BRICK MISTRESS – Anthology
~ 2021 (Stormspell Records) – Stil: Heavy Metal ~
Manchmal gibt es schon komische Zufälle. Kaum habe ich nach sehr langer Zeit mal wieder das Debüt ´Toxic Wasteland´ von DOFKA aufgelegt, da flattert nur wenige Tage später das Angebot herein, die bereits am 6. Dezember letzten Jahres erschienene Doppel-CD mit der Anthologie von BRICK MISTRESS zu reviewen, an deren Demo ´Rise Or Fall´ von 1990 auch Jim Dofka beteiligt war.
Aber zurück an den Anfang…
Die Band formierte sich 1987 in Wheeling, West Virginia, als klassisches Trio mit Dave Queen am Gesang und an der Gitarre, Steve Moore am Schlagzeug und Rick Martin am Bass. In dieser Formation traten sie dann eine ganze Zeit lang auf, bis eines ihrer Demos 1989 Jim Dofka in die Hände fiel. Jim war damals in einem Club in Bellaire für den Sound zuständig und buchte auch die Bands, die dort auftraten. Das 1988 aufgenommene ´Fight To Be Free´ war auf diesem von BRICK MISTRESS verbreiteten Demo-Paket enthalten und ist auch als einziger Song davon auf der vorliegenden Anthologie verewigt. Jim war dermaßen von dem Inhalt des Demos begeistert, dass er die Band gleich buchte und sie bereits kurze Zeit später als Vorband der lokalen Band SCREAMER (der ersten Band von Jim Dofka) auftraten. Danach stiegen sie selber recht schnell in Ohio zu einer Szene-Größe auf und gewannen einen Bandwettbewerb, der es ihnen im Anschluss ermöglichte, ein professionelles Demo mit drei Songs in den Peppermint-Studios aufzunehmen. Kurze Zeit später fragte die Band dann bei Jim Dofka nach, ob er bereit wäre, als zweiter Gitarrist in die Band einzusteigen. Dieses Angebot nahm Jim dankend an. Als Quartett erweiterte die Band dann ihren Aktionsradius auf die benachbarten Bundesländer und irgendwann in dieser Zeit wurde Rick Martin dann auch durch Brian Mihalovich am Bass ersetzt. In dieser Formation nahm man dann 1990 das bereits eingangs angesprochenen Demo mit fünf Stücken auf, das man dann weltweit mit der Absicht verschickte, möglicherweise einen Plattendeal bei einem international renommierten Label zu ergattern. Das wäre dann auch fast gelungen, aber leider zerstritt sich in dieser Phase die Band derart, dass der gerade erst kürzlich zur Band hinzugestoßene Brian, diese schon wieder verließ. In etwa zeitgleich gründete Jim Dofka sein Projekt DOFKA und unterschrieb einen Vertrag bei den Franzosen von “Black Dragon Records”, blieb aber zunächst weiterhin Mitglied von BRICK MISTRESS. Obwohl Brian Mihalovich kurzfristig zur Band zurückkehrte, brachte das keine Ruhe hinein und führte schlussendlich dazu, dass Brian und Jim die Band endgültig verließen. An ihrer Stelle wurden Tony Rohrbough an der Gitarre und John Miker am Bass engagiert. Aber auch Steve Moore verließ kurz darauf die Band und wurde durch Johnny Lamb ersetzt, womit nur noch Dave Queen vom Gründungs-Trio verblieben war. Mit diesem Line-Up ging man 1993 wieder ins Studio und nahm neun Songs auf, die erstmalig auf dieser Anthologie zu hören sind. – Und das war es dann auch mit BRICK MISTRESS, denn noch im selben Jahr erfolgte, nach einem letzten Auftritt in Pittsburgh, zu dem auch nochmal Jim Dofka und Steve Moore auf der Bühne erschienen, dann doch die Auflösung der Band.
Brian Mihalovich und Steve Moore folgten der Einladung von Jim Dofka bei DOFKA mitzumischen, bevor die drei dann mit Tim Aymar (PHARAOH, CONTROL DENIED etc.) am Gesang PSYCHO SCREAM gründeten. Alles nunmehr Geschichte!
Viel Zeit ist seitdem ins Land gegangen, in der es auf Anfragen nach einer Wiederveröffentlichung der Demos immer hieß, dass die Masterbänder nicht mehr aufzutreiben wären, bis…oh Wunder…ein DAT-Band mit mehreren noch unbearbeiteten Versionen des ´Rise Or Fall´- Demos von 1990 auftauchte. Daraufhin schaute wohl John Miker doch nochmal genauer hin und fand die DAT-Master-Bänder der neun Songs von 1993 wieder. Für diese Anthologie musste somit nur das 89er Demo von Kassette abgezogen werden, da sich hier nun wirklich nichts mehr auffinden ließ.
