METAL MÉAN FESTIVAL 2021
~ 21.08.2021, Sur Odémont, Méan, Belgien ~
Sommer. Sonne. Schweiss, verspritztes Bier, dampfende Leiber, verkokelte Pyrotechnik, Geschlechtshormone, Schnaps, ranziges Blut, nasses Leder, Frittierfett, Pisse und vergorener Wiesenmatsch. Überall. Das vor allem: viel, viel glitschiger, schlüpfriger, silo- bis kuhstallduftender Schmodderboden… kommt da bei dir nicht auch eine ganz bestimmte Erinnerung hoch? Ja genau: FESTIVALS!!!
Der menschliche Geruchssinn ist der unmittelbarste, da er ohne Umweg durchs Grosshirn direkt im Gefühls- und Erinnerungszentrum, dem Limbischen System ankommt, das unsere Emotionen verarbeitet und Triebe kontrolliert. Auch sehr lange verschüttete, mittlerweile unbewusste oder nur noch ganz vage Erinnerungen kommen so urplötzlich, in Sekundenbruchteilen wieder hoch. Zum Beispiel solche an Open Airs, die ja generell geradezu ein Feuerwerk der Olfaktorik sind. Nur ein paar dieser Geruchsfetzen, und egal wo du gerade bist, sofort fühlst du dich wieder daheim, in deinem Element, unter Deinesgleichen. Hörst imaginäre ohrenbetäubende Musik, die sogar den Boden unter deinen Füssen erschüttert, siehst vor deinem inneren Auge die Lightshow, fragst dich ob noch Zeit ist für ein Bier oder es schon wieder eng wird vor der Bühne – aber nein, ist ja alles nur Phantasie. Oder doch nicht? Woher kommen auf einmal die vielen, es müssen annähernd 2000 sein, endlich wieder gefällig in Einheitsschwarz gekleideten Menschen, überall und so nah um dich herum, so gut drauf und ganz ohne Abstand oder Masken? Es fühlt sich nach der langen Abstinenz total unglaublich, ja surreal an, aber:
DU! BIST! TATSÄCHLICH! WIEDER! AUF! EINEM! METALFESTIVAL !!!1!1!11!!1!!!
Es ist kaum zu glauben…
Ja, und das hast du einer Gruppe unerschütterlicher Metalenthusiasten und freiwilliger Helfer zu verdanken, die seit 2005 im beschaulichen Dörfchen Méan, auf einer Wiese mitten in den südbelgischen Ardennen zwischen Kuhweiden an der Route de Fromage gelegen, ein eintägiges (ok, es gibt für die ganz Hartgesottenen noch einen Vorabend mit Coverbands…), jedoch absolut hochkarätiges Kult-Extremmetal-Festival organisieren. Metal Méan ist eine versteckte Perle, und die belgischen Besucher fragen dich als Deutsche, wie du gerade auf dieses kleine, gut gehütete Geheimnis gekommen bist? Denn so gut wie alle Teilnehmer hier sind Belgier… und es ist ein Festival wie früher, mit einem bunten Mix aus Metal, der den Veranstaltern gefällt, jedoch einem ganz klaren Fokus auf den härteren Gangarten.
Begonnen wurde damals mit einheimischen Death- und Black Metal-Bands, doch schnell waren auch die grossen Namen hier, just name them: DESTRUCTION, SODOM, CORONER, POSSESSED, SUFFOCATION, VADER, ASPHYX, ENTOMBED A.D, KATAKLYSM, MAYHEM, MARDUK, ENSLAVED, ROTTING CHRIST, SIGH, SAMAEL, TRIPTYKON, aber auch solche Entdeckungen wie MELECHESH, SEPTICFLESH, ORPHANED LAND, THE DEVIL’S BLOOD, TRIBULATION, NIFELHEIM, AVATARIUM, MIDNIGHT, NECROS CHRISTOS, CULT OF FIRE, PRIMORDIAL und viele, viele mehr haben ihre schwarzen Visitenkarten dagelassen… nicht wahr, die Auswahl lässt so manchen Fan mit den tinnitusgeplagten Ohren schlackern? Man merkt sofort: die Organisatoren haben zum einen exzellenten Geschmack und zum anderen das Talent, alle ihre Lieblinge vom Auftritt im offenen Bierzelt in Sichtweite von Saint-Étienne zu überzeugen. Nach 15 Jahren hatte die Crew jedoch genug geplant, geschuftet, gehört und gesehen, man wird ja nicht jünger, und wollte sich eigentlich 2020 mit einem Knaller von Jubiläumsedition verabschieden, aber dann kam dieses blöde Virus und hat alles gehörig durcheinandergewürfelt.
Das Abschieds-Lineup für 2020 war bereits komplett geplant, Karten waren verkauft (noch ein Vorteil: der Preis ist für das, was in Méan geboten wird, ein Witz…), aber natürlich fand letztes Jahr dann gar nix statt. Schnell wurde versucht, die meisten Bands auf dieses Jahr umzubuchen, aber ihr wisst es selbst, offiziellen Regeln und Vorschriften ändern sich gefühlt wöchentlich, und so musste bis kurz vor Beginn immer noch ständig umdisponiert werden – stellt euch diesen Stress mal vor! Zum Glück haben die Veranstalter die entsprechenden Connections in der Szene, und konnten auf jeglichen Ausfall mit einem mindestens gleichwertigen Ersatz reagieren. Schliesslich kamen die neun Bands der diesjährigen Edition aus Belgien, den Niederlanden, Deutschland, der Schweiz und Island – nicht schlecht, immer noch inmitten einer Pandemie, oder? Dazu natürlich wie immer Verpflegungs- und diverse Distro- und Merchstände. Und trotz entsprechender, sprich 3G-Hygieneauflagen, und entsprechend auch vielen zurückgegebenen Karten war es am Ende wieder einmal ausverkauft.
