GALAHAD ELECTRIC COMPANY – Soul Therapy
~ 2021 (Avalaon Records/Just For Kicks Music) – Stil: Elektro-Pop ~
Wieso, weshalb, warum der Hörer zu einer bestimmten Scheibe greift, die ihn in der nächsten Stunde unterhalten oder sogar emotional aufwühlen soll, kann sehr unterschiedlich sein. Manchmal flüstert ihm ein kleines Teufelchen auf der Schulter ins Ohr, dass dieses Album auf jeden Fall die unbedingte Aufmerksamkeit verlangt. Ein anderes Mal ist es ein Muss, weil die Musiker vertraut sind oder so sehr geliebt werden, dass an jeglichem Output nicht vorbeigegangen werden darf.
Bei der GALAHAD ELECTRIC COMPANY liegen die ausschlaggebenden Punkte eher im Bereich der zuletzt genannten Möglichkeit. Bereits die Stimme von Sänger Stu Nicholson lässt niemanden kalt und an einer Veröffentlichung mit dieser vorbeigehen.
Das Nebenprojekt der britischen Prog Rock-Legende GALAHAD schiebt mit ´Soul Therapy´ unwahrscheinlich schnell nach ´When The Battle Is Over´ ein weiteres Werk hinterher. Das Duo überrascht mit elf neuen Kompositionen, die Sänger Stu Nicholson und Keyboarder Dean Baker zwischen Dezember 2020 und Frühjahr 2021 geschrieben haben.
Dabei ist in diesen Tagen nicht nur die Vereinsamung der Menschheit ein Thema, sondern auch der Tod von Stu Nicholsons Mutter, die genau elf Monate vor der Veröffentlichung starb. Sie erlag nicht Covid, sondern nach einem fünfjährigen Kampf dem bösen Lymphdrüsenkrebs. Sieben der elf Kompositionen stehen in direktem Zusammenhang dazu, können aber auch andere Gefühle des Hörers, mächtige, düstere und abnorme Emotionen wieder erwecken. Natürlich kreisen diese um den Schmerz des Verlustes, der allerdings ebenso Trauer und Enttäuschung, Rekonvaleszenz und Hoffnung nach sich zieht.
Einer therapeutischen Katharsis mit der ´Soul Therapy´ darf sich nunmehr jeder hingeben. Die gewohnte Elektronik beginnt zu zischen. Die ´Therapy´ läuft und der Protagonist denkt, was er in der Zeit alles hätte machen können. Die Elektronik ist jedoch niemals schleichend unterwegs, ´All That Glitters´ verspricht sogar mehr Spannung und ´Gone To Ground´ einen pulsierenden Ansatz. Dagegen ist ´Fluidity´ inmitten eher ein Experiment, GALAHAD ELECTRIC COMPANY goes KRAFTWERK, inklusive der späten Siebzigerjahre Krautrockzutaten. Den verstörten, ersten Blick in das Haus der Mutter nach ihrem Ableben bezeugt ´Everywhere I Look´. Das ´Monster In The Dark´ entspricht dem Lymphdrüsenkrebs, derweil die Elektronik scharfe Geschütze auffährt. Sentimentalität vermittelt ´The Living Ghost´, ´When Darkness Comes´ gleichwohl erste Hoffnung, die im offensichtlichen Achtzigerjahre Synthpop dargeboten wird. Die Zeit der Trauer ist schließlich ein langer Prozess mit ´Muted Expectations´. Mit tieferer Stimme, Glöckchen-Tönen und Streichern beschließt ´A Belly Full Of Stones´ den Kampf um die Seelenrettung. Und das Teufelchen hüpft herbei und ruft: GALAHAD ELECTRIC COMPANY.
(7,5 Punkte)