DEATHBELL – A Nocturnal Crossing
~ 2022 (Svart Records) – Stil: Doom ~
Bei ´A Nocturnal Crossing´ handelt es sich um ein Album, das von Durchlauf zu Durchlauf wächst. Vermutete ich zunächst eine klassische Doomband mit Sängerin, so erweiterte ich mein Urteil nach dem ersten Hören auf eine Doom-Band, die in den Gewässern zwischen den peruanischen Doomern REINO ERMITAÑO (aber ohne die aggressiv fiese Stimme einer Tania Duarte) und den aus Richmond stammenden WINDHAND operiert. Letzteres vor allem natürlich aufgrund der zweifellos vorhandenen Stoner Doom-Schlagseite. Sicherlich ist aber auch ein wenig Occult- und Psychedelic-Rock à la BLOOD CEREMONY, JEX THOTH oder MOUNT SALEM in der Musik enthalten.
Hieraus wird deutlich, dass sich die Musik des aus Toulouse stammende Quintett, welches seit 2016 unterwegs ist und uns nun mit ´A Nocturnal Crossing´ ihr zweites Album vorlegt, bei genauerem Hinhören als durchaus vielschichtig entpuppt.
Natürlich bildet Sängerin und Tasteninstrumentalistin Lauren Gaynor mit ihrer melancholischen, aber auch hypnotisch eindringlichen und immer leicht verhallten Stimme das zentrale Element in der Musik von DEATHBELL. Aber im Gegensatz zu ihrer stets entrückten Gesangsdarbietung, glänzen die Instrumente in einer breiten musikalischen Vielfalt. Von schleppenden monumentalen teilweise ordentlich fuzzbeladenen Riffs, bis hin zu leichten und melodischen, fast schon rockigen Gitarrenparts, wird hier wirklich einiges geboten und lässt ihre Musik zwar kompakt und atmosphärisch dicht, aber auch, was zunächst als Widerspruch erscheinen mag, sehr lebendig erscheinen.
Bereits der musikalische Einstieg in das Album mit ´The Stronghold And The Archer´ verdeutlicht, dass es sich bei dem was DEATHBELL bietet nicht einfach nur um Doom handelt. Der Song beginnt mit einem wummernden Bass und psychedelisch schräg klingenden Gitarrenakkorden, die alsbald um dunkle teilweise mächtig Riffs, aber auch schnelle Gitarrenmelodien ergänzt werden. Gemeinsam mit der treibenden Arbeit einer sehr differenziert agierenden Rhythmussektion und des bereits erwähnten, stets etwas verhuscht entrückten und dadurch mit einer okkulten Färbung versehenen Gesangs, ergibt die Musik etwas, was man nur noch als Heavy Occult Psychedelic Stoner Doom bezeichnen kann. Ja, ich weiß…
Demgegenüber entpuppt sich ´Devoured On The Peak´ als elegisches, nahezu schon episch zu nennendes Stück Doom, dem die eher im Stoner-Bereich zu verortenden Gitarren in die Quere kommen. Auch ´The Ladder´ ist ein sich harmonisch ausbreitender Song, der zwar ebenfalls über ein melancholisches Grundgerüst verfügt, aber nicht mit diesem bedrohlichen Momentum aufwartet, der dem Doom im Allgemeinen per Definition eigen ist, da dieser ja das drohende Ende der Welt verkündet. Das heißt aber nicht, dass es diesem Stück an harten und durchdringenden Riffs mangeln würde. Aber da ist eben noch so viel mehr. Es werden nicht nur dunkle Weiten, bedrohliche Täler und düstere tiefhängende Wolken am Himmel vertont. Man vernimmt auch melodische Gitarrenparts, die eine Wirkung entfalten, als würden vereinzelte Sonnenstrahlen auf ein viel zu lange im Dunkeln gehaltenes Gesicht fallen. Und als wenn das nicht bereits ausreichend sein würde, so ist dem Ganzen auch noch ein freundlicher und unaufdringlicher Keyboard-Teppich unterlegt, der förmlich eine weiche Wiese aufspannt und zum entspannten Verweilen darauf einlädt.
Sowohl ´Silent She Comes´ als auch ´Shifting Hands´ sind gemütlich dahinfließende Ströme. Während ersterem der besagte Keyboardteppich unterlegt ist, dominiert bei letzterem die Kirchenorgel, wobei aber betont werden muss, dass sich das okkulte Element in der Musik von DEATHBELL insgesamt in Grenzen hält. Keine Begrenzung hingegen erfahren die beiden Gitarren, die auch bei diesem Stück wieder für außergewöhnliche musikalische Akzente sorgen.
Zu Beginn des Titelstücks wird dann musikalisch alles ausgepackt, was DEATHBELL zu bieten hat. Sakrale Orgelklänge paaren sich mit gewaltigen, düsteren, aber auch treibenden Riffs, die im weiteren Verlauf von der in diesem Stück erstaunlich variabel eingesetzten Stimme und der zum Abschluss klar aufspielenden Leadgitarre abgefangen werden. Es wirkt fast so, als wolle sie dem Hörer zum Ende hin nochmal beweisen, dass Gitarren mehr können als nur Fuzz und Wah-Wah.
´A Nocturnal Crossing´ macht es dem Zuhörer nicht einfach, aber das sollte wahre Kunst es einem ja nie machen.
Nachdem ich zu Beginn noch gedacht hatte, dass drei bis vier Durchläufe der sechs Stücke mit knapp 42 Minuten Gesamtspiellänge für eine faire Beurteilung ausreichend sein dürften, bin ich nun bereits beim siebten oder achten Mal angekommen, ohne dass das Album langweilig werden würde. Ganz im Gegenteil. Wie ich bereits am Anfang geschrieben habe, wächst die Faszination sogar. Wenn das kein Qualitätsmerkmal ist, was dann?
Deshalb auch
(8 Punkte)
Das Album erscheint als CD, aber auch als LP in schwarzem und transparenten grünem Vinyl.
DEATHBELL sind:
Lauren Gaynor – Gesang und Tasteninstrumente
Bastien Commelongue – Gitarren und Tasteninstrumente
Frederic Bolzan – Gitarren
Valentin Troï – Bass
Robin Draye – Schlagzeug
https://www.facebook.com/DeathbellDoom
https://svartrecords.com/artist/deathbell/
(VÖ: 25.02.2022)