SILVER METRE – Silver Metre
~ 1969 (National General Records) ~
Ich wollte ja eigentlich die Phase von 1970 bis 1979 beleuchten und Euch etwa 100 Alben vorstellen, die damals durchs Raster des Mainstreamerfolgs gefallen sind, teilweise mit recht bekannten Mitgliedern oder ehemaligen Musikern aus bekannten Bands. Aber dann lande ich doch wieder in der Zeit davor und das zurecht.
SILVER METRE sind eine Band, die der ehemalige BLUE CHEER-Gitarrist Leigh Stephens nach seinem Abschied von den Ur-Hardrockern aus Kalifornien mit englischen Musikern von STEAMHAMMER und der JEFF BECK GROUP gegründet hat. Ein einziges Album erblickte 1969 das elektrische Licht der Welt und es ist ein sogenannter „Mixed Bag“, wie die Engländer sagen würden. Oder auch die Amis.
Der Opener ´Now They’ve Found Me (A Ballad Of A Well Known Gun)´ hat so einen biederen Südstaatenboogieeinschlag, gemischt mit etwas Countryrock, aber nicht zuviel. Das macht schon Spaß, ist aber weitab von jedwedem Hardrockfeuer, welches man mit dem Namen Leigh Stephens verbinden möchte. Aber es geht hiernach gleich in die Vollen.
´Naughty Lady´ ist ein schöner jammiger Heavyrocker mit herrlich intensiven Gitarrensounds und das noch frecher betitelte ´Gangbang´ fährt dann ein ellenlanges, aber cool groovendes Schlagzeugsolo auf, rockt zumeist aber kraftvoll drauflos.
Mit der Westcoastballade ´County Comforts´ geht es etwas melancholischer und sehnsuchtsvoller weiter, dann kommt die Hymne ´Superstar´ aus dem Musical JESUS CHRIST SUPERSTAR, umgesetzt als beseelter Bombastrocker, wie er Ende der 60er gar nicht so selten war. Mitreißend gleich dem Original, zeigt die britisch-amerikanische Liaison hier, dass sie sich auch an Coversongs wagen und brillieren kann.
´Sixty Years On´ ist dann eine epische Powernummer, nicht schnell, aber emotionsgeladen, dunkel, irgendwie verzweifelt klingend. Man lässt die Fantasie spielen, wie die Welt in sechzig Jahren, von mir aus gesehen in nur noch acht Jahren, aussehen wird. Eingefasst in wundervolle Musik, dunkle, eher zurückhaltende, aber intensive Strophen, eruptive Refrains und einen furiosen Schlusspart mit Gitarren, die förmlich in Dein Gesicht explodieren. Die Melodien sind gigantisch, voller Sehnsucht, Leidenschaft, Melancholie und Verzweiflung.
Ein hektischer Hardrocker schließt sich mit ´Compromising Situation´ an, bei dem es sich wohl um eine Szene handelt, die ein Mann seiner Liebsten macht, nachdem er sie in flagranti erwischt hat. Und so wild und zornig sind die instrumentalen Passagen und der Refrain. Im Mittelteil geht das Lied richtig steil. Das Drumming ist total hektisch und zappelig, aber es passt dazu, wie der Protagonist im Text langsam durchdreht. Geiler, wilder Hardrock, yes sir, schöne eruptiv brodelnde Soli. Leigh Stephens und seine Jungs gehen komplett steil. Bass und Schlagzeug verschlucken ein wenig die Gitarre, aber alles in allem eine tolle Nummer.
´Cocklewood Monster´ ist auch keine einfache Geschichte. Verrückte, schräge Riffs in der Strophe, darüber leicht irrsinnig wirkender Gesang, dann ein Boogierock Refrain, eine Überleitung, ebenfalls im klassischen Rockstil mit Piano, dann wieder diese schrägen, verdrehten Riffs und die kranke Atmosphäre in der Strophe. Im Solopart duellieren sich Piano und Leadgitarre. Herrliches Stück. Kein urtypischer 60er Hardrock. Ein jammiger Part entwickelt sich im weiteren Verlauf mit flippigen, aber schön pumpenden Bassläufen, dem Piano und einer explodierenden Fuzzleadgitarre. Dieser führt das Stück auch zu Ende.
Eine mystische Orgel startet den nächsten Song ´Nightflight´ mit seinem Walzertakt und einer wiederum sehr nachdenklichen Melodieführung. Im Refrain treibt die Nummer ordentlich und das wirbelnde Drumming prügelt sie vorwärts. Ein schönes Gitarrensolo eröffnet den zweiten Strophenteil, dann steigt der Gesang wieder ein, so herrlich emotionsgeladen herausgeschrien, voller Leidenschaft und Herzblut. Ein fast schon progressiv rockig verspielter Schlussteil bringt uns dann zum letzten Song des Albums.
´Dog End´, ein dunkler Blues, mit Piano, Gesang und singender Bluesgitarre, eher ruhig, aber unglaublich intensiv, irgendwie verloren und resignierend wirkend. Es passt in die Zeit mit seiner düsteren Stimmung und es beschließt ein Album, welches locker das Zeug zum Mainstream Klassiker gehabt hätte. Aber leider doch untergegangen ist, wie so viele potentielle Klassiker. So ist es ein B-Reihen Kultalbum, ohne wenn und aber. Noch stark in den 60ern verwurzelt, aber oft schon mit verrückten Ideen, die erst später richtig populär wurden, gesegnet. Ich hab eine 1998 auf “Lizard Records” erschienene CD, die man noch günstig bei Discogs abgreifen kann. Wer diesen Powerrock der 60er an der Schwelle zum 70er Hardrock liebt, wird definitiv hiermit glücklich.
Sir Lord Dooms 70s-OBSKUR-HARDROCK-PROJEKT