KULT KOMPASS Dezember 2021
Hossa, hossa!
Zuerst einmal: Euch allen ein frohes und gesundes Jahr 2022.
Hossa!
Aber nochmal schnell ein Blick zurück: lasst uns das Jahr 2021 mit dem letzten Kompass des Monats, des Monats Dezember abschließen.
Selbst in den letzten, besinnlichen als auch feierwütigen Wochen haben wir noch einige Schätze ausgegraben, die in der Flut der Veröffentlichungen des Jahres 2021 nicht untergehen sollten. Daher stoßen wir auf das neue Jahr an und spielen noch schnell einige Scheiben aus dem vergangenen. Prost.
M o n a t s h e r r l i c h k e i t
Q u i c k – R e v i e w s
ADMIRAL FALLOW – The Idea Of You
2021 (Chemikal Underground) – Stil: Indie
ADMIRAL FALLOW und Louis Abbott waren schon immer die Philosophen unter den Indie Rock-Bands. Die Glasgower Formation wurde 2007 von Sänger Louis Abbott als BROTHER LOUIS COLLECTIVE gegründet, recht schnell von Paul Savage (THE DELGADOS) entdeckt und in der Folge auch von ihm produziert.
Das erste Album-Triple konnte, angefacht durch den Debüt-Hit ´Squealing Pigs´, in Schottland und England mächtige Erfolge einfahren. Dass ADMIRAL FALLOW zuletzt mit dem Komponisten Gareth Williams die Oper “Navigate The Blood” konzipierten, brachte das Gefüge von ADMIRAL FALLOW niemals ins Schwanken. In der Ruhe und der Besinnung zwischen den Kompositionsphasen liegt schon immer die musikalische Kraft von ADMIRAL FALLOW.
Ihr viertes Studioalbum ´The Idea Of You´ war sogar schon 2019 fertig aufgenommen, darf allerdings erst 2021 als 41-minütiger Weckruf die Öffentlichkeit sentimental anstupsen … à la bonne heure.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/AdmiralFallow/
DAN ASHLEY – Out There
2021 (Independent) – Stil: Americana
Dan Ashley stand schon mit Dionne Warwick, Neal Schon und Brad Gillis auf der Bühne, eröffnete bereits für REO SPEEDWAGON, CHEAP TRICK, Eddie Money und Mellissa Etheridge, doch mit ´Out There´ erscheint endlich sein erstes Solo-Werk, natürlich zusammen mit seiner bühnenerprobten Band eingespielt. Dabei ist alles zwischen Americana und Rock and Roll möglich, mit einem Schuss AOR oder Country.
Hierzulande für Radio-Sender womöglich viel zu rockig, ist Dan Ashleys Debüt für die Radio Stations auf den heimischen, US-amerikanischen Highways genau die richtige Musik, um von City zu City zu gelangen. Nachdenklich, aber auch einnehmend im Gefühlsmoment.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/danashleymusic/
THE BRUTE – Brute:One
2021 (Timezone Records) – Stil: Synth Pop
Ein-Mann-Projekte sind gerade in der schwarz getünchten Szene nicht ungewöhnlich. Vorhang auf für Daniel Gierke alias THE BRUTE. Schwarze Lederjacke, coole Mimik. Der Wahlschweizer fährt die Soundwand des Synthie Pop im Sinne der New und des Dark Wave hoch. 50 Minuten lang. Elektronik, Pop und Rock.
Niemand hat DEPECHE MODE, PET SHOP BOYS, NEW ORDER und SOFT CELL vergessen, Daniel Gierke ebenfalls nicht. Das von Simon Gibson in den „Abbey Road Studios“ finalisierte Werk besitzt allerdings einen ausgetüftelten Sound, in dem elektronische Schwelgereien niemals die Überhand gewinnen und die Gitarren im gern auch cineastisch wuchernden Sound rackern dürfen. Man in black.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/TheBruteMusic/
PS: Die schiere Begeisterung wird dem Kopfkino-Freund beim Genuss des Soundtracks zu Daniel Gierkes 20-minütigen Musikfilm „Momentum To Die“ auf der Remix-EP ´Driving To You – Momentum To Die´ ins Gesicht geschrieben stehen.
BUFFALO REVISITED – Volcanic Rock Live
2022 (Ripple Music) – Stil: Proto Metal
BUFFALO gehören zur DNA der australischen Rockszene und genießen bis heute einen geradezu legendären Status. Außerhalb Australiens gehören die Alben der Band eher zu Geheimtipps, auch noch knapp 50 Jahre nach deren Erstveröffentlichung. Dass man damals mit seinem Bulldozer-Sound in Australien alleine stand, ist keine Überraschung. Mit Musikern wie z.B. Peter Wells, Dave Tice, John Baxter im Line-up, die im weiteren Verlauf ihrer Karriere weitere Statements in der australischen Rockszene platzierten, waren BUFFALO perfekt aufgestellt.
Schon mit dem 1972er Debüt ´Dead Forever…´ präsentierte man rückblickend gesehen einen Klassiker. Für die meisten Rock-Nerds ist allerdings das ein Jahr später erschienene ´Volcanic Rock´ das intensivste Vermächtnis der Australier. Harter, schwerer, teils Boogie-/ Stoner beeinflusster Proto-Metal über sechs Songs verteilt, ist ein echter Klassiker des Genres. Gerade über das letzte Jahrzehnt hinweg gab es immer wieder Anfragen für eine Reunion, was aber aus diversen Gründen, u.a. auch Todesfälle, u.a. Peter Wells, nicht möglich war.
