VOIVOD – Synchro Anarchy
~ 2022 (Century Media) – Stil: Progressive Metal/Avantgarde ~
´Synchro Anarchy´, das mittlerweile 15. Studioalbum der Kanadier, ist alles was VOIVOD bisher gewesen war: die nervenzerfetzende Dissonanz, die verwirrenden Taktarten und Synkopen – aber vor allem ein imposantes Feuerwerk ihrer grenzenlosen, irrwitzig-versponnenen Riffarbeit! Das Quartett ist zwar schon seit langem nicht mehr so hardcorig und schmutzig wie in den 80ern, aber gerade die letzten beiden Werke klangen so dunkel und düster wie schon lange nicht mehr.
´Synchro Anarchy´ ist nun der perfekte Soundtrack unserer Zeit – hoffnungslose Klänge für eine hoffnungslose Welt, eine Art globaler wie kosmischer Pessimismus, der mit seinen Vorahnungen VOIVODs Sound ganz und gar durchdrungen hat. Die Dunkelheit hat einen Träger, und die Komplexität und das scheinbare Chaos werden musikalisch durch progressive Akkorde, dystopische Töne und mannigfache Tempowechsel demonstriert – passend zu den lyrischen Themen rund um eine proklamierte Anarchie für Zeit und Raum.
Der Opener ´Paranormalium´ und der nicht minder turbulente Titelsong erinnern musikalisch wie thematisch sogleich an Alben wie ´The Outer Limits´ oder ´Nothingface´, während ´Planet Eaters´ wie eine klangliche Persönlichkeitsstörung wirkt, wobei Denis „Snake“ Bélanger zwischen lautem Höhnen, Kreischen und seinem einzigartigen Bellen hin- und herwechselt, während Daniel „Chewy“ Mongrain ein wunderbar jazziges und unkonventionelles Gitarrensolo hinlegt.
´Mind Clock´ hingegen enthält einen der besten Hooks auf dem Album, bringt atmosphärische und psychedelische Liebkosungen in die Dissonanz, und kombiniert dabei zudem schweres Riffing mit punkigem Stakkato.
Bassist Dominic „Rocky“ Laroche glänzt vor allem beim darauffolgenden ´Sleeves Off´, während Mongrains Gitarre gar einen Hauch von GOJIRA verströmt, und ´Holographic Thinking´ startet wie ein schwerer BLACK SABBATH-Stampfer, bevor es sich in etwas typisch Nebulöses und Komplexes verwandelt, das wiederum sämtliche Qualitäten der Frankokanadier in sich versammelt. Auch ´Quest For Nothing´ und das abschließende ´Memory Failure´ sind typischerweise unregelmäßig und unvorhersehbar, und hätten sich auch ohne Weiteres auf ihren beiden Meisterwerken ´Dimension Hatröss´ und ´Nothingface´ finden können.
Drummer Michel “Away” Langevin legt über das gesamte Album hinweg eine weitere Top-Performance hinter dem Kit hin, während Snake die Räume nutzt, um jede Facette seines Gesangstalents zu zeigen. Rockys Bass-Sound spielt zweifellos eine ebenso große Rolle und klingt genauso dynamisch und konzentriert wie der ehemalige Viersaiter “Blacky”, während Chewys Saitenbearbeitung gleichermaßen zu begeistern wie zu verblüffen versteht. Der Gitarrenton ist sauber, aber alles andere als plastisch, und auch Snakes Gesang findet sich perfekt im Mix, für den Francis Perron einen großartigen Job hingelegt hat.
VOIVOD vergessen bei alledem jedoch nie, auch den Punk in ihren gehobenen Thrash miteinzubeziehen, und das hält die Wut und die Energie konstant zwischen den technischen Gängen ihrer verheerenden Sound-Maschine.
´Synchro Anarchy´ ist zugleich kalkulierte Dynamik, atonale Trostlosigkeit, strebende Kontemplation und verworrenes Labyrinth – ein durch und durch fesselndes Album, wie es eben nur VOIVOD erschaffen kann!
(9 Punkte)
(VÖ: 11.02.2022)