SUCCUMB – XXI
~ 2021 (The Flenser) – Stil: Death Metal ~
SUCCUMBs selbstbetiteltes Debütalbum von 2017 war bereits markerschütternd, mit einem Gesang, der klang, als ob er direkt aus den Korridoren eines Irrenhauses heraushallt. Wenn ´Succumb´ bereits eine erste Begegnung mit dem Wahnsinn auf Augenhöhe war, so bringt uns das Nachfolgewerk ´XXI´ der Bay Area-Band nun direkt in die Gummizelle – Death Metal in seiner absolut schmutzigsten, widerlichsten Form! Die Band nutzt eine ästhetische Dunkelheit, die über den bloßen Ton hinausgeht, und sie scheinen den Klang einer drohenden Apokalypse in ihrer Musik einzufangen, die in ihrer Intensität ebenso bestrafend wie ästhetisch fesselnd ist.
Die unheimlichen Vocals von Sängerin Cheri Musrasrik stehen dabei klar im Zentrum des Geschehens, während die unterstützenden Growls von Bassist Kirk Spaseff furchteinflößend von unten emporsteigen. SUCCUMBs Gewalt-Sound ist ein einziger Ansturm von Riffs und explosiven Drum-Bursts, und die Band nimmt sich während ihrer Sprints meist nur sehr wenig Zeit für Grooves oder Hooks und setzt jedes Werkzeug ihres Arsenals ein, um durch Minenfelder aus Trommelwirbeln und Obertönen hindurch zu galoppieren.
Bei aller Wildheit gibt es jedoch auch Momente, in denen sich das Album intim, sogar nachdenklich anfühlt, und die lyrischen Inspirationen wirken wie Berichte aus erster Hand über Begegnungen mit dem Bösen. Aber wann immer sie es sich gerade bequem machen, so gibt es urplötzlich ein Moment des Schreckens – wie etwa die Gitarren, die unerbittlich wie ein Bienenschwarm in ´Maenad´ wirbeln oder die klobigen Akkorde in ´Smoke´. In dieser Hinsicht spiegelt ´XXI´ das unermüdliche Tempo seines Vorgängers wider.
Diese explosive Energie ist in jedem Track zu hören, aber SUCCUMB lassen sich nun eben oftmals mehr Raum, um sich auszustrecken und zu erkunden, und um noch mehr atemberaubende Antagonismen zu erschaffen. Wo ´Maenad´ noch ihre Vorliebe für ausladende Angriffe zeigt, wogt ein Stück wie ´Okeanos´ hingegen mit Circle-Pit-Groove und Momenten unheilvoller Gitarren-Arpeggio-Dissonanzen zwischen den Blasts auf. Doch gerade im übernatürlichen Bösen eines Songs wie ´Graal´ erscheint der bestialische Ansatz zugleich kunstvoll und transzendent in seiner Feindseligkeit.
Cheri Musrasriks unheimliche Stimme ist anders als im herkömmlichen Death Metal, eher ein grobes Heulen als das übliche Todesknurren, und sie verleiht den Texten, die sich wie Nacherzählungen über arkane Zeremonien und verfluchte Blutlinien anfühlen, ein Gefühl der Potenzsteigerung.
Während Drummer Harry Cantwell auch hinter dem Kit der Post-Black Metal-Experimentalisten BOSSE-DE-NAGE sitzt und auch einige Jahre bei THE LORD WEIRD SLOUGH FEG verbrachte, spielen die anderen Bandmitglieder ausschließlich in SUCCUMB. Alle vier haben offensichtlich reichlich Zeit damit verbracht, ihre Waffen für dieses Album nochmals zu schärfen, und Derek Websters herausragende Gitarrenarbeit kommt nun noch viel stärker zur Geltung als zuvor.
Die Produktion des Albums unter der Leitung von Jack Shirley, zu dessen Credits unter anderem OATHBREAKER, DEAFHEAVEN und BOTANIST gehören, bringt dem Hörer die versteinerte Lärmwand zudem deutlich näher.
´XXI´ mag zwar ungemein angsteinflößend sein, mit all der Boshaftigkeit in Großbuchstaben, halluzinatorischen Texten und Katarakten dissonanter Gitarren, aber beim wiederholten Hören rücken auch Melodiefetzen in den Fokus, und gerade das zerebrale Wirrwarr enthüllt das Album als eine fast zeitlose Reise durch Jahrtausende von menschlichem Chaos.
Der gallenkehlige, ätzende Stil des Todesmetalls, den SUCCUMB hier ausübt, fühlt sich jedenfalls in einer Ära besonders passend an, die von neuen Formen von Paranoia, Ignoranz und Gewalt geprägt ist. ´XXI´ spricht zwar nicht direkt die Art und Weise an, in der die Gesellschaft dem Chaos ausgesetzt scheint, aber es fühlt sich wie ein notwendiges Stärkungsmittel dafür an – weniger ein Schrei der Verzweiflung als eine Waffe der reinen Katharsis. Neben ´The Nightmare Of Being´ von AT THE GATES das klare Death Metal-Highlight des Jahres!
(8,5 ultraschwere Punkte)