2018, zum 45-jährigen Jubiläum des Albums, wagte Sänger Dave Tice das Ungewöhnliche. Er holte drei befreundete Musiker zusammen, nannte BUFFALO nun BUFFALO REVISITED und spielte einen exklusiven Auftritt, der die Stücke des besagten Albums beinhaltete. Dieser Auftritt wurde am 6. Juni 2018 im “The Bald Faced Stag Hotel” in Sydney mitgeschnitten und ist nun endlich, nach über fünf Jahren Verspätung, veröffentlicht worden. Das überraschendste an diesem Album ist der Umstand, dass Dave Tice eine Gesangsperformance lieferte (mit damals knapp 70 Jahren), die kaum Abnutzungserscheinungen seiner Stimme erkennen ließ. Seine unverwechselbare Stimme hat bis heute gehalten. Musikalisch gesehen ist die Kiste okay, aber irgendwie fehlt es hier und da an Power, die gewaltige Energie der ursprünglichen Versionen, zumindest bei der Hälfte des Stücke, wird nicht wirklich erreicht. Vielleicht war man einfach zu sehr drauf bedacht, so nahe am Original zu bleiben wie möglich. Die ursprüngliche Energie hat man gut bei ´Pound Of Flash/Shylock´ und ´Til My Death´ eingefangen, beim Rest hat man das Gefühl, es fehlt was. Dennoch ist das Album australisch-musikalisches Kulturgut und wird natürlich als Vinyl in die Sammlung eingepflegt.
(ohne Wertung – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/buffalorevisited
JIMMY CAVALLO – Rocks
2021 (Bear Family) – Stil: Rock
Endlich holt eine Zusammenstellung mit 27 Titeln Jimmy Cavallo aus dem Schatten von anderen Größen wie Bill Haley. Denn auf ´Rocks´ wird nicht nur ein großer Überblick über Jimmy Cavallos Karriere von 1956 bis 2006 gespannt. Die Kompilation enthält alle Songs von Jimmy Cavallo and His House Rockers, seine Tage im Rhythm ‘n‘ Blues bis hin zur Rückkehr zu seinen R&B-Wurzeln, all seine Einspielungen in den Fünfzigerjahren, gesuchte Aufnahmen für die Labels Sunnyside und Hand sowie neueres für Blue Wave Records. Da diese Zusammenstellung vollständig ist, sind ebenso die Songs seiner berühmten Auftritte in dem 1956er Film “Rock, Rock, Rock” enthalten. Im gewohnt umfangreichen Booklet wird durch Bill Dahl sogar das Geheimnis aufgedeckt, ob Jimmy Cavallos Name Cavallo oder Cavello ist.
(Michael Haifl)
DAILY THOMPSON – God Of Spinoza
2021 (Noisolution) – Stil: Alternative/Desert/Psychedelic Rock
Ganz entspannt?
Dann darf es mit DAILY THOMPSON weiter gehen. Denn das Space und Stoner Trio lebt sein Leben und seine Songs derzeit ganz in den alternativen Welten der Neunzigerjahre aus. Noise Rock, Indie Rock, Alternative Rock blühen dabei nicht alleine wieder auf, auch der Grunge schaut um die Ecke, der alteingesessene Psychedelic Rock ist ohnehin im Bandsound vorhanden.
Somit haben die Dortmunder Boys zwar etwas von ihrem alten Dampf verloren, aber ganz entspannt andere großartige Tugenden angenommen. Dat ist Grunge, Garage und Indie Rock mit Killer-Fuzz-Desert-Blues, wie man ohne Kokolores im Ruhrgebiet sagt.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/dailythompson.band/
EDGE OF PARADISE – The Unknown
2021 (Frontiers Music s.r.l.) – Stil: Sinfonic Metal
EDGE OF PARADISE sind eine sinfonische Metal-Band. Das vierte Studio-Album der Kalifornier aus Los Angeles nennt sich ´The Unknown´ und bietet den gewohnt sinfonischen, mit Keyboards und Synthesizern aufgepeppten, äußerst modernen Sound, dem Frontlady und Bandgründerin Margarita Monet vorsteht. Die Stärken Margarita Monets offenbaren sich natürlich immer dann, wenn sie die Kompositionen eher gefühlvoll in das Mikrofon haucht.
An EDGE OF PARADISE werden alle Menschen Gefallen finden, die poppige und süßliche Klänge mit einer hohen Gesangsstimme vorziehen. Female fronted-, faszinierende Stimmen-Genießer sollten EDGE OF PARADISE ebenfalls im Morgengrauen auskundschaften.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/EdgeOfParadiseBand/
ERNTE – Geist und Hexerei
2021 (Vendetta Records) – Stil: True Hellvetic Black Metal
Glöckchen und archaisch anmutendes Violinenspiel rufen zum düsteren Ritual, tribaleske Drums treten hinzu, und plötzlich faucht uns eine angsteinflößende Stimme aus dem Hintergrund an – da sind wir schon gefangen im pechschwarzen Kosmos des neuen Schweizer Duos ERNTE. ´Geist und Hexerei´, beschreibt das etwa die Aufgabenteilung der beiden Protagonisten? Sicherlich nicht, denn auch wenn die Gitarren genreüblich mit flirrendem Riffing dominieren, so beherrscht Witch N.s (ASHTAR, Ex-shEver) selbstbewusst keifender, durch Mark und Bein schneidender Gesang doch jederzeit diese intensive Introspektion, und bildet einen faszinierenden Kontrast zu den gespenstischen Melodien und eiskalten Soundlayern, die Mastermind V. Noir aufschichtet. Doch hier ist noch deutlich mehr im Spiel: schwermütig doomig-schleppende Passagen oder auch postmetallische, akustische Ambientparts wechseln immer wieder abrupt ab mit tremoloverzierten Hochgeschwindigkeitsausbrüchen, das ist unüberhörbar Black Metal von Musikern, die mit der zweiten Welle aufgewachsen sind, sich dann jedoch anderen Genres zugewandt haben, die immer wieder fast tröstlich in all dieser nihilistischen Verzweiflung aufscheinen. Das ist gelungene Wintermusik, die sich sicher noch aus der etwas einengenden Monotonie befreien wird.
