CHERUBS – SLO BLO 4 FRNZ & SXY
~ 2021 (Relapse) – Stil: Noise Rock/Post-Punk/Psychedelic ~
Die Haare werden grau, Hautfalten entstehen oder der Stoffwechsel verlangsamt sich, aber manche menschliche Facetten werden eben nie wirklich alt. Ein typisches Beispiel dafür: der wilde, verspielte Rotz der Lärmkapelle CHERUBS! Wenn ´2 Ynfynyty´ – das 2015er Comeback des Post-Punk-Trios aus Austin nach zwei Jahrzehnten Ruhestand – bereits als Hinweis darauf diente, dass das mittlere Alter die Band nicht abgestumpft hatte, so bewies ihr „Relapse“-Debüt ´Immaculada High´ auch noch vier Jahre später, dass ihr psychedelischer Lärm stärker denn je geworden war.
Bereits in den 90ern zählten die Texaner zu den besten Neuentdeckungen für das von BUTTHOLE SURFERS Mastermind King Coffey gegründete Label „Trance Syndicate“. Dunkle, dreckige Grooves dominierten damals ihren Sound und sie behandelten Rockmusik mit einer Rauheit, die weit über das hinausging, was etwa die BIG BOYS vor ihnen getan hatten. Die CHERUBS verprügelten mit einer rhythmischen Unruhe, als wäre sie elastisch, dehnbar und dennoch in der Lage, bei Bedarf wieder einzurasten. Ungefähr drei Jahre drauf wurde das Projekt dann allerdings schon wieder für rund zwei Jahrzehnte auf Eis gelegt, aber vor allem das zweite Album ´Heroin Man´ von 1994 gilt nach wie vor als Klassiker seines Genres.
Von den Comeback-Werken baute schließlich ´Immaculada High´ auf dem lockeren psychedelischen Groove des Vorgängers ´2 Ynfynyty´ mit einem noch strafferen, härteren und noch spitzeren Psychedelic-Noise-Rock auf. Den knirschenden Riffs wurde eine stämmige Kraft verliehen, perfekt eingebettet in die wild umherschwingende Launenhaftigkeit.
Die nun erschienene 5-Song-EP mit dem kryptischen Titel ´SLO BLO 4 FRNZ & SXY´ nutzt erneut die musikalische Raserei und die strahlenden Momente des vorangegangenen Albums, was zu einer weiteren harten Dosis an punkigem Noise-Rock führt, prall gefüllt mit schmierigen, weit auseinanderliegenden, dunklen Grooves!
Beim Opener ´A Pair Of Pear Tarts´ steht besonders Kevin Whitleys Gesang wieder Mal im Vordergrund, unterlegt von absolut rauem Drumming sowie surrenden, verzerrten Bässen und Gitarren – wie ein Rammbock, der seine Umgebung mit einem rostigen Kreisel verwüstet. ´Lazy Snakes´ setzt diese Dynamik ungehindert fort, mit den typischen psychedelischen Qualitäten der CHERUBS-Heaviness. Es wird dabei einmal mehr deutlich, dass die Band wegen des depressiven, basshungrigen Grinds auch gerne mit den New Yorker Krawallmachern UNSANE verglichen wird.
An anderer Stelle wird das herausragende ´Sooey Pig´ von ´Immaculada High´ in eine akustische Hymne umgewandelt, die dem Song eine völlig neue Dynamik und zusätzliche Höhen verleiht.
Bei aller Gewalt strahlen die Songs jedoch wenig wahre Bosheit aus. Die CHERUBS sehen sich in ihrer Welt um und rollen kollektiv mit den Augen, aber durch die Zerstörung weht eine fröhliche Welle – eher das Grollen eines angreifenden Nashorns als die böswillige Präzision eines Panzerangriffs. Die drei Texaner sind jedenfalls mehr daran interessiert, die Zivilisation aufzurütteln, als sie niederzubrennen.
(8 Punkte)