EMMA RUTH RUNDLE – Engine Of Hell
~ 2021 (Sargent House/Cargo) – Stil: Dark Folk ~
Irgendwie hatte ich schon immer ein starkes Faible für ausdrucksstarke Sängerinnen….ob in den 60ern Julie Driscoll und Grace Slick….in den 80ern Tori Amos, Heather Nova oder dann Fiona Apple. Und irgendwann auch FLORENCE + THE MACHINE und Anna Aaron. Alle trafen mich direkt in das Herz und in das Hirn.
Schon nach den ersten Minuten fasziniert mich Emma Ruth Rundle sofort. Mit ihrem intensiven, starken und gleichzeitig zerbrechlichen Gesang erinnert sie mich wirklich sehr an eine moderne Julie Driscoll, weniger von der Stimmlage als vom musikalischen Ansatz. Die spärlich eingesetzte Violine zeigt Parallelen zu den glorreichen Zeiten von Heather Nova. Obwohl Emmas Gesang deutlich dunkler ist. Die Intensität gleicht der der jungen Tori Amos – das sind alles Assoziationen, die deutlich machen, wie beeindruckend ihr Gesang ist. Auch ihr Gitarrenspiel ist originell und klingt schwer und unterstreicht den schmerzvollen, depressiven Ansatz ihres dunklen Folk.
Leicht zugänglich ist ihre Musik nicht. Dafür ist sie viel zu emotional und kompromisslos. Schöne Refrains und eine leichte Eingängigkeit sucht man vergebens…ich suche die eigentlich gar nicht. Auf Dauer ist die Melancholie, die ausgestrahlt wird, nicht so einfach auszuhalten. Und das im dunklen Herbst. Bei ´Body´ haucht sie mit letzter Kraft mit Männergesang im Hintergrund ins Mikrofon als stünde der Untergang bevor. ´Citadel´ ist eine dunkle Anklage mit harten Gitarrenakkorden, wütend eingehämmert. Das ganze Album diese dunkle Atmosphäre durchzuhalten, stellt einen schon vor eine Herausforderung. „I drink myself to sleep“ singt sie in ´Company´ und man will sofort diese physisch spürbaren Schmerzen lindern helfen. ´My Afterlife´ bringt zum Schluss noch einmal ein weiteres wunderschönes dunkles Kapitel zum Erstrahlen.
2007 hat die im sonnigen Los Angeles geborene ihr erstes Album in Neuseeland mit der Band THE NOCTURNES veröffentlicht. Als Tochter von Musikern war ihr beruflicher Weg schnell vorbestimmt. RED SPAROWES war eine weitere Band. Weitere Alben unter eigenem Banner folgten mit so schönen Titeln wie ´Marked Death´ oder ´Dark Horses´. Auf den schwarz-weißen Fotos starrt Emma in die Leere. Aber es gibt auch Fotos, wo sie lächelt. Gottseidank! Folk ist ihr stärkster Einfluss, aber auch die Depression der Grunge-Jahre hat sie stark geprägt. In Interviews ist sie eine unterhaltsame Künstlerin und spricht von shreddernden Metalgitarrensoli, die sie gerade lernen will.
Insgesamt eine sehr, sehr originelle Veröffentlichung. Aber Warnung: nicht in düsteren Gemütszuständen anhören. Das könnte diese deutlich verstärken.
(8,25 Punkte)