(7,5 Punkte – U.Violet) – https://ernteblackmetal.bandcamp.com – https://www.facebook.com/ernteblackmetal
EVIL SHADE – Vandals
2022 (Chaos Rec./Spookies Productions) – Stil: Speed-/Heavy Metal
Der mexikanische Fünfer aus Santiago de Querétaro legt mit ´Vandals´ eine traditionell ausgerichtete 5-Track EP vor. Wer RUNNING WILD covert, macht umgehend klar, woher die musikalischen Einflüsse kommen. Ihre ´Black Demon´ Version ist ganz nett ausgefallen. Die Gitarren sind etwas rauer, der Gesang unharmonischer, aber akzeptabel.
Man bewegt sich bei den Eigenkompositionen zwischen Speed und klassischem Heavy Metal hin und her. Schon im Opener ´Vandals´ dominiert der Speed Metal, ebenso im folgenden ´Wicked Crusades´, während man dann bei ´Beneath The Pentagramm´ etwas zurückschaltet und hier ganz klar RUNNING WILD-Einflüsse dominieren. ´Shade Of Evil´ ist recht schneller Heavy Metal mit speedigen Tendenzen, allerdings wirkt das Ganze recht simpel aufgebaut. Gesanglich gibt es immer Ausfälle in höhere Tonlagen, was den Stücken einen recht hohen Achtziger-Faktor verleiht. Überhaupt wirken die fünf Songs generell sehr old schoolig und wie aus der Zeitmaschine. Das bieten ja aktuell viele Bands, bei den Mexikanern dringt aber noch eine gewisse Naivität und Holprigkeit durch. Nicht schlecht, aber sicher auch kein Release, der bei solch einem starken Umfeld, in dem sich die Mexikaner bewegen, in der Sammlung stehen muss.
(6,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://www.facebook.com/EvilShadeBand/
FALSE MEMORIES – Echoes Of A Reflection
2021 (Frontiers Music s.r.l.) – Stil: Melodic Gothic Metal
FALSE MEMORIES hatte ich vor ein paar Monaten schon mal besprochen (siehe hier). Ja, ich habe ein super exaktes Gedächtnis und kann mich an alles immer gut erinnern (Achtung Assoziation zum Bandtitel!). Und ich fand die Band ziemlich gut, vor allem dank der klaren Produktion, dem ordentlichen Einsatz der Gitarre und dem Gesang von Rosella Moscatello. Schöner Name übrigens.
Mit ´Echoes Of A Reflection´ wird eine 5 Song EP mit Coverversionen vorgelegt. LACUNA COIL, PARADISE LOST oder ALL ABOUT EVE und THE GATHERING, alles keine überraschenden Bands, wenn man die musikalischen Vorlieben von FALSE MEMORIES betrachtet. ´Forever Failure´ der für mich traditionell deutlich überbewerteten PARADISE LOST (au, jetzt krieg ich Prügel) gefällt mir mit der siebenminütigen ALL ABOUT EVE-Power Ballade ´December´ am besten. Aber auch das melancholische und abwechslungsreiche ´My Twin´, im Original von KATATONIA, und das harte ´Strange Machines´ von THE GATHERING sind ordentlich. Spannender wäre vielleicht etwas von CHRISTIAN DEATH gewesen, meiner Lieblings-Gothic-Band. Aber vielleicht fehlt mir auch das gotische Gespür.
(Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/falsememoriesband
FATEFUL FINALITY – Finish ´Em (EP)
2021 (Blood Blast Distribution) – Stil: Thrash Metal
Baden-Württembergs finest Thrasher aus Weil der Stadt lassen wieder den Knüppel aus dem Sack. FATEFUL FINALITY schenken vor ihrem fünften Studioalbum zur Überbrückung der Wartezeit noch fix die Vier-Track EP ´Finish ´Em´ aus.
Dabei haben sie geschwindigkeitsmäßig vom Midtempo bis zum Speed alles im Griff. Da fügt obendrein der Thrash-Gesang und das Thrash-Geschrei von den Gitarristen Simon Schwarzer und Patrick Prochiner noch die richtige Würze zum Spiel.
Bereits diese vier Kompositionen strotzen vor Abwechslung und Bay Area-Melodien, so dass nicht nur die stabile Anhängerschaft in der Wartezeit auf das nächste vollständige Studiowerk zu ´Finish ´Em´ greift, sondern auch Neueinsteiger, die das gewisse Etwas ebenso an EXODUS, MACHINE HEAD und THE HAUNTED schätzen.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/Fateful.Finality.Metal
HÄMATOM – Die Liebe ist tot
2021 (Anti Alles/Rough Trade)
Eben haben sich HÄMATOM noch im Berlin der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gesonnt, schon bemerken sie die Grabenkämpfe, den Frust, den Ärger und den Hass der gegenwärtigen 20er Jahre und vermissen die Liebe.
HÄMATOM ziehen sich neue Masken auf und fördern mit frischer Energie und Lust neue Melodien zutage. Gefährlich wird es allein für HÄMATOM selbst, wenn dabei die Grenze zum Kitschigen und zum Schlagerhaften, etwa in ´Liebe auf den ersten Fick´, in Sicht ist. Denn meistens können sie es. Manchmal sind sie brutal, manchmal sind sie zärtlich. Bewusst oder unbewusst. Sie sind groovig und bewusst modern hart.
´Jeder gegen jeden´ ist daher gleichsam das Motto des Albums und der Song, der die breite Hardrock-Masse einfängt, auch wenn es erst ´Ich hasse euch alle´ auf den Punkt bringt.
(7 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/haematommusic
VANESA HARBEK – Visiones
2022 (A1 Records) – Stil: Latin/Bluesrock
Der nächste Insidertipp, den es momentan vielleicht noch für zehn Euro an der Abendkasse live im Club zu sehen gibt, bevor die Preise für Superstars steigen, kommt aus Berlin und heißt Vanesa Harbek. Die heiße Latin-Lady stammt allerdings ursprünglich aus Argentinien und hat vor fünf Jahren ihre Heimat verlassen, weil sie in der dortigen Szene als Frau kaum einen Fuß in die Tür bekam. Sie singt daher auch auf Englisch und Portugiesisch.
