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BILLY TALENT – Crisis Of Faith

~ 2022 (Atlantic/Warner Music) – Stil: Alternative/Punk Rock ~


Nach einer sechsjährigen Veröffentlichungsstille erscheint das sechste Werk von BILLY TALENT. Abermals hat Sänger Benjamin Kowalewicz mit seiner Truppe Melodien für Millionen im Gepäck. Obwohl diese auf ´Crisis Of Faith´ natürlich nicht mehr durchgehend diese ungestüme Live-Energie der ersten beiden Weltklasse-Scheiben offerieren wollen oder können, sprechen die unverwechselbare Stimme von Benjamin Kowalewicz sowie die abwechslungsreichen und steigerungsreichen Songs immer noch für die Kanadier.

 

 

Wie zuletzt bewegen sich BILLY TALENT zwischen Alternative Rock und Punk Rock, wobei der Opener ´Forgiveness I + II´ beinahe im Prog Rock wirbelt, ohne den gewohnten Mitsing-Rock zu vernachlässigen, und sich im zweiten Abschnitt träumerisch den Sixties zuwendet. BILLY TALENT erwähnen als Einfluss der Komposition sogar RUSH sowie PINK FLOYD und werden kurzfristig für Anhänger von THE MARS VOLTA von Belang.

Doch BILLY TALENT bleiben ohnehin ausnahmslos BILLY TALENT, schleichen sich variantenreich in ´Reckless Paradise´ an, um die Menge ordentlich aufzumischen. Dabei tauchen – neben den über das Album verteilten politischen Bildern – solche vom Klimawandel oder dem australischen Buschfeuer auf. Geschichten aus dem Leben beinhaltet das pop-rockige ´Hanging Out With All The Wrong People´ für das Massenpublikum und eine optimistische Sicht auf die Midlife-Crisis ´One Less Problem´. Das im Stop-and-Kick-Modus operierende ´I Beg To Differ (This Will Get Better)´ ist beinahe ´Nothing To Lose, Part Two´ und das Versprechen, dass dort draußen in der Welt irgendjemand ist, der helfen kann.

Mit Streichern versucht ´The Wolf´ in aller Melancholie, die Nachricht einer todbringenden Krankheit zu verkraften. Trauer und Verlust gehen hier einher als Hommage an Gord Downie von THE TRAGICALLY HIP. Dagegen ist ´Reactor´ wieder zupackender und als Aufruf gegen Rassismus zu verstehen. Die alte ´Red Flag´-Gewalt holen BILLY TALENT zumindest freaky in ´Judged´ nochmals heraus. Und für den Song ´End Of Me´, der sie beim Komponieren an Jimi Hendrix und WEEZER erinnerte, konnten sie tatsächlich WEEZER-Sänger Rivers Cuomo gewinnen. Die wahre Liebe besingen sie schließlich im finalen ´For You´, Benjamin Kowalewicz als frischgebackener Vater, Ian D’Sa in der Trauer um seine verstorbene Mutter, denn Liebe ist unsterblich und unendlich.

Der Teil der Anhängerschaft, der allerdings immer noch auf das melodische Geschrei von 2003 und 2006 wartet, wird bei ´Hanging Out With All The Wrong People´ sowie der Ballade ´The Wolf´ die Nase rümpfen und Songs wie ´I Beg To Differ (This Will Get Better)´, ´Judged´ und ´For You´ als aufgewärmt abtun. Der Rest, der die Weiterentwicklung begrüßt, wird sich an einem bunt gemischten und erfrischend kurzweiligen BILLY TALENT-Werk erfreuen.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/billytalent


Pic: Dustin Rabin

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