Man kann nur den Hut ziehen vor den Teams des Festivals sowie des Campgrounds, den gut gelaunten „Walküren“ (morgens wird man mit Wagner geweckt und bekommt nur dann, wenn die Musik spielt, café et pains au chocolat), die das Hygienekonzept hochprofessionell umsetzten und die Masken-Freibriefe, sprich wunderbar altmodischen Festivalbändchen, an die Besucher brachten, die schliesslich genau das ermöglichten, wovon ich oben berichtet habe: ein Gefühl von 2019 und davor.
Aber jetzt endlich zu den diesjährigen Bands! Tja, wer morgens die rechtzeitige Abfahrt verpennt, verpasst leider schon wieder (wie beim letzten Roadburn…) die beiden Mädels von DOODSWENS aus Eindhoven, schafft es aber immerhin noch zu den angeschwärzten Speedmetallern aus Antwerpen. Die zwei Blackmetallerinnen müssen die Meute schon gut angeheizt haben, oder sind einfach alle so heiss auf endlich wieder echtes Konzertfeeling? Die Security hat heute jedenfalls alle Hände voll zu tun, so viele Moshpits, aber vor allem Stagediver*innen hab ich ewig nicht mehr erlebt… BÜTCHER geben aber einfach auch alles, so dass Sänger (was sonst?) Hellshrieker noch Stunden später auf regelmässiges isotonisches Nachfüllen achten muss; seine Killernieten haben vermutlich sämtliche Körperflüssigkeit aufgesogen. Kein Wunder, wenn man gleich mit ´45 RPM Metal´ einsteigt und mit ´Iron Bitch (Unholy Wielder Of The Blade)´ weitermacht… und gleich darauf mit ´Speed Metal Samurai´ einen neuen Song präsentiert; die schweisstreibende Setlist legt sonst den Schwerpunkt auf das letzte Album mit dem wunderschönen Namen ´666 Goats Carry My Chariot´, bevor die drei unheiligen Kriegshelden des Debüts zum Zuge kommen: ´Elektrik Exekutioner´, ´Thermonuklear Road Warrior´ und ´Blakk Krusader´ – keiner spielt schöner mit Klischees als das belgische Highspeed-Quintett, die natürlich hier ihr Hausrecht ausüben und entsprechend abgefeiert werden – zu Recht!
Bassist Wrathchylde ist ein echtes Tier mit seinem vielsagenden MIDNIGHT Shirt, und ein fast noch grösserer Poser als der Front-Schreihals, die Band macht mega Spass und das Publikum bangt, singt und feiert jeden Song mit. Spätestens jetzt, ganz vorne in diesem dampfenden Zelt, sind die letzten anderthalb Jahre Konzertabstinenz komplett vergessen. Was ein geiler Auftritt! Nun aber erstmal zum Getränkestand, den jeder bei diesen schweisstreibenden Temperaturen regelmässig besuchen sollte… oder zum vorzüglichen veganen Essen der trotzigen Vögel. Fritten etc. gabs natürlich auch, wir sind ja schliesslich in Belgien.
Setlist:
45 rpm Metal
Iron Bitch (Unholy Wielder Of The Blade)
Speed Metal Samurai (new song!)
666 Goats Carry My Chariot
Elektrik Exekutioner
Thermonuklear Road Warrior
The Oath (MANOWAR cover)
Metallström/Face the Bütcher
Blakk Krusader
Danach wird der Nachmittag, zumindest thematisch, nass, dunkel, abyssal und – im Gegensatz zu den vorangegangenen jungen Wilden – fast schon doomig. Die Cthulhu-Jünger von SULPHUR AEON werfen Ihre Schleppnetze aus, um leichtsinnige Opfer für die Grossen Alten einzufangen, und sind damit sehr erfolgreich. Auch bei Sonnenschein entfaltet ihr schwarztödlicher Metal eine hypnotische Anziehungskraft, und mit einem für die detailverliebten Westfalen so wichtigen perfekten Sound (grosses Kompliment ans Mischpult, das für alle Bands stets zu zaubern wusste!) und der entsprechenden Songauswahl ziehen sie uns in ihren Bann. Manch Nacken wird lang langer Zeit mal wieder durchgedreht, es wird mitgesungen und gejubelt, auch hier ist deutlich zu spüren, wie dankbar die Musiker für die Chance sind, endlich wieder vor Publikum spielen zu können, und umgekehrt die Fans diese bodenlos-epischen Töne förmlich einsaugen.
Faszination und Gänsehaut stellen sich ein, wenn bei ´Yuggothian Spell´ die beiden Gitarren aufjubeln und M. in seinen diversen Tonlagen alte Gottheiten beschwört, die Band spielt gefühlt noch tighter als sonst und beeindruckt rundum, und spätestens beim stampfenden ´Diluvial Ascension – Gateway To The Antisphere´ kann man dann auch wunderbar den Refrain mitbrüllen.
Mit einem Best Of-