Vanesa Harbek ist jedoch in jeder Hinsicht eine echte Künstlerin. Neben ihrem Gitarrenspiel musiziert sie in ihren zwölf Songs auch noch höchstpersönlich mit der Trompete. Daher ist es nicht verwunderlich, dass aus dem dritten Album von Vanesa Harbek an des Hörers Ohr nicht nur Blues dringt, sondern auch Elemente aus Samba, Salsa und Tango. Letztlich konnte sie im Vorfeld Labelchef/Produzent Martin Engelien immens für sich begeistern. Der spielte daraufhin nicht nur selbst den Bass ein, sondern konnte Schlagzeuger Bernie Bovens, Pitti Hecht an den Percussions und Keyboarder Thomas Hufschmidt einspannen.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/vanesaharbekbluesband
IMPENDING DOOM – Hellbent
2022 (MNRK Heavy) – Stil: Deathcore
IMPENDING DOOM sind old school und bleiben es. Die US-Amerikaner dürften mittlerweile als christliche Deathcore-Legende angesehen werden. Dennoch reicht es völlig aus, ihnen auf dieser EP 20 Minuten lang über fünf Songs zuzuhören.
Während der Opener ´Satanic Panic´ noch in die Vollen greift – “Satanic panic. Every day gets a little closer. You will feel the wrath of God when we watch the noose drop. Vengeance is His name!” – verflachen hernach der Ansatz und die Ideen. Nur Aggressivität im Midtempo ist schließlich nicht ein unbedingt dankbar annehmbares, göttliches Geschenk.
Bis zur nächsten EP sollten jetzt erst einmal wieder sechs Studioalben folgen.
(6,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/impendingdoom
KADAVAR / ELDER – Eldovar – A Story Of Darkness & Light
2021 (Robotor Records / Rough Trade) – Stil: Heavy Psych Prog
Eine traumgleiche Improvisation, eine Reise tief in das psychedelisch-progressive Herz der späten Sixties, die sich nach mehreren Durchläufen schließlich doch als zarte, aber strukturierte Liebesgeschichte mit allen Ups and Downs und dem ständigen Spiel der Gegensätze herausstellt, haben die beiden in Berlin ansässigen Bands zusammen während des Lockdowns 2021 geschrieben. Eldovar ist kein Hippie-Eldorado, aber fast – die vordergründig menschenleere Hauptstadt nimmt die Musiker gefangen und verzaubert sie, gibt ihnen den Raum und die Ruhe, sich miteinander auszuprobieren und aneinander zu reiben. Die Spannung zwischen beiden Bands ist zu spüren, KADAVAR würden oft gerne losgaloppieren, doch werden gebremst und wieder eingefangen vom mäandernd-verspielten Stil der Amerikaner, dabei spielen sie zusammen doch etwas, was weit entfernt von beider üblicher Stilistiken ist. Herausgekommen ist eine intime, freigeistige und oft auch schräge Hommage an die britischen und auch krautigen Berliner Schule-Urgründe der progressiven Rockmusik, in der sich Klaus Schulze und LED ZEP genauso wiederfinden wie die BEATLES, CREAM oder PINK FLOYD. Mit dem Longtrack ´Blood Moon Night´ enthält das Ganze als Krönung zudem noch einen veritablen, völlig aus der Zeit gefallenen Hit, bei dem man nie ahnen würde, wer dahinter steckt. Und dafür gibt’s 8 Punkte!
(U.Violet) – https://www.facebook.com/KadavarOfficial – https://www.facebook.com/elderofficial
KAVRILA – Mor
2021 (Narshardaa Records/Broken Silence)
Zwischen den ersten und den zweiten ´Rituals´ stand die Full-Length-Scheibe ´Blight´; jetzt folgt auf das dritte Ritual eine 28-minütige Scheibe namens ´Mor´.
Die Hamburger KAVRILA gönnten sich diesmal nur zwei Tage im Studio, um die Scheibe mit dem Produzenten/Toningenieur Timo Höcke in dessen “Wellenschmiede Studio” live aufzunehmen. Die Spontanität soll die Läuterung durch ´Mor´ unterstützen. Die Demoralisierung in den Tiefen des Sludge und Doom wird von der Verdrossenheit des Post Hardcore überrannt.
´Mor´ ist ein Tagebuch der Rückschläge und des Verfalls, denn Sänger/Textschreiber Alex Bujacks Mutter starb im Vorfeld der Produktion: “Respektiere, was du verloren hast und nimm an, was folgt …”
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/kavrilaband
KONTACT – First Contact
2022 (Temple of Mystery Rec., Cursed Ritual Rec.) – Stil: Heavy Metal
Aus Calgary, Kanada, kommt eine Band, welche sich aus TRAVELER- und BLACKRAT-Mitgliedern zusammensetzt und sich schlicht KONTACT nennt. Die fünf Tracks der EP sind nicht leicht zu beschreiben. Und wenn man sieht bzw. hört, dass sich die Youngstern sogar eine SACRED BLADE-Coverversion zutrauen, wird es erst richtig schräg. Was heißt schräg, eher etwas ungewöhnlich und teilexotisch.