Zusätzlich zu diesen Stücken findet sich das ebenfalls bereits oben erwähnten Stück von dem 88er Demo, das 1989 in Steve Moores Keller auf einer Vierspur-Bandmaschine aufgenommene Stück ´Wolf In The Fold´ und ein 2018 von Dave Queen, Steve Moore und Jim Dofka aufgenommenes Stück mit dem Titel ´Fight The System´ auf dieser Anthologie wieder.
Es gibt ja Leute, die der Meinung sind, dass es einen guten Grund dafür gibt, wenn Bands es nur auf ein bis zwei Demos bringen und dann von der Bildfläche verschwinden. Dann hätten sie nämlich einfach keine ausreichende musikalische Qualität besessen, um gegen die Konkurrenz bestehen zu können. Die gleichen Leute behaupten dann auch, dass solche Bands heutzutage nur deshalb ausgebuddelt und ihr überschaubarer Nachlass auf den Markt geworfen wird, weil man damit gutes Geld verdienen kann. Die Labels wüssten nämlich ganz genau, dass da draußen eine Käufergruppe existiert, die alles tut, um mit einem besonders exklusiven Geschmack prahlen zu können. Solche Veröffentlichungen würden von dieser kleinen Schar an Willigen geradezu kultisch verehrt werden und zwar unabhängig davon, ob die Musik dies qualitativ rechtfertigt, oder nicht.
Ich persönlich glaube nicht, dass man mit 300er oder 500er Auflagen großes Geld verdienen kann und vermute da doch eher die Begeisterung und Liebe zur Musik (und damit vielleicht auch ein wenig Missionarstum) hinter dieser Art von Veröffentlichungen, die ja auch ausschließlich den kleineren Labels vorbehalten sind.
Aber einmal ganz davon abgesehen, gehört BRICK MISTRESS meiner Ansicht nach nicht zu den Bands, die eine solche Wiederveröffentlichung nicht verdient hätten. Der Grund für ihre kurze Lebensspanne ist vermutlich eher in bandinternen Querelen rund um die zukünftige musikalische Ausrichtung und sicherlich auch in geschäftlichen Differenzen zu suchen, was sich auch an dem über die wenigen Jahre ihrer Existenz recht instabilen Line-Up festmachen lässt. Führt man sich vor Augen, dass ihre Auflösung 1993 erfolgte, so liegt ebenfalls die Vermutung nahe, dass dem Erfolg der Band vermutlich auch der damalige Zeitgeist im Wege stand.
Was BRICK MISTRESS nämlich musikalisch bietet, ist rifforientierter und melodischer, teilweise aber auch sehr powerlastiger und besonders in ihrer späteren Phase sogar thrashiger, traditioneller Heavy Metal. Ihre enorme musikalische Bandbreite reicht dabei von der gefühlvollen Halbballade ´No Sign Of Life´ vom 89er Demo, über die geradlinigen kraftvollen Nummern wie ´P.O.W.´, welches ebenfalls auf dem 89er Demo zu finden ist, oder ´Electric Chair´ vom 90er Demo, bis hin zu vertrackten, etwas strangen, aber mutigen Nummern wie ´Change Your Fate´ vom bisher unveröffentlichten 93er ´Chillicothe-Demo´. Musikalisch hat das alles Hand und Fuß und auch kompositorisch sind die Songs alles andere als langweilig. Auch soundtechnisch ist hier erstaunlicherweise, trotzdem es sich um Demos handelt, alles im Lot. Die Gitarrenarbeit macht Freude (nicht nur die von Jim Dofka), Schlagzeug und Bass sind nicht nur monotones Beiwerk und auch die meistens warme, dabei auch etwas raue Stimme von Dave Queen bringt sowohl Abwechslung, als auch Eigenständigkeit in die Songs. Zur musikalischen Einordnung ist es sicherlich nicht verkehrt, wenn man BRICK MISTRESS in der Schnittmenge zwischen METAL CHURCH, VICIOUS RUMORS, ARMORED SAINT, SAVATAGE und RIOT verortet, wobei ich zwischenzeitlich sogar etwas FLOTSAM & JETSAM herausgehört habe.
Schlussendlich wünsche ich mir bei dem erst 2018 aufgenommenen Song ´Fight The System´, BRICK MISTRESS würden sich wieder zusammentun und eine ganze Scheibe in dieser Qualität herausbringen. Der Song ist ein kurzer geradliniger Knaller, der alle positiven Charaktereigenschaften des klassischen US-Powermetal in sich vereint. Wenn ein Song verdeutlichen kann, was aus dieser Band hätte werden können, dann ist es dieser!
Von mir bekommt diese Anthologie deutliche
(8 Punkte)
BRICK MISTRESS waren:
Dave Queen – Gesang und Gitarre
Jim Dofka – Gitarre (1989 bis 1993)
Tony Rohrbough – Gitarre (1993)
Steve Moore – Schlagzeug (bis 1993)
Johnny Lamb – Schlagzeug (1993)
Rick Martin – Bass (bis 1990)
Brian Mihalovich – Bass (1990 bis 1993)
John Miker – Bass (1993)