AMANDA LEHMANN – Innocence And Illusion
~ 2021 (Independent/Just For Kicks Music) – Stil: Prog/Rock ~
Amanda Lehmann stand lange im Schatten ihres Schwagers Steve Hackett und ihrer eigenen Unentschlossenheit. Immerhin bot er ihr viele Jahre die Chance, sich auf seinen Live-Shows, etwa bei den “Genesis Revisited”-Shows zu beweisen. Zudem entstanden aus dieser Zusammenarbeit auch die Kontakte zu weiteren Künstlern, Nick Magnus, Rob Townsend und Roger King, die die Sängerin, Songwriterin und Gitarristin auf ihrem Debüt unterstützen.
Zwar veröffentlichte Amanda Lehmann mit Eddie Deegan 1994 unter dem Namen WAZZOON das Werk ´Through The Haze´, doch ´Innocence And Illusion´ ist ihre erste abendfüllende Scheibe unter eigenem Namen. Dass dabei solch weltbekannte Künstler wie Nick Magnus und Roger King an den Keyboards oder Rob Townsend am Saxophon sowie selbst Steve Hackett an den Gitarren und der Mundharmonika nicht aus den Kompositionen der Künstlerin herausragen, ist den Schöpfungen von Amanda Lehmann und ihrer Darbietung zu verdanken. Sie singt emotional, erinnert in den besten Momenten an Kate Bush, Stevie Nicks oder Lana Lane, und spielt auf ihrem Erkennungszeichen, einer roten Gitarre, mit ebensolchen Gefühlen. Ihre Erfahrungen aus den vergangenen dreißig Jahren lässt ´Innocence And Illusion´ natürlich zu keiner Sekunde wie das einer Debütantin ausschauen. Das Coverartwork im Stil eines Roger Dean vervollständigt das Gesamtbild fantasievoll.
In einer ätherischen Szenerie erwächst ´Who Are The Heroes?´ betulich mit Gitarre und Keyboards zum Gesang von Amanda Lehmann, ehe neo-proggige Tastenklänge mit einem Solo alles vollständig zum Leben erwecken. Wie die meisten Kompositionen ist auch ´Tinkerbell´ von getragener Natur. In diesem Falle von einer folkigen Melodie erschlossen, die in ganzer Pracht von Amanda Lehmanns Sopran vorgetragen wird. Ein sinfonischer Abschnitt sorgt dabei für die gewollte Abwechslung im Traumland.
Zum Nachmittagstee swingt es urplötzlich ganz schön pfiffig in ´Only Happy When It Rains´. Rob Townsend bläst inmitten das Saxophon, Steve Hackett die Mundharmonika. Doch der Prog-Gourmet wird sogleich mit dem siebenminütigen ´The Watcher´ beruhigt, irgendwo zwischen Prog Rock und epischen DEEP PURPLE sprudeln die Gitarrenklänge aus dem roten Schmuckstück nur so heraus.
Nunmehr balladesk beinhaltet ´Memory Lane´ gefühlsbetont Amanda Lehmanns Gedankengänge zur Diagnose Demenz, die sie persönlich bei ihrer Mutter durchstehen musste. Licht und Schatten eines dennoch unbeschwerten Lebens spiegelt das mit Orgel und Gitarre sanft rockende ´Forever Days´ wider und wird durch ein ausgefallenes Gitarrensolo von Steve Hackett gekrönt. Dagegen rüttelt ´We Are One´ mit seinen Klavieranschlägen anfangs die hohen Hoffnungen aus dem PINK FLOYD’schen Schaffen auf. Sogar das balladeske, großartig intonierte ´Childhood Delusions´ weckt Erinnerungen. Die ausnahmsweise von Steve Hackett komponierte Abschluss-Nummer ´Where The Small Things Go´ perlt hingegen an der Akustikgitarre zum himmlischen Gesang gerade einmal knappe zwei Minuten dahin. Wonnig stilvoll.
(8 Punkte)