SCARED BLADEs ´Fieldz The Sunshrine´ liefern sie jedenfalls großartig. Nahe am Original und doch in kleinen Passagen improvisiert. Ziemlich geil muss ich sagen, gerade was die Gitarren betrifft. Aber das trifft zu großen Teilen auch auf die eigenen Tracks zu. Schon beim Opener ´Ancient Malice´ hört man VOI VOD aber auch JUDAS PRIEST-Einflüsse durchleuchten. Eine recht flotte Nummer, bei der sich Progressiver Metal mit traditionellem Stahl kreuzt. Ganz anders dagegen das folgende ´The Devil In Iron´, das sich durch Doom-Elemente und wiederum zaghafte VOI VOD-Einflüsse empfiehlt. Eine Filmmusik-ähnliche Atmosphäre ist in dem Stück ebenfalls auszumachen. ´Haven´s Gate´ ist dann fast schon simpel für KONTACT-Verhältnisse. Eine tighte, gut nach vorne losgehende, schlichte Metalnummer. Ganz anders wieder ´City Of The Pyramid´, der für mich schwächste und kantigste Song der EP. Kurzum, fünf Songs, die unterschiedlicher kaum sein könnten und doch irgendwie auch zusammenpassen, wenn man mit etwas Abstand auf die EP schaut. Interessante Scheibe, die sicher viele Freunde gewinnen wird, und die Sache mit dem SACRED BLADE-Cover ist zudem sehr clever gemacht.
(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://kontactheavymetal.bandcamp.com/releases
MANTIC RITUAL – Crusader 7“
2022 (Independent Release) – Stil: Heavy-/Power Metal
Erinnert sich noch einer an MANTIC RITUAL und deren recht gutes und einziges 2009er Album ´Executioner´? Das war relativ Thrash Metal-lastig. Danach kam nichts mehr und die Band probierte einen Neustart, der nur kurz danach zu einem erneuten auflösen führte. 2020 hat man einen zweiten Neuanfang gewagt und siehe da, das Line-up hat bis heute gehalten, und besteht aus Dan Wetmore (Vocals, Guitars), Jeff Potts (Guitars), Ben Mottsman (Bass) und Carlos Cruz (Drums).
Gerüchte besagen auch, dass die Truppe nun bei “M-Theory Audio” einen Deal unterzeichnet hat. Bis dahin muss man sich mit einer neuen, limitierten (300 Stück) 7inch zufriedengeben. Bestellen ist allerdings Wahnsinn. Knapp 9 Euro die Single, aber fast 14 Euro Porto! Damit hat es sich dann wohl erledigt. Fuck the postage! Dabei ist ´Crusader´ eigentlich lohnenswert. Neben dem Titeltrack (Eigenkomposition) hat man noch eine Coverversion von MERCYFUL FATE eingeröttelt: ´Black Funeral´. Und die ist saugut geworden. Gesanglich ist das ausgezeichnet gelungen, auch die ganz hohen Tonlagen. Respekt. Der Titeltrack hat mit dem Thrash Metal von 2009 nichts mehr gemein. Heutzutage liefert man tighten US-Power Metal mit sehr fein eingeflochtenen Thrash Metal Riffs. Die Nummer klingt äußerst vielversprechend. Etwas ruppiger Gitarrensound, guter Takt, klassische Vox – gutes Gesamtgerüst. Sehr gefällig und eigentlich den Kauf wert, wenn… Man darf auf das Album gespannt sein.
(7,5 Punkte – Jürgen Tschamler) – https://manticritualthrash.bandcamp.com/album/crusader
ANDREA MOTIS & WDR BIG BAND – Colors & Shadows
2021 (Delta Music Media) – Stil: Jazz / Latin Jazz / Big Band Jazz
Andrea Motis ist ein kleines Wunderkind. 1995 in Barcelona geboren, spielte die spanische Jazz Sängerin und Instrumentalistin bereits mit zwölf Jahren in der SANT ANDREU JAZZ BAND. Seit ihrem siebzehnten Lebensjahr veröffentlichte sie ihre ersten Solo-Scheiben. Ihre 2017er Veröffentlichung ´Emotional Dance´ belegte dabei immerhin 17 Wochen lang Platz 12 der spanischen Charts. Auf der Bühne stand sie schon mit QUINCY JONES, SCOTT HAMILTON und natürlich ihrem Mentor JOAN CHAMORRO.
Anfang April 2021 trat Andrea Motis vor die “WDR Big Band” unter Leitung des Bigband-Leaders Mike Mossman, den Andrea Motis bereits vor zehn Jahren bei den Workshops und dem Festival “Tallers Musicals d’Avinyó” kennen und schätzen gelernt hatte. Jetzt serviert Andrea Motis in ihrer Latin-Jazz-Tradition der “WDR Big Band” mehrheitlich ihre Kompositionen, die diese – von Mike Mossman vortrefflich umarrangiert – zu einem großen Hörerlebnis machen. Das Spiel und der Gesang von Andrea Motis beschwören in der Summe sogar diese gewisse Magie.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/AndreaMotisMusic
NASHVILLE PUSSY – Eaten Alive
2022 (Slinging Pig Records) – Stil: Heavy Metal Rock`n`Roll
Das gemischte Doppel aus den USA gehört zur Kategorie „Live Rampensäue“. Auf Platte rocken NASHVILLE PUSSY schon alles in Grund und Boden, live sind die Amis aber die absolute Macht. Mit bisher acht Studioalben hat man eine ordentliche Basis an Songs für die exzessiven Tourneen. Die Truppe zählt nicht umsonst zu den tourfreudigsten der Szene.
Mit ´Eaten Alive´ hauen sie ein weiteres Livealbum raus, das einmal mehr verdeutlicht, wie intensiv die Band live agiert. Das Album wurde 2018 während der UK-Tour aufgenommen und ist eine gute Momentaufnahme, wie die Band damals klang und wie sich die Setliste zusammensetzte. Der Sound ist fett, das Publikum leider etwas im Hintergrund und alles andere als wild, kurioserweise.
Die Songauswahl ist in dem 19-Song umfassenden Auftritt breit aufgestellt. Schon im Opener ´Kicked In the Teeth´, in typischer AC/DC-Manier, zeigt Gitarristin Ruyter Suys, dass sie mit ihrem begnadeten Gitarrenspiel jede Menge männlicher Konkurrenz in die Tasche steckt. Dass die rasenden Stücke vom legendären Debüt ´Let Them Eat Pussy´ wie ´Go Motherfucker Go´ oder ´First I Look At The Purse´ zu den Highlights gehören, ist selbstredend. Die Nummern rotzen nur so aus den Boxen, nur selten unterbrochen von dreckigen, whiskey-durchtränkten Ansagen von Fronter Blaine Cartwright, der auch noch mit NINE POUND HAMMER voll aktiv ist. ´Eaten Alive´ ist ein astreines Kick Ass-Statement einer Band, von der man live nie genug bekommen kann.
