MEGA COLOSSUS – Riptime
~ 2021 (Rafchild Records) – Stil: Heavy/Power Metal ~
Viele Nachwuchskapellen wurden in den vergangenen Jahren als jung und wild statuiert, doch selbst eine Dekade später sind sie im Erwachsenenalter immer noch nicht zu den Großen der Szene aufgestiegen, womöglich auch, weil die traditionelle Heavy Metal-Szene eher schrumpft als wächst. Dennoch gehen viele Gruppen weiterhin unbeugsam ihren Weg, während sich andere dem fehlenden Interesse längst beugen mussten.
MEGA COLOSSUS aus North Carolina dürfen sich mittlerweile als etabliert ansehen, auch wenn sie gefühlt nur alle Schaltjahre mit einem neuen Studioalbum im Hier und Jetzt der Szene aufkreuzen. Immerhin sind sie seit 2005, vormals unter dem Namen COLOSSUS aktiv. Ihre Wildheit und Jugendlichkeit tragen sie allerdings erst 2021 richtig zur Schau. Ihr vormals ordentlich rockender und sophisticated Heavy Metal hat sich im vergangenen Pestjahr einer Frischzellenkur unterworfen. Das insgesamt sechste Studioalbum, zählt man ebenso die kurzen Scheiben hinzu, schneit unter dem Titel ´Riptime´ vollgedröhnt mit Steroiden und einer kräftigen Dosis Adrenalin dicht vor dem Fest aller Feste zur Tür herein.
Dennoch wird eines in diesen Tagen auch mit ´Riptime´ sicherlich umgehend klar, MEGA COLOSSUS aus Raleigh sind zu keiner Sekunde ein Rip-Off. Sie liefern durchgehend knackige und originale Riffs, gerne auch im Galopp über Berg und Tal abfeuernd, und präsentieren ihren traditionellen Heavy Metal mit fließenden Melodien variantenreich und abwechslungsreich in Geschwindigkeit. Ihrer Mischung aus SLOUGH FEG und VISIGOTH bleiben sie zwar im Grundverständnis treu, dennoch transportieren die neuen Kompositionen eine derartige Fröhlichkeit, dass sich die hinausspritzende Energie – ohne glücklicherweise im Happy Metal zu enden – als aufgeblasenes Kraftpaket entpuppen kann. War der Heavy Metal zu Zeiten von ´HyperGlaive´ noch kraftvoll geerdet, so schaut mittlerweile – atmosphärisch in etwa wie bei der letzten TWISTED TOWER DIRE – der Übermut aus allen Ritzen und Ecken heraus. Nichtsdestotrotz werden viele Nietenträger darin einen größeren Unterhaltungswert als zuletzt sehen. Allein der Erfolg wird ihnen recht geben.
Zum lustigen und fröhlichen Kopfschütteln lädt stante pede der Speed-Opener ´Razor City´ ein. Auf dieser Seite der Scheibe sind MEGA COLOSSUS tatsächlich feurig wie das Jungwild, um bei den finalen Kicks mit Shouts (“Cut your way out”) und hohen Screams (“Razor City”) alle Zweifler zur Strecke zu bringen. Sie könnten in dieser Form sogar RIOT V beerben, mit der rappelnden Hymne ´Midnight Zone´ hingegen eher die britischen und jungen Kollegen von DARK FOREST. Denn derart beschwingt sind noch nicht viele wackere Recken in die Schlacht gezogen. ´Vigilo Confido´ wird indes, ungeachtet der besungenen Thematik, nicht die freudige Antwort auf AGENT STEEL, sondern entfaltet sich gefällig zu einigen SLOUGH FEG-Wegweisern. Als lyrisch scheinbar eingängigstes Musikstück zum Anfeuern und Mitsingen zeigt sich ´Tinker Tanner´ in seiner Entwicklung jedoch äußerst verschlungen und unterhaltsam.
Auf der anderen Seite der angedachten Vinyl-Seite starten MEGA COLOSSUS ebenfalls im Speed-Modus, nach einem einführenden Criss Oliva aka Brian May Gitarrentwist im schnellen Melodic-Happen ´Run To The Fight´. In diesen Augenblicken könnten sie gar die Echtmetall-Variante von HIGH SPIRITS inthronisieren. Daher darf ebenfalls in ´Boiling Seas´ die Bremse unangetastet verharren, wenn die Stimmbänder mit “Aahaaaaa”-Gesängen geschult werden müssen. Alle musikalischen und traditionell feinen sowie kämpferischen Ebenen von MEGA COLOSSUS können schließlich nochmals im finalen, über achtminütigen ´Iron Rain´ durchlebt werden. Kolossal und mega?
(7,5 Punkte)
https://www.facebook.com/colossusmetal
(VÖ: 17.12.2021)