DEEP PURPLE – Turning To Crime
~ 2021 (earMUSIC/Edel) – Stil: Rock ~
Nachdem DEEP PURPLE ihre “Time Trilogy”, wie der Verbund ihrer letzten drei Werke – ´Now What?!´ (2013), ´inFinite´ (2017) und ´Whoosh!´ (2020) – mittlerweile genannt wird, beendet und ihrer Anhängerschaft zum weiteren Verbleib überreicht hatten, blieben die fünf Herren dennoch aktiv und gönnten sich die Freiheit, einfach nach Lust und Laune zu musizieren. Anstatt jedoch neues Songmaterial zu komponieren, stand in dieser Zeit der Spaß weitaus mehr im Vordergrund.
Dass sich DEEP PURPLE mit dem Studioalbum ´Turning To Crime´ und ausschließlich mit Fremdkompositionen zurückmelden, überrascht dennoch nur im ersten Moment. Denn obwohl die Rock-Legende natürlich mit ihren eigenen Kompositionen in den Olymp aufgestiegen ist, integrierten sie sogar zuletzt bei ´inFinite´ den ´Roadhouse Blues´ der DOORS und bei ´Now What?!´ die einst von Jerry Lee Lewis gesungene Nummer ´It’ll Be Me´. Zudem ist nicht in Vergessenheit geraten, dass auf ihrem Debüt ´Shades Of Deep Purple´ 1968 drei Fremdkompositionen anzutreffen waren, ´Help!´ der BEATLES, ´Hey Joe´ sowie ihre erste Single ´Hush´ von Joe South, und auf dem Nachfolger ´The Book Of Taliesyn´ aus dem selben Jahr noch Neil Diamonds ´Kentucky Woman´ und das ursprünglich von Ike & Tina Turner interpretierte ´River Deep, Mountain High´. Sogar auf dem selbstbetitelten Drittwerk stand 1969 ´Lalena´ von Donovan.
Im Großen und Ganzen kann natürlich auch einfach dem Seuchenjahr 2020 die Schuld in die Schuhe geschoben werden, da DEEP PURPLE in diesem Jahr in ihrer Gefangenschaft in den eigenen vier Wänden gemeinsam keine neuen Songs schreiben konnten.
Ganz gleich allerdings aus welchem Blickwinkel betrachtet, das 22. Studioalbum von DEEP PURPLE platziert sich ausschließlich mit Songs anderer Künstler letztendlich nicht aus heiterem Himmel im Plattengeschäft.
´Turning To Crime´ ist allerdings kein langweiliger Sonntagsblick einer Altherrencombo in die guten alten Tage des Rock, als dieser wie sie noch jung und wild war. Die Briten und ihr US-amerikanischer Gitarrist spielen jederzeit frisch und mit großer Freude am Musizieren auf, die Saiten quietschen und das Schlagzeug dampft.
Als heiße Rock’n’Roll-Combo zeigen sich DEEP PURPLE ganz ungeniert bei ´Let The Good Times Roll´ (von Louis Jordans, 1946), bei ´Rockin’ Pneumonia And The Boogie Woogie Flu´ (von Huey “Piano” Smith, 1957) und dem gerne auch von Bruce Springsteen gespielten ´Jenny Take A Ride!´ (von Mitch Ryder & The Detroit Wheels, 1965). Den Psychedelic Rock feiern sie ausgiebig mit ´Shapes Of Things´ (von YARDBIRDS, 1966), ´7 And 7 Is´ (von LOVE, 1966) und ´White Room´ (von CREAM, 1968).
Sie scheinen völlig in ihrem Element, wenn sie mit Gefühl und spürbarer Eleganz ´Oh Well´ (von FLEETWOOD MAC, 1969) und Leichtfüßigkeit ´Dixie Chicken´ (von LITTLE FEAT, 1973) zelebrieren. Sogar zu den Erzählungen eines ´Watching The River Flow´ (von Bob Dylan, 1971) oder ´Lucifer´ (von Bob Seger, 1970) finden sie immer den für sie notwendigen Groove. Überraschend widmen sie sich in der Zwischenzeit in ´The Battle Of New Orleans´ (von Jimmy Driftwood, 1959) gar dem Folkrock.
Nach einem letzten und großen Jam-Auftritt, ´Caught In The Act´ betitelt, fällt der Vorhang. In diesem verarbeiten DEEP PURPLE noch in aller Kürze die JEFF BECK GROUP (´Going Down´), Booker T. & The MG’s (´Green Onions´), THE ALLMAN BROTHERS BAND (´Hot `Lanta´), LED ZEPPELIN (´Dazed And Confused´) und SPENCER DAVIS GROUP (´Gimme Some Lovin´). Und somit beweist die in naher Zukunft zwanzig Jahre existierende Mk VIII-Besetzung von DEEP PURPLE selbst in einem Studioalbum mit Fremdkompositionen ihre ganz große Klasse.
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Pic: earMUSIC
(VÖ: 26.11.2021)