(ohne Wertung – Jürgen Tschamler) – https://www.nashvillepussy.com/
NO GOD ONLY TEETH – Placenta
2021 (Narshardaa Records) – Stil: Sludge/Hardcore/Post Metal
Diese ´Placenta´ ist das Debüt der norddeutschen NO GOD ONLY TEETH. Es bietet hohen weiblichen Gesang, allerdings keinen schrillen japanischen Emo, sondern deutsch vorgetragene, furchteinflößende Schreie. Es bietet mächtige Gitarrenriffs, Break-Gewitter und die gewohnt anschwellenden Tonfolgen zu Themen wie Tod und Verlust, auch des eigenen Ichs.
NO GOD ONLY TEETH haben ihre Wurzeln in den extremen Spielarten ihrer fünf Spießgesellen, die anonym bleiben wollen und sich maximal an Buchstaben wie im Schwarz(wald)metall halten. Bei NO GOD ONLY TEETH bist Du Mensch, wenn Sludge und Hardcore im Post Metal aufgehen. Denn NO GOD ONLY TEETH sind ein echtes Schwergewicht. So soll es sein, auch wenn Du nicht aus Hamburg kommst.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/nogodonlyteeth
SIMONE PRATTICO – Oriundo
2021 (Zamora Label) – Stil: Jazz
Jetzt macht der bekannte Schlagzeuger und Komponist Simone Prattico sein Quartett auf. ´Oriundo´ ist der Nachfolger des 2016er Debütalbums ´Brooklyn Sessions´ und heißt auf Italienisch so viel wie “Eingeborener”. Daher liefert das Quartett SIMONE PRATTICO, KLAUS MUELLER, EDWARD PEREZ und ESSIET OKON ESSIET auch keinen Ausblick in die Vergangenheit oder die Zukunft, sondern zeitgenössischen Jazz.
Zum Einfluss von Simone Prattico und Co-Komponist/Pianist Klaus Mueller, die seit zehn Jahren eine musikalische Freundschaft unterhalten, gehört ihre musikalische Umgebung und die Spontanität ihrer internationalen Reisen. Der in Paris lebende Römer Simone Prattico ist schließlich seit 25 Jahren ein reisender Vagabund zwischen den Staaten. Er spielte in den 80er Jahren mit italienischen Popstars, spielte in den 90er Jahren in Paris und New York, um von dort aus auch die 00er Jahre zu erleben und tritt mit dem Quartett SIMONE PRATTICO, KLAUS MUELLER, EDWARD PEREZ und ESSIET OKON ESSIET nun in die Fußstapfen der klassischen Brooklyn-Sessions. Magnifique.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/simonepratticoofficial/
PREHISTORIC PIGS – The Fourth Moon
2021 (Go Down Records) – Stil: Heavy Psychedelic Stoner Doom
Bereits bei den ersten Klängen von ´The Fourth Moon´ wird klar, dass sich das aus dem im äußersten Nordosten Italiens befindliche Städtchen Mortegliano stammende und 2012 zusammengefundene Trio voll und ganz dem oben angegebenen Genre verschrieben hat. Bis zum Anschlag verzerrter Gitarren saugen den Zuhörern in einen dunklen zähflüssig kreisenden Strudel, aus dem man nur kurzzeitig auftauchen darf, um entweder zwischen brachial hereinbrechenden Wellen zermahlen, oder von sanften Wogen umspielt zu werden…und das bevorzugt im stetigen Wechsel. Auf Gesang verzichtet das Familienunternehmen, es handelt sich um zwei Brüder an Gitarre und Bass sowie einem Cousin am Schlagzeug, dabei gänzlich. Das tut aber der hypnotischen Wirkung der Songs auf diesem vierten Album keinen Abbruch. Über 38 Minuten lang wird gejammt und dabei teilweise derart gescheppert, dass es eine wahre Freude ist. Die Musik eignet sich damit wahlweise zur Tinnitus-Therapie, oder als Einschlafhilfe in Vollmondnächten.
(7 Punkte – Don Carlos) – https://www.facebook.com/PrehistoricPigs
RELATE – Level Up
2021 (Tangrami Records) – Stil: Synthpop
Eben noch vom Synthpop der Achtzigerjahre geträumt, lassen die Gelsenkirchener RELATE den Hörer in der Gegenwart aufwachen. Der Weckruf mit ihrem neuesten Werk ´Level Up´ erfolgt allerdings mitten auf den Tanzflächen der Republik. Besonders der heroische Gesang von Patrick Krahe (auch E-Violine, Gitarre, Keyboards) zu den, die Tanzflächen erobernden Beats sticht dabei sofort ins Ohr. Aber auch Lisa Zuber (Lead-Gitarre, Keyboards) singt bisweilen mit, natürlich ebenso im Duett-Gesang.
Dass RELATE in den gewissen Momenten neben Klavier und wolkenreichen Keyboard-Flächen zeitgleich die Gitarren-Amps derart aufreißen, dass sich der glitzernde Tänzer auf einer metallenen Kreuzfahrt in die Südsee wähnt, wird der Band nicht nur das Synth-Pop-Publikum der ortsansässigen Diskothek bescheren, sondern gleichfalls die aufgeschlossenen Kuttenträger, die mit laufendem Motor und lauter Musik aus den Boxen vor dieser auf ihre Mädels warten.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/RelateBand
TANGLED THOUGHTS OF LEAVING – Deaden The Fields
2011/2021 (Bird’s Robe Records) – Stil: Post Metal/ Rock
Wieder einmal ist es Australien, wieder einmal ist es Post Rock und wieder einmal müssen Genießer begeistert in die Hände klatschen, denn TANGLED THOUGHTS OF LEAVING aus Australien entsprechen allen Ansprüchen und feiern gemeinsam mit ihrem Label “Bird’s Robe Records” das 10-jährige Jubiläum ihres extravaganten Debüts ´Deaden The Fields´ mit einer schönen Wiederveröffentlichung, die die Scheibe erstmals offiziell auf CD und Vinyl in internationale Gewässer schifft.
