DENNIS DEYOUNG – 26 East: Volume 2
~ 2020 (Frontiers Records S.R.l. / Soulfood) – Stil: Classic Rock ~
Der 4. Advent rückt näher und einer gewissen, besinnlichen Aura kann selbst ich mich nicht länger entziehen. Ich bin euch sowieso noch was schuldig, meine lieben STYXchen. Ich musste auch lange mit meinem Gewissen hadern, um euch ´26 East: Volume 2´ so ans Herz legen zu können, wie ich ´26 East: Volume 1´ als unverzichtbar in euch reingeprügelt habe.
Woran hat et jelegen? Dat is natürlisch immer so die Frage… isch sach’ natürlich immer: Woran hat et jelegen? Dat fracht man sisch nachher natürlisch immer so, woran et jelegen hat ( für Nicht-Insider siehe hier)
Zu lange hatte ich den Eindruck, dass alle Songs mit dem großen Jim Peterik (ex-SURVIVOR, PRIDE OF LIONS) auf einmal geschrieben wurden, aber erstmal nur die Stärksten auf dem ersten Teil verbraten wurden. Und dann kam sozusagen “Highlander 2”, um im Filmjargon zu sprechen. Nun ja, lange habe ich die zunächst weniger geliebte, mutmaßlich hässlichere Nachgeburt nun im Ohr gehabt und siehe da: es zündet letztendlich doch.
Zu harmlos rockend klangen wohl bei den ersten Durchgängen ´Hello Goodbye´, ´St. Quarantine ´ oder ´Land Of The Living´ – welches dennoch feinlecker hitverdächtig lockt – und lenkten dabei von den wahren Juwelen ab. Oder lag es doch auch ein bisschen am etwas lethargischen Schlagercover im direkten Vergleich zum grandiosen Artwork des Vorgängers? Einerlei, ´The Last Guitar Hero´ – bei welchem Tom Morello ein Gastspiel gibt – fetzt schon ganz schön in guter, alter STYX-Manier und könnte sich durchaus auf der neuesten, überragenden ´Crash Of The Crown´ seiner alten Weggefährten wiederfinden.
Und mal ehrlich: Wenn uns Mr. DeYoung nicht gefühlvoll soulig-musical-gospelig mit ´Your Saving Grace´ oder der klassisch-balladesken Qualitätsschnulze ´Made For Each Other´ inklusive QUEEN-Gitarrensolo die Lauscher streicheln würde, wäre das Kuschelvolk auch beleidigt und diejenigen, die STYX aufgrund solcher Songs von jeher nicht leiden mögen, können mir jetzt auch gestohlen bleiben. Da dachte ich zunächst, dass es spätestens mit ´There’s No Turning Back Time´ langsam anfängt, etwas zu besinnlich zu werden, doch eine gelungene Steigerung nach Akustikgitarreneinsatz lässt auch diesen Song zu einer fetten Hymne mutieren, die sich sogar ins Uptempo auswächst. Hammer!
´Proof Of Heaven´ mausert sich mit etwas Abstand nun doch zum locker-flockigen, aber dennoch starken Opus mit SUPERTRAMP-Anleihen. Unterm Weihnachtsbaum wird das mein feierliche Alternative zu dem ganzen Kerzchen-Herzchen-Geklingel. Als absoluten Epik-Brecher plus KANSAS-Geige zeigt sich ´Little Did We Know´, einen PINK FLOYD-light Ausflug stellt ´Always Time´ dar und ´The Isle Of Misanthrope´ beginnt einfach wunderschön, um im weiteren Verlauf erneut epische Register zu ziehen. Wow! Erwähnte ich eigentlich die grandios rockige Gitarrenarbeit auf dem gesamten Album? Geschichtsträchtig feierlich wie auch auf ´26 East: Volume 1´ mit der Extravorstellung im “Paradise Theatre” lädt uns Dennis zu einer letzten Segeltour zur “Grand Illusion” im ´Grand Finale´ ein und danach herrscht bei mir Stille, Dankbarkeit und ein bisschen Wehmut.
Schande über mein Haupt, muss ich nun im Nachhinein gestehen. Wahrscheinlich hat mich der erste Teil auch aufgrund der langen Abwesenheit einer der besten, ewig jungen Stimmen des Classic Rock von Anfang an mitgenommen… Fakt ist, dass wer ´Volume 1´ sagt, auch ´Volume 2´ haben muss, zumal es wohl wahrscheinlich als das Studio-Abschiedswerk von DENNIS DEYOUNG in die Musikgeschichte eingehen wird. Jedoch ist er wohl keineswegs zu alt, um nicht noch weiterhin auf der Bühne zu stehen. Ab untern’ Weihnachtsbaum, liebe Schwestern und Brüder!