JACOBS DREAM – Jacobs Dream
~ 2000 (Metal Blade) – Stil: Classic Metal ~
Es gibt Bands, bei denen hat sich beim Debüt so viel Kreativität aufgestaut, dass mit dem ersten Aufschlag der Großteil der eigenen Substanz freigesetzt wird. JACOBS DREAM gehören sicher dazu, auch wenn das zweite Werk auch noch ganz ordentlich war. Schon das Demo war von sagenhafter Qualität und wird dringend zur Anschaffung empfohlen.
Im Jahr 2000 verbrachte ich meine Zeit noch auf sogenannten Platten-Börsen, falls die noch jemand kennt. Die Prä-Internet-Bestell-Zeit, das war manchmal richtig nett. Irgendwann waren es eher CD-Börsen und die Plattenverkäufer standen verstaubt in der Ecke. Jetzt ist das wahrscheinlich gerade anders herum. Ich war schon länger nicht mehr dort.
Egal. Damals gab es auf einer Börse im Schwäbischen einen freundlichen CD-Verkäufer (also nicht in der Ecke), der mir und meinem Heavy Metal-Kumpel penetrant diese CD unter die Nase hielt. „Ich garantiere, das ist super…“, „Ein Klassiker“. Damals waren wir noch leichtgläubig und haben das Geld freudig investiert. Was soll ich sagen. Jeder Cent (war damals eine neue Währung) hat sich ausgezahlt. Die CD war noch deutlich besser als die Anpreisungen des Metal-Dealers hoffen ließen. Und zwar über die ganze CD durch. Metal wie er klingen muss: hart, düster, melodisch und melancholisch.
Schon der Anfang ´Kinescope´ verschlug einem die Sprache. Diese Melodien, Gitarren und Keyboards. Und dieser hohe, aber alles andere als nervige Gesang. So wollten wir damals den Metal haben. Dramatisch, hart und majestätisch. Geheimnisvoll und trotzdem sofort in die Gehirnrinde einziehend. Düster und trotzdem von einer Wärme durchstrahlt. Der zweite Song ´Funambulism´ kommt wie ein Tornado. Schnell und überraschend. Dann aber gleich wieder die Stimme und die starken Keyboards. Gefangen in einer glänzenden Metalwelt. Doppelgitarren und David Taylor ein Sänger vor dem Metalgott. ´Scape Goat´ noch besser. Mächtig. Zeitlos. Von der Qualität wie SAVATAGE, die frühen QUEENSRYCHE oder STEEL PROPHET in Glanzzeiten. Besser geht es kaum. Hört den Refrain an.
´Mad House Of Cain´ ist nicht weniger genial. Die Glocken und Gitarren läuten wie einst bei HEIR APPARENT. Der verhuschte Gesang erinnert an den genialen Midnight und die mächtigen CRIMSON GLORY. Bei ´Tale Of Fears´ gibt es eine kurze Verschnaufpause, ist aber genauso genial. Das Albtraumhafte kommt wieder gut durch und der Gesang einmal mehr ganz gigantisch. Schlagzeuger Rick May trommelt einwandfrei. Fünf so großartige Songs auf einen Schlag gab es in diesem Metal-Segment nur bei den oben genannten Göttern. Die folgenden Songs ´Crusade´ und ´Black Watch´ sind dann härter und wirklich etwas schwächer, wenn man dieses Adjektiv überhaupt im Zusammenhang mit diesem Album benutzen darf. Bei ´Love & Sorrow´ findet die Band wieder in die Klassikerspur zurück. Und mit ´The Gathering´ gibt es einen weiteren Übersong zu hören. ´Never Surrender´ und vor allem das wunderschöne ´The Bleeding Tree´ sorgen für einen qualitätsvollen Abgang. Auf CD gibt es mit ´Violent Truth´ noch einen Bonustrack.
Nicht alles ist perfekt an der Platte. Die Produktion könnte noch druckvoller sein. Und leider hatte schon das zweite Album ´Theatre Of War´ Schwierigkeiten, dem hohen Niveau des Debüts zu folgen. War aber auch schwer und das Album noch okay. Dann war – zumindest für mich – die Sternschnuppe verglüht. Vier Jahre Pause und Aushängeschild David Taylor war verschwunden. Der war wohl zu dick für das Marketing oder so ein Quatsch.
Es gibt weitere Veröffentlichungen, die ich mir erspart habe. Aber das legendäre Demo (hatte auch Songs der ersten beiden Alben zum Inhalt) habe ich mir in einer der vielen Versionen zugelegt und was soll ich sagen. Wahnsinn. Mit Übersongs wie ´Sarah Williams´ (WOW!!! Einer der schönsten und traurigsten Metal-Songs aller Zeiten). Hält locker mit diesem Juwel mit. Das Debüt gibt es seit 2013 mit etwas verändertem Cover (auf der CD von Metal Blade digital ziemlich verpixelt) auch auf Vinyl. Auch das Demo geistert auf Vinyl als `The Demo Years´ herum. Zugreifen, egal ob digital oder in Vinyl.