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V/A Highway Butterfly: The Songs Of Neal Casal

~ 2021 (Neal Casal Music Foundation) – Stil: Folk/Country Rock ~


Wenn ein Tribut für jemanden fünf Platten oder 3 CDs umfasst, dann muss er eine ziemliche Bedeutung unter seinen Musikerkollegen und – kolleginnen gehabt haben. Neil Casal – das gebe ich offen zu – war mir bisher kein Begriff. Er stieg jung bei BLACKFOOT ein, der großartigen Southern Hard Rock-Band von Ricky Medlocke. Ich habe ein altes Video gesehen, wo er eine saubere Leadgitarre live beim Klassiker ´Highway Song´ spielte.

Weitere Stationen waren in der Begleitband des Alternative Countrysängers und verkappten Punkers und Metallers Ryan Adams, zuletzt mit Skandalen der ekeligen Art beschäftigt. CHRIS ROBINSON BROTHERHOOD, HARD WORKING AMERICANS und auch 12 Alben solo sind noch zu nennen. Dazu war Neal ein vielbeschäftigter Session Musiker. In den USA gut im Geschäft und geschätzt.

Dann mit 50 beschloss er 2019, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. Warum auch immer. Laut Weggefährten und Freunden war er eine ganz helle und freundliche Seele. Vielleicht war das das Problem. Er war auch ein begabter Fotograf, der manches Albumcover gestaltete. Multitalent eben. Ein großartiger Sänger, Gitarrist und Songwriter, das habe ich mir angesehen und angehört, wenn ich Country und Folk auch nicht so sehr mag.

Die erste CD (ich hab’s ja digital) beginnt ruhig und entspannt. Eher sanfte, besinnliche Songs für kalte Herbstabende am Kamin mit Tee. Keine Biermusik, nix BLACKFOOT, aber alles mit Substanz und sehr schön. ´Feathers For Bakersfield´ ist so ein schöner Titel, gespielt von FRUIT BATS. Genau. Die kenne ich auch nicht. Immerhin knapp die Hälfte der Musiker habe ich schon einmal namentlich vernommen. Bob Weir, Warren Haynes, Robbi Robb oder Phil Lesh, Susan Tedeschi & Derek Trucks kenne ich natürlich auch besser. Und die ALLMAN BETTS BAND auch.

Es geht besinnlich weiter. Nur Martin King und Eric Krasno drehen als einzige gegen Schluss bei ´No One Above You´ mal richtig rockig auf. Sonst viel akustisch, ruhig und Orgel. Manches wie ´Sweeten The Distance´ ist mir trotz sympathischer Frauenstimme dann zu viel Country, zu süßlich. Zu viel “Laid Back” macht freitagnachmittags dann auch mal richtig müde. Overdose. Das muss ich mir einteilen….

So zurück. Jonathan Rice und ´Me & Queen Sylvia´ bringt auch die Dynamik zurück, bevor es wieder in die tiefsten Gefilde amerikanischer Volksmusik geht. Na ja. In den besseren Songs gibt es für mich Parallelen zu den ruhigen Stücken von Tom Petty, ohne dessen Eingängigkeit zu erreichen oder erreichen zu wollen. Die Klavierballade ´Fear No Pain´ ist wieder sehr schön. Wirklich, trotz Country. Und auch Susan Tedeschi und ´Day In The Sun´. Ende CD 1.

´Maybe California´, von Shooter Jennings interpretiert, ist der nächste sehr empfehlenswerte Song mit ein paar Rockanleihen. Ja doch, ich habe mich durchgehört. War nicht so schwer, denn alles ist von hoher musikalischer Qualität, auch wenn es meinen Geschmack nicht immer trifft. ´Willow Jane´ hat wieder was von Tom Petty, auch dank der Stimme von Brittan Buchanan. Hat auch eine ordentliche Rock-Härte. Bob Weir, der alte GRATEFUL DEAD-Recke, drückt ´Time And Trouble´ seinen Stempel auf. Sehr stark. Auch wenn ich nach ZZ TOP im Rockpalast damals bei GRATEFUL DEAD eingeschlafen und erst wieder bei dem Doppeldrummer-Solo aufgewacht bin.

Ja, ja die ollen Stories. Ich höre auf. Fünf Platten muss ja nicht automatisch fünf Seiten Kritik bedeuten. J. Mascis (DINOSAUR JR.) rockt dann auf ´Death Of A Dream´ richtig ordentlich und noisig los. Das tut gut nach doch viel angezogener Handbremse und klingt angenehm nach BLUE CHEER. ´The Cold And The Darkness´ ist wieder im vorgegebenen Rahmen. Zeigt aber auch, dass die Texte von Neil Casal oftmals auch gerne ins Dunkle gingen, wenn die Musik auch eher leicht klingt. Warren Haynes macht aus ´Free To Go´ eine schwere Blues Rock-Nummer von 8,5 Minuten. Mehr Bier und Whisky als Tee und eine exzellente Slide-Gitarre. Wäre auch ein starker LYNYRD SKYNYRD- oder THE ALLMAN BROTHERS-Klassiker. Wow! Da wären wir ja schon wieder fast bei Ricky Medlocke. Klasse Gitarrenduell zum Schluss.

CD 3: Da wird’s wieder konventioneller. Steve Earle darf den titelgebenden Song rotzig vortragen. Dann wieder ruhiger. Viel Klavier. ´The Losing End Again´ von Jesse Aycock bringt etwas FLEETWOOD MAC-Pop der späten 70er ein. ´These Days With You´ von PUSS N BOOTS greift tief in die Emotionskiste. Traurig. Dann gewinnt Country wieder die Oberhand. Die ALLMAN BETTS BAND, alles Söhne legendärer THE ALLMAN BROTHERS Musiker, bringt natürlich den Schuss Südstaaten Rock dazu, wie erwartet. Den Abschluss macht TRIBE AFTER TRIBE-Legende Robbi Robb mit ´I Will Weep No More´ und Originalstimme von Neil Casal zu Beginn und während des Songs. Hypnotisch, engagiert und wunderschön, wie ich es vom guten Robbi kenne. Ein klarer Höhepunkt zum Abschluss. Und das stärkste Stück für mich mit Warren Haynes. Aber auch ein sehr trauriger Abschluss. Neil Casal ist mir über die fünf Platten richtig ans Herz gewachsen.

Fazit: Wer Neal Casal kennt, wird und sollte blind zugreifen. Wer nicht, da wird es schwieriger. Wie kann man sonst eine derartige umfangreiche Ansammlung von 41 Songs eines unbekannten Musikers jemand ans Herzen legen? 130 Musikerinnen und Musiker. Tja. Schwer. Zumindest wer offene Ohren für Folk und Country Rock und sanfte, anspruchsvolle Musik hat, sollte Neil Casal mal antesten. Ein starker, beeindruckender Musiker auf jeden Fall. Und bescheiden. Guter Einstieg, wie immer der gute alte Rockpalast: klicke hier!

Wertung. Gibt’s keine. Aber empfehlenswert.

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