Dass TANGLED THOUGHTS OF LEAVING bereits ein gewisser Legendenstatus umrankt, ist neben ihren weiteren Scheiben ´Failed By Man And Machine´ (2013),´ Yield To Despair´ (2015) und ´No Tether´ (2018) auch ihren Tourneen mit RUSSIAN CIRCLES, SLEEPMAKESWAVES, KARNIVOOL, THIS WILL DESTROY YOU, DEAD LETTER CIRCUS und BORIS zu verdanken. ´Deaden The Fields´ ist allerdings die große Sinfonie des Prog Rock, des Post Rock und des Jazz zu Beginn ihrer Karriere. Aaron Pollard spielt dabei wunderbar Klaviermelodien, Andrew McDonald ebensolche Zaubereien an seiner Gitarre. Monolithisch startet das Werk mit dem 17-Minüter ´Landmarks´, enthält in der Mitte den 11-Minüter ´Deep Rivers Run Quiet´ und zum Abschluss den 14-Minüter ´They Found My Skull In The Nest Of A Bird´ bereit, ohne die weiteren drei Kompositionen ins Abseits zu stellen. Das ist ganz großes Post Rock-Kino.
(8,5 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/TangledThoughtsOfLeaving
THYRFING – Vanagandr
2021 (Despotz / Rough Trade) – Stil: Viking Metal
Acht Jahre nach ´De Ödeslösa´ kommen THYRFING mit ´Vanagandr´ auch abseits ihrer Live-Aktivitäten endlich wieder einmal aus dem Kreuz. Die nordische Mythologie ist den Schweden in der Zwischenzeit selbstverständlich nicht abhandengekommen, allerdings der Keyboarder und ein Quäntchen funkensprühender Härte.
Dennoch haben Komponist/Gitarrist Patrik Lindgren sowie Gesangsjodler Jens Rydén einige klassische Kompositionen aus dem Ärmel geschüttelt. Dass ansonsten auch üppige Sinfonik, epische Melodien und abwechslungsreiches Songwriting im heiseren und aggressiven Viking Metal in der Nähe zum Death und Black Metal Trumpf sind, wird langjährige Begleiter mit Helm und Armbrust selbst auf dem achten Studiowerk nicht überraschen. Schließlich sind THYRFING eine der wenigen ernstzunehmenden Akteure des Genres, gerade weil sie ohne Schlager-Reflexe ihre heidnische Folklore preisen.
(8 Punkte – Michael Haifl) – https://www.facebook.com/thyrfingofficial
TIGERLEECH – Melancholy Bridge
2021 (M&O MUSIC) – Stil: Stoner/Sludge
Lass’ den Tiger aus Dir. Reiß’ den TIGERLEECH an Dich. Der französische Tiger ist bereits seit 2013 aus dem Käfig ausgebrochen und hat seine ersten Kratzer mit seinem ersten, 2019er Album ´The Edge Of The End´ hinterlassen.
Schon vor zwei Jahren glaubten TIGERLEECH, ihren Stil aus Sludge und Stoner gefunden zu haben. Doch 2021 ist die Musik atmosphärischer und rhythmischer geworden. Sound als auch Texte sind dunkler, der TIGERLEECH ist schwerfälliger, aber nicht ungefährlicher geworden. Ganz den Zeiten entsprechend.
Dementsprechend sinniert der TIGERLEECH über Depressionen, über den Zustand unserer Welt und der Gesellschaft und unsere egozentrischen Führer. Kein Wunder, dass TIGERLEECH melancholisch werden.
(Michael Haifl) – https://www.facebook.com/Tigerleechband/
TREHA SEKTORI – Rejet
2021 (Norma Evangelium Diaboli) – Stil: Dark / Ritual Ambient
Beatboxing im Dark Ambient? Bei Dehn Sora, bekannt als Musiker (THROANE, OVTRENOIR) und Graphiker vieler düsterer und vieldeutiger Artworks nicht nur aus dem Church Of Ra-Umfeld, ist alles inklusive. Was er nicht mit seiner eigenen Atmung, mit Klage- und Schnalzlauten, Tiergeräuschen oder tatsächlichem Gesang, gerne gregorianisch vervielfacht und natürlich stets in seiner eigenen Phantasiesprache artikuliert zustande bringt an Klängen, Loops und Rhythmen, das erzeugt er eben elektronisch. Da können dann Soundscapes endlos schwebend in der Luft hängen, schräg und bedrohlich quietschend wie in einem Horrorfilm nach einem greifen, nach gefährlich summenden Insekten bis hin zu einem gerade auffliegenden Bienenschwarm klingen, oder nach geisterhaften Trommlern, die einen Totentanz begleiten. All dies erzeugt starke innere Bilder, kraftvolle, aber keineswegs fröhliche. Wie auch, bezieht sich ´Rejet´ doch auf die Unsterblichwerdung des Körpers durch Überwindung des Schmerzes – die pure Transzendenz also. Worte sind da überflüssig, ja störend, und so erleben wir einen instrumentalen Soundtrack, der einen Endzeitfilm vertonen könnte. Im Kopf des Hörers passiert das jedoch auch ganz ohne Visuals. Groß!
(8 Punkte – U.Violet) – http://trehasektori.bandcamp.com – https://www.facebook.com/trehasektori
TYGERS OF PAN TANG – A New Heartbeat
2022 (Target/Mighty Muusic) – Stil: Melodic Metal
Nach der Best Of im letzten Jahr wurde es wohl Zeit für ein neues Lebenszeichen. Die Corona-Pause und Jack Meilles Arbeit mit SAINTED SINNERS hat wohl gut getan. Als Ausblick auf ein folgendes Album gibt es zwei neue und zwei neu aufgenommene Songs vom TYGERS-Debüt ´Wild Cat´. Da ist wieder mehr Rotz und Rock drin als zuletzt. Das tut den Tigern gut. Der Bass mit Neuzugang Huw Holding böllert wie weiland MOTÖRHEAD. Dabei bleiben die TOPT immer auf der melodischen Schiene und schreiben Eingängigkeit und Hitverdacht weiterhin groß.
Das macht Vorfreude auf das was kommt.
(Ohne Wertung – Mario Wolski) – https://www.facebook.com/tygersofpantangofficial
V/A – That’ll Flat Git It – Vol. 40 – Rockabilly & Rock ‘n’ Roll From The Vaults Of MGM, Cub And Metro Records
2022 (Bear Family) – Stil: Rock’n’Roll
Die “Bear Family” hat einen Nachschlag mit Rockabilly-Songs aus den Veröffentlichungen von “M-G-M Records” sowie dessen Sublabels “Cub” und “Metro” anzubieten. Die Kompilation darf somit als Fortsetzung von ´That’ll Flat Git It! Vol. 7´ angesehen werden.
Es gibt den auch durch “M-G-M Records” Mitte der 50er Jahre initiierten Rockabilly zu hören. Wir vernehmen bekanntere Rocker wie Buck Griffin, Marvin Rainwater und Andy Starr, die nicht mehr aufzuhalten waren; wir lauschen aber auch unbekannteren Größen wie Gary Walker, George McCormick, Ricky Scott, Rita Faye, Bob Riley oder Don Ruby. Hinzu kommen zwei mächtige Country-Rock-Lieder aus dem Label-Katalog, von Don Gibson und Arthur “Guitar Boogie” Smith, die noch vor dem Rockabilly-Boom entstanden sind und dem Hörer nicht vorenthalten werden dürfen.
(Michael Haifl)
VEKTOR SEVEN – Electric Blood
2021 (Darkhan Music) – Stil: Darksynth
Captain Future ist ein alter, desillusionierter Pirat geworden und hört keine Hymnen mit himmlischem Frauengesang mehr, sondern er erfreut sich an wabernder, sägender Synthie-Rhythmik, denn nach seiner fatalen Begegnung mit VEKTOR SEVEN wurde sein letzter Tropfen organischen Lebenssaftes gegen ´Electric Blood´ ausgetauscht und das ist gut so.
Prof. Simon Wright wurde wie auch das Gehirn Albert Einsteins eingefroren, Grag wurde demontiert und zum Sequenzer rekonstruiert, Otho einfach durch die Luftschleuse gejagt und Joan Landor fristet das Dasein einer fernöstlichen Sexpuppe. Der Captain selbst steuert die Comet nun mittlerweile durch japanische Spiralnebel (neuestes Werk: ´Crimson Sunrise´), denn nach mittlerweile 15 Single- über EP- bis Full-Length Warpdrives eröffnet er sich selbst ständig neue Galaxien. Sein ´Electric Blood´ bleibt dennoch besonders als Vinyl das Lebenselixir für (T)Raum(ab)fahrer, denen John Carpenter und Soundtracks von Serien wie ´Stranger Things´ niemals genug werden können.
Sehr Beat- als auch Melodiebetont mit teilweise fast funky Bässen ist VEKTOR SEVEN undiskutierbares Pflichtprogramm für zeitlos-abgespacete 80er Elektrolurchies.
(Less Lessmeister) – www.facebook.com/VectorSevenMusic – vectorseven.bandcamp.com
ZELBO – In My Dreams
2021 (Frontiers Music) – Stil: AOR / Melodic Rock
Nachdem die bisherige Vorweihnachtswelle von Frontiers ganz okay bis ordentlich gut war, kommt jetzt doch ein Leichtgewicht aus „Black Metal Norwegen“. Na ja, AHA gibt/gab es dort ja auch.
Die vier Musiker um Keyboarder Dag Selboskar und Gitarrist Ken Ingwersen, der auch schon irgendwie bei URIAH HEEPs Ken Hensleys Band war, als der noch lebte, sind schon ziemlich auf seichte Töne abonniert. Da fällt es mir schon ab dem zweiten Song ´Fortune & Fame´ schwer, am Ball -sprich Lautsprecher zu – bleiben. Sänger Frode Vassel ist mir auch einfach zu weich und fällt gegenüber den anderen, meist ordentlichen Kollegen bei seinem Label, ziemlich ab. Auch die Hooks und Melodien sind eher langweilig und matt.
Wirklich, jetzt keine katastrophal schlechte Musik, aber viel zu viel Mainstream und viel zu wenig Charakter. Bei einem Titelnamen wie ´Wild, Young And Free´ wäre mir dann sogar am Titel assoziierter Hair Metal lieber und das sagt schon viel über meine Rezeption von ZELBOs Musik. Aber auch ´Wild, Young And Free´ ist schwach und schmalbrüstig. Und auch wenn beim nächsten Song eine „Jon Lord-Orgel“ ein paar Sekunden Schwung reinbringt, geht’s gleich so weiter. Die Platte erholt sich auch bis zum Ende nicht mehr. Aber ich habe durchgehalten. Bei ´Beautiful Flyaway´ wird es dann noch poppiger. „Melodic“ okay, aber den „Rock“ muss man schon suchen. ´Waiting For The End´, der vorletzte Titel, drückt meine Gefühle von der Titelnennung ganz gut aus.
(4,5 Punkte – Harald Pfeiffer) – https://www.facebook.com/ZELBOtheBAND/
Bis zum nächsten Klick.
Euer Michael und das gesamte SaitenKult-Team