, die den Zugang dann eher erleichtern.
Nash hat auf jeden Fall viel Lust, viele Musik-Stile zu verschmelzen. Auf dem zweiten Song ´Betting On My Fate´ gibt er dann mehr den 70er Songwriter Rock irgendwo in Richtung Lou Reed oder Alex Harvey. Deutlich leichter zugänglich als der Opener. Mit Flöteneinlage à la Peter Gabriel oder Ian Anderson. ´Jerusalem´ beginnt bombastisch, erinnert an die dunklen Songs von Nick Cave, aber auch wieder an 70er Progressive Rock. Schwermütige Chöre und der klagende Gesang von Nash. Schwer zu fassen, aber man muss ja nicht immer vergleichen.
Der ´Monkey Blues´ kommt als Pub Rock-Versatzstück, mit Soul-Anklängen und dylaneskem Gesang. Teilweise schräg und trotzdem ziemlich eingängig in diesem Fall. Da fragen sich die Leserinnen und Leser jetzt schon: Das hört sich ziemlich nach „Tutti Frutti Beliebigkeit“ oder ein „Kessel Buntes“ an. Bei ´Love To Reset´ scheint plötzlich John Lennon zu ´Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band´ aufzumarschieren, bei ´Autumn Rain´ könnten irgendwie auch Leonhard Cohen und David Bowie ihre Hände oder Stimmen im Spiel haben, wenn es sie noch gäbe.
Aber warum müssen wir immer in Schubladen einteilen? Weil das einfacher ist? Weil uns alles andere verunsichert (vor allem den schreibenden Kritiker)? Kann man nicht einfach die Musik machen, für die man gerade Lustgefühle entwickelt. So macht das Nash Albert. Konsequent hedonistisch. Manches wurde wohl vor Ort im Studio schnell geschrieben. Und ein Song mit dem Titel ´Cocaine Hangover´ benötigt eben etwas Psychedelic und schrägen Noise. Und schon klingt es wie der Titel suggeriert. Und ist irgendwie sogar ein Ohrwurm. Wie ´Sun Rise´, das gemäß dem Titel dann auch irgendwie sonnig und harmonisch erklingt. Oder die im Bariton vorgetragene ernste Klavierballade ´I Won’t Look Back´, die wieder verbrauchten 70er-Atem verströmt. ´Marabella´ ist dann wieder ironischer, aber auch sparsam akustisch instrumentiert. ´… And Yet´ setzt dann zum Schluss auf Breitband-Rock im Crooner-Songwriter-Stil.
Die interessante, lebenserfahrene und variable Stimme von Nash hält ja dann doch alles irgendwie zusammen. Auch wenn unter Marketing-Aspekten die Zielgruppe nicht eindeutig definiert werden kann. Spannend, aber selbst für den weltoffenen, toleranten Hörer (ja, ich meine natürlich mich) auf Dauer etwas ziellos.
(7,25 Punkte)