JUDAS PRIEST – Reflections – 50 Heavy Metal Years Of Music
~ 2021 (Sony Music) – Stil: Heavy Metal ~
Wieder sitzt das Teufelchen auf meiner Schulter, reckt sich und hüpft auf seinen kleinen, schwarzen Füßchen erregt hin und her: “Was für ein Mega-Boxset. Diese Box musst du dir unbedingt kaufen. Ist bestimmt limitiert. 42 Silberlinge für so ein paar Groschen. 13 Silberlinge, die eine nie gehörte Menge an ungehörtem Material enthalten. JUDAS PRIEST, Mann. Das ist Musik, das ist Metal. Mann, die Box musst du kaufen.” Den letzten Satz konnte es gerade noch vollenden, ehe es vom Engelchen, das trotz güldener Löckchen irgendwie meiner Gefährtin sehr ähnelt, auf der anderen Seite meiner Schultern einen Stoß in die Seite bekommt: “Was willst du mit der Box, die Lieder hast du schon. Die Alben hast du alle schon auf CD und auf Vinyl, also Schluss mit dem ewigen Kaufen. Die ungehörten Lieder hörst du sowieso nie. Deshalb heißen die auch so. Und zwischen uns passt keine Box mehr. Diese eine könnte eine zu viel sein.”
Einige Tage später liegt keineswegs die von der dominantesten Metal-Gruppe aller Zeiten höchstpersönlich kuratierte Box ´50 Heavy Metal Years´ aus dem JUDAS PRIEST-Fanshop vor mir, um mit der ganzen Gemeinde 50 Jahre Heavy Metal zu feiern, sondern eines der beiden Highlight-Produkte, nein, nicht die Doppel-LP, vielmehr der einfache Silberling: ´Reflections – 50 Heavy Metal Years Of Music´. “Bravo”, klatscht mir die scheinbar gute Seite zu, während die andere beim Anblick des Silberlings nur ein Lachen übrig hat. “Als ob dieser eine Winzling von CD 50 Jahre Heavy Metal darstellen könnte”, raunt es von der rußig stinkenden Seite. “Still!”, entfährt es meiner Kehle. Ich blicke mich erschrocken um. Niemand soll denken, ich spreche mit mir selbst.
Da wollen wir gleich mal dem Silberling unsere Ohren und Aufmerksamkeit schenken. Solange bis der Weihnachtsmann womöglich doch noch die Box auf den Gabentisch legt. Schließlich macht man(n) sich die besten Geschenke immer noch selbst. Hoho. – Jetzt aber aufgepasst, jetzt heißt es Ohren spitzen. ´Reflections – 50 Heavy Metal Years Of Music´ beginnt natürlich klassisch mit ´Let Us Prey / Call For The Priest ´ aus dem 1977er Werk, springt sofort weiter in das Jahr 1980 und zu ´You Don’t Have To Be Old To Be Wise ´ sowie in das Jahr 1982 und zu ´Fever´. Weitere zwei Jahre später sind wir bei ´Eat Me Alive ´ und wir resümieren. Natürlich ist dies keine Best-of der aller-aller-größten JUDAS PRIEST-Kompositionen. Es spiegelt nur wunderbare Momente im Leben der Metal-Giganten wider. Weitere vier Songs später sind die Live-Mitschnitte an der Reihe, die mit ´Dissident Aggressor´ und ´Running Wild´ Geschichte wiedergeben. ´Victim Of Changes´ live aus Cleveland, 1978, ´The Hellion / Electric Eye´ live aus dem Jahre 1986 und ´The Ripper´ aus 1991 sorgen ebenfalls für ein kräftiges Schnalzen der Freude.
Trotzdem tippelt das Teufelchen nach wie vor nervös umher, zählt pausenlos seine Geldstücker im Beutel und flüstert: “Das muss, das muss gehen. Das muss sein.” Das Engelchen schmiegt sich unterdessen schon über eine längere Zeit an meine andere Seite und fragt, ob ich mir schon ausreichend Gedanken über die kommenden 50 Jahre mit meiner Gespielin gemacht habe. “Wie bitte?”, entweichen mir völlig überrascht nur zwei Worte.