PlattenkritikenPressfrisch

BAXAXAXA – Catacomb Cult

~ 2021 (The Sinister Flame) – Stil: Black Metal ~


Ebenso wie die deutsche Blackmetalkultband BAXAXAXA ist wohl auch das Label “The Sinister Flame” in Undergroundkreisen ein Name, den man ehrfurchtsvoll ausspricht. Und so gibt die unheilige Allianz beider Parteien uns einen Blick in die tiefsten Schlünde des Abyss, in eine Anderswelt, die so makaber und fantastisch ist, dass wir sie nicht so einfach wieder aus unserer Seele verdrängen können. Vielleicht wollen wir das auch gar nicht mehr.

Das Album beginnt mit dem mittelschnellen bis doomig stampfenden Titelsong, bei dem man den modrigen Geist der alten Zeit förmlich durch die miefigen unterirdischen Räumlichkeiten vor sich hin schimmeln sieht. Hier und da werden gekonnt Keyboards zur Verdichtung der Atmosphäre und Verstärkung der Intensität eingebaut, hintergründig, aber auf gewisse Weise für eine pompöse, machtvolle Note sorgend. Ansonsten hat das Stück bei den flotteren Passagen einen feinen Groove, der an einen krankhaften Veitstanz erinnert.  Das Hauptriff ist simpel und eindringlich. Die Gitarren spielen mit einer Menge Melodie, ohne diese eisige Stimmung damit zu beeinträchtigen. 1992 in Hülle und Fülle, möchte man meinen. Die erhabenen alten SAMAEL, sogar TIAMAT direkt nach dem Wechsel von sumerischen Schreien zu astralem Schlaf kommen in den Sinn. Das kann u.a. durch die grollende, mittelhohe Stimme von Shouter Traumatic kommen, den viele als Inhaber des notorisch geilen Labels “Iron Bonehead” und als früheren Kultschreihals bei den Thrashern WITCHBURNER kennen. Guter Mann in allen Belangen. – Schlagzeuger Condemptor, seit 1991 auch bei den gleichsam kultigen UNGOD aktiv, ist hier einziger Überlebender der 90er Inkarnation, aber durch die drei jüngeren (Traumatic ist ja auch schon etwas über 40) Mitstreiter sehr gut mit Kreativpotential ausgestattet.

Gleich nach dem epischen Einstieg fangen BAXAXAXA das Prügeln an. ´As The Moon Inhaled All Sunrays´ rumpelt herrlich räudig drauflos mit einem Eröffnungsriff, welches an Irrwitz die schönsten 90er Legenden locker erreicht, wird dann aber zu einer stampfenden Dampfwalze, die alles unter ihrer Wucht zermalmt. Ansätze von Melodie in den rollenden Akkordfolgen, die zusammen doch so etwas wie einen mitreißenden Sog entwickeln, verpassen dem Song seinen Wiedererkennungswert. Dann kommt eine Brückenpassage, die wie ein Luftholen vor dem nächsten Sprint wirkt, der sogleich als weiterer Rumpelausbruch folgt. Und erneut fängt das Lied an zu walzen und zu mahlen. Die Atmosphäre ist ausgesprochen bösartig und entfesselt apokalyptisch.

´Flame Of Redemption´ sorgt dann wieder für etwas Erholung für den inzwischen ja auch in die Jahre gekommenen Drummer. Er kann ja noch wie früher, nur nicht mehr so lange. Also was ist dann die logische Schlussfolgerung? Entweder Blues oder Doom. Nun ist der genannte Song niemals Blues und Doom, auch nur mal hier ein Stück, mal da ein Stück, dafür roher, entspannt treibender Blackmetal mit Hymnenqualität, der nach 1984 und 1985 schreit. BAXAXAXA gehen hier noch ein Stück weiter in der Zeit zurück und beschwören die Ursprünge ihrer Musik, zeigen durch wogende, walzende Parts aber zumindest ihre Wurzeln in den 90ern. Auch wenn hier nicht wie besengt geknüppelt wird, so ist die Allmacht des Stückes ganz gewaltig und seine nach Verwesung duftende Grabeserhabenheit einfach verschlingend.

BAXAXAXA sind simpel in ihrer Performance, komplizierte Momente sollen andere Kollegen, hier regieren Melodien von unheimlicher Tiefe, rohe Gitarrenwucht, leicht punkige Strukturen und eine sehr natürliche Garstigkeit, die dem Blackmetal heuer ja schon fast abhandengekommen ist. Zumindest wenn man aus dem Underground hervorlugt. Nix gegen den Düsterbombastkommerzmetal von diversen bekannten Namen, der unheimlich unterhaltsam sein kann. Aber für mich ist das hier die Essenz des Bösen und ein diabolischer Kuss für die Seele.

Und wieder donnern sie los, machen dabei keine Gefangenen. Die Hochphase des deutschen Blackmetal vor circa 20 Jahren lassen sie dabei immer hochleben. Aber auch ´Kingdom Ablaze´ ist mehr als nur stumpfes Geprügel. Sie rasen wie irre, dann walzen, stampfen und grooven sie, dann kommen absolut mystifizierende doomige Parts, über allem thront Traumatic mit seinem zornigen Grollen. Die Gitarrenmelodien sind bisweilen ergreifend, die Dramatik des Songs durch sie enorm und sein Zauber allumfassend. Ich höre die hier gebotene Musik erst kurz und schon hat sie mich, ist mir ins Blut gegangen und schlingt rostige Stahlketten um mein Herz. Ja, Stahl, purer Stahl, Heavy Metal in Reinkultur, nicht nur die Ketten, sondern auch das Feeling der Klangkunst unserer Protagonisten. Ich kenn Traumatic persönlich, ein absoluter Metalhead, entsprechend würde ich den Rest der Truppe ähnlich gelagert verorten. Die Leidenschaft für den Metal hört man ihnen auch an. Sie sind Traditionalisten der konservativsten Art, aber sie wissen genau, dass es nicht nur die Klangästhetik ist, die eine gute Platte ausmacht, sondern vor allem auch das Songwriting. Und da sind sie Spitzenkräfte.  ´Kingdom Ablaze´ ist nichts weniger als eine satanische Hymne.

´Walpurgis Dancers´ schließt sich an, mit ganz eisig finsterem Intro, welches auch wieder so eine 80er und 90er Black Metal-Kitschstimmung aufkommen lässt. Zu schön. Ein kratzig, packendes Riff, einzelne Schläge im Takt, gebrüllte Parolen darüber, fertig ist eine diabolische Beschwörung allerbester Art. Aber auch der Blackmetal im 60er Beat Tempo mit ähnlich simplen Strukturen, in den diese Beschwörung dann mündet, kann mich sofort bei den Hörnern packen. Hölle, was für ein geiler Song. Schöne Keyboards verstärken auch hier die Atmosphäre, wortlose Chorklänge zeigen sich zwischen den kräftigen Riffs.

Dann spricht die Band mit ´The Great Malicious Tongue´ zu uns und treibt wieder auf Punkrhythmen reitend wie die wilde Jagd durch unsere Reihen. Im Grunde sind die Strukturen dieses Stückes ähnlich denen anderer, die Melodien klingen aber anders, nicht weniger packend dafür. Walzen, rollen, wogen, toben, alles ist hier erlaubt und BAXAXAXA haben einen diebischen Spaß daran.

Etwas epischer und eigenwilliger wird es wieder mit ´The Ghosts Of Törzburg´. In einem schönen Marschschritt rockt die Band uns eine Abhandlung der Sagen um das Schloß Bran, die sogenannte „Törzburg“ in Siebenbürgen in die Seele. Die Musik, die Riffs, die Stimmung, alles ist makaber, dabei wieder so hymnenhaft und für die Ewigkeit geschrieben. Nicht innovativ, natürlich nicht, denn das hier ist Blackmetal, wie er vor fast dreißig Jahren den Underground beflügelte und tausende Seelen in Verdammnis brennen ließ.

BAXAXAXA haben immer noch dieses Abseitige als künstlerisches Element, auch wenn das Heavy Metal-Feeling ihrer Stücke stark ausgeprägt scheint. Ein ungesunder, verdorbener Geist schwebt über all der Klangkunst. Der ´Temple Of The Seven Keys´ bewegt sich wiederum zwischen treibend und stampfend, hat schön schneidige Riffs mit frostiger Stimmung, aber auch verträumte, von Keyboards aufgefüllte Doompassagen zu bieten, die man so nicht voraussehen konnte. Schön, wirklich schön, trotz Traumatics Grollen über der ganzen Musik.

Diese Platte macht es mir einfach. Ich will Blackmetal, ich bekomme Blackmetal. Ich will ihn abwechslungsreich, in entspannterem, gerne aber treibendem Tempo, so soll es sein. Ich will Songs, die ich mir erarbeite und die dann bei mir bleiben? Gerne doch. Ich will Tiefe, Gefühl, Intensität und Atmosphäre? Aber bitte sehr. Alles richtig gemacht! Das Geld für dieses Album ist bestens investiert.

(9 Punkte)

https://www.facebook.com/Baxaxaxa

 

…mehr zu BAXAXAXA findet ihr hier

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"