VANDERLINDE
~ Interview mit Arjan van der Linde ~
Noch vor ein paar Jahren hätte ich Musik, wie sie Arjan van der Linde mit seinen Mannen produziert, nicht angehört. Zu brav, zu ruhig, so wäre mein Urteil ausgefallen. Nun, man wird älter. Und ich bekam ´Entering The Circus´ in die Finger. Das Album hat mir im Januar 2019 mitten im Winter helle Stunden beschert. So war natürlich die Freude groß, als ich las, mit ´Muy Rico´ steht ein Nachfolger in den Startlöchern. Wie erwartet gefällt auch diese Scheibe außerordentlich gut. So muss man mir nicht zweimal sagen, dass ich ein paar Interviewfragen stellen darf.
Arjan, zuerst also erst einmal ein Lob für ´Muy Rico´. Diese 13 Lieder haben mir doch wieder viel Freude bereitet, mich sozusagen etwas reicher gemacht. Reichtum ist ja nicht nur Geld. Was macht Dein Leben reich?
Familie – in erster Linie. Zweitens, mit einem musikalischen Talent gesegnet zu sein. Sensibel für die Bedürfnisse anderer Menschen sein, insbesondere für diejenigen, die ums Überleben kämpfen.
Erzähle mir doch ein wenig von Dir! Wie und wo bist Du groß geworden?
Ich bin in der Hafenstadt Delfzijl geboren. Hier habe ich gelebt, bis ich neunzehn war. Da bin ich nach Groningen gezogen, um am Konservatorium zu studieren. Im gleichen Alter lernte ich auch meine jetzige Frau kennen, mit der ich zwei Kinder habe.
Wie bist Du zur Musik gekommen? Wo sind Deine Einflüsse?
Die erste Gitarre bekam ich an meinem achten Geburtstag. Sofort war ich süchtig nach aller Musik. Ich spiele seit ich zwölf war in Bands. Stark beeinflusst bin ich von der Musik der Sechziger- und Siebzigerjahre. Besonders die Bands, die ein Händchen dafür hatten, denkwürdige Songs zu schreiben sind mir nahe. Bands mit tollen Gesangsarrangements bekommen bei mir Extrapunkte.
Welcher niederländische Künstler, welche Band, sollte auch in Deutschland beachtet werden?
Das ist für mich mein Freund Bart Schwertmann. Er ist ein großartiger Sänger und singt auch bei der Band KAYAK.
SaitenKult ist ja eher die Seite für härtere Saiten. Hast Du auch einen Draht zu Hard’n’Heavy?
Absolut! Ich bin seit Jahren ein Fan von DEEP PURPLE, AC/DC und WHITESNAKE.
Wer Dir in den sozialen Medien folgt, weiß, dass Du gern und oft live spielst. Wie schwer waren die beiden Corona-Jahre für Dich? In Holland gab es ja auch viele Einschränkungen.
Auch das Proben und Aufnehmen neuer Musik war eine Herausforderung. Erwin (Musper, Freund und Produzent Anm. d. Verf.) musste alle möglichen Reisebeschränkungen überwinden, um zu den GAM-Studios in Belgien zu gelangen, um unser neues Album aufzunehmen und zu produzieren. Er hat buchstäblich das letzte Flugzeug nach Hause in Ecuador erwischt, bevor die Welt geschlossen wurde.
Hat das in Deinen neuen Liedern Spuren hinterlassen?
Wir hatten einen Song namens ´Lochdown´, der nicht auf dem Album landete. Das war damals die aktuelle Situation. Die restlichen Geschichten, die auf dem neuen Album erzählt werden, haben eine breitere Sicht auf das Leben. Die Themen reichen von süßen Liebesliedern bis zu Geschichten über toxische Beziehungen. Einige davon sind persönlich, andere sind nur Beobachtungen.
Du verbringst viel Zeit in Norwegen. Was ist dort anders? Ist es ein zweites Zuhause?
Es ist das schönste Land Europas und ich war ungefähr zwanzig Mal dort. Einer meiner besten Freunde wohnt dort. Ich habe kein Geld für ein zweites Haus. Wenn ich jemals berühmt werde, kaufe ich dort etwas…
Warum sind die Fäuste in ´When Hands Turn Into Fists´ so zart und samtig verpackt?
Es ist ein Lied über den Versuch, eine Ehe nicht von Liebe zu Hass zu verwandeln. Die Eheleute schreien nicht laut, sondern versuchen, Worte zu finden, um sich gegenseitig zu beruhigen, friedlich miteinander umzugehen. Es ist von einem Film namens „Marriage Story“ inspiriert, in dem zwei sanfte Menschen von rücksichtslosen Anwälten vollständig beeinflusst werden und in einen gnadenlosen Scheidungskrieg ziehen.
Als Gäste hört man auf dem Album in dem Stück ´Little Things´ die amerikanische Band VENICE. Stell die doch bitte kurz vor!
Mein Vater war ein großer Liebhaber von VENICE Durch ihn habe ich die Band kennengelernt. (Sie gründeten sich 1977 in Venice und sind seitdem im Folk Rock/AOR unterwegs. Anm. d. Verf.) Es war schon immer ein Wunsch von mir, mit ihnen einen Song aufzunehmen. Es ist mir gelungen und darauf bin ich sehr stolz. VENICE hat mit vielen großartigen Bands und Musikern zusammengearbeitet wie ROGER WATERS, BRUCE SPRINGSTEEN, DON HENLEY, ELTON JOHN und STING.
Wer ist ´Rosemary´?
Auf einem unserer vorherigen Alben hatten wir einen Song namens ´Miss Molly´. Es war ein Witz über einen Typen, der heimlich eine Domina in seiner Stadt besuchte. ´Rosemary´ ist das nächste Kapitel, in dem er immer wieder an sie denkt und ihr zufällig auf dem Stadtplatz begegnet, an dem er wohnt. Wenn du beide Texte liest, erhältst Du die ganze Geschichte. Sehr lustig!
Wie ich finde hat niederländisch einen schönen Klang. Hast Du nicht Lust, mal was in Muttersprache zu machen?
Nur wenn sie mich zwingen, zum Beispiel mit Geld.
Hahaha, dann kannst Du Dir ja das Haus in Norwegen leisten. Andererseits hast Du dann so viel Urlaub, dass Du keine Zeit mehr für Musik hast. Ich glaube aber eher nicht, dass Du gern untätig bist. Ansonsten bleibt mir nur noch, Dir zu danken, für die zwar kurzen aber reichen Antworten. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass es auch bald auf den Bühnen weitergeht. Passen wir alle auf auf die kleinen Dinge, die unser aller Leben reicher machen.
Tot ziens…
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