MOONSHINE OVERSIGHT – The Frame
~ 2021 (Independent) – Stil: Prog Metal ~
Neulich auf einem Campingplatz, irgendwo zwischen Marseille und Saint Tropez:
Bonjour, Messiuers et Dames, ici, c’est le Radio83, avec les nouveautés de Toulon et du Departement Var,
Sie hören unsere tägliche Sendung für unsere Besucher aus Deutschland. Zu unseren heutigen Themen. Wir haben Nachrichten aus der Welt und aus der Region Cote d’Azur, wir stellen Ihnen Reiseziele vor, die sich für Ausflüge lohnen. Nach einem Blick in die Partnerstadt Mannheim werden wir Sie mit Kulturtipps auf dem Laufenden halten. Und zum Schluss stellen wir Ihnen eine Band aus Toulon vor, die Sie nicht verpassen dürfen. Natürlich gibt es auch den obligatorischen Blick auf das aktuelle Wetter.
Die Nachrichten: …
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… Und wenn Sie schon in Toulon unterwegs sind, besuchen Sie die Museen der Stadt. Zu empfehlen sind etwa das Musée de la Marine, das die Geschichte des größten französischen Marinehafens vorstellt. Oder Sie besuchen das Musée des Beaux-Arts mit seiner herausragenden Sammlung provenzialischer Malerei vom Mittelalter bis zur Gegenwart.
Und nun kommen wir zur versprochenen Bandvorstellung. Diesmal hat sich Marc Dupont mit MOONSHINE OVERSIGHT beschäftigt, hier sein Beitrag:
Wir Franzosen sind stolz aus unsere Rock- und Popmusik. Das ist ein Grund, warum wir sie nicht gern teilen. ´Joe Le Taxi´ oder ´Voyage Voyage´ geben wir gerne, es muss ja niemand wissen, wie gut wir wirklich sind. ´Ella, Elle Est La´ konnten wir leider nicht verstecken. Auch ZAZ ist uns nicht gelungen, geheim zu halten. Aber sonst erlauben wir nur Eingeweihten die Kenntnis von MAGMA, ANGE, TRUST oder SORTILÉGE. Erst mit der Öffnung Europas konnte passieren, dass Bands wie HERZEL oder EXISTANCE auch jenseits unserer Grenzen bekannt werden konnten. Und dass LAZULI öfter östlich des Rheins spielen, denn in Gallien selbst, ist allein unser eigener Fehler.
Fährt man von Toulon nordwärts, ins Gapeautal, zu Füßen des Mont Coudon, dann kommt man irgendwann zu MOONSHINE OVERSIGHT zum Probenraum. Dort treffen sich Julien Pivi (Lead Vocals, Guitar), Julien Ventura (Lead Guitar, Back Vocals), Florent Bazzano (Bass) und François Mayer (Drums) zum gemeinsamen Musizieren. Dieser Platz ist so nahe an Stadt und Hafen, dass die Band immer nahe am Puls der Zeit und der Welt bleibt. Aber auch die Natur ist nah. Nah genug, dass MOONSHINE OVERSIGHT eine gewisse Transzendenz entwickeln, gar zu den Sternen greifen.
Am Anfang steht eine erste Achterbahnfahrt. Zwischen ruhig und metallisch, zwischen melancholisch und wütend, zwischen zart und hart changiert ´Eyes Of Sorrow´. Diese ersten sieben Minuten fassen zusammen, was das Quartett aus Toulon auf seinem Zweitling verarbeitet. Da trifft Heavy Metal auf Prog, da trifft Jazz auf Melodic Rock und folkrockiges auf kinoreifes. ´A Matter Of Will´ kommt etwas mehr geradeaus, mit einem knalligen Riff und einem starken Chorus. Für Frankreich typisch, aber wir haben ja auch die Tradition des Chanson, es liegt Wert auf guten, aber nicht zu glatten Melodien. Anders aber als die meisten französischen Bands, hier wird nicht in Muttersprache gesungen. MOONSHINE OVERSIGHT haben sich dem Englischen verschrieben. Das sicher auch, um überall auf der Welt verstanden zu werden.
´The Others´ bringt ein paar schöne Leads. Spannend dann ist der treibende Mittelteil. ´Rememberance´ wartet mit einen gepfiffenen Melodie auf. Gepfiffen bedeutet aber nicht SCORPIONS-Schmalz. Eher gibt es Anklänge an Western-Soundtracks aus dem Hause Morricone. Als erste Single aus dem Album erschien im Sommer ´Ghosts´. Das ist ein eigentlich schlichter, aber druckvoller Alternative Rocker. Song und Video erzählte eindrücklich von der Unsichtbarkeit der Armut, oder besser der Menschen, vor allem Kinder, die in Armut zu leben gezwungen sind. Auf der Straße, kaum zu essen, so müssen sie vegetieren. ´Individuality´ mit seinem jazzigen Rhythmus erinnert ein wenig an Prog Metal Bands in den 90s. Parallelen zu FATES WARNING etwa sind nicht zu überhören.
Die aktuelle zweite Single ist ´Tear Factory´, eine sich dramatisch steigernde Minioper über den Umgang des Menschen mit unserer Erde. “How can we live in that place of own decay?” Die Erde, die wir langsam aber fast unaufhaltsam selbst zerstören wird zur Tränenfabrik. Wenn sie es nicht schon ist. Die zweistimmigen Soli sind nicht anders als mit Ohrenschmaus zu beschreiben, trotz des ernsten Themas.
´Confusion´ kommt einer Ballade am nächsten, ehe ´Prevailed´ geradeaus nach vorne rockt. MOONSHINE OVERSIGHT beweisen mit dem Abschluss ´Zero-Reset´ wie man über ein Album einen Spannungsbogen legt. Ans Ende gehört eben keine ruhige Nummer. Am Ende muss noch einmal ein richtiger Ohrcatcher stehen. Und ´Zero-Reset´ ist genau das. Es ist das härteste, aber auch das proggiste Stück des Albums. So spielt man sich ins Langzeitgedächtnis. Und wenn die halbe Welt in diesem Herbst die neue DREAM THEATER hören wird, gibt es vielleicht ein paar Leute, die eher nach Südfrankreich lauschen. Und es ist ja möglich, dass auch hier ein paar Hörer jetzt neugierig geworden sind. … Und damit zurück ins Studio.
Lieber Marc, wir danken Dir für diesen Beitrag, nach dem Wetter werden wir natürlich einen Song von ´The Frame´ spielen. Aber erst das Wetter…
(9 Punkte)
https://www.facebook.com/MoonshineOversight
(VÖ: 05.11.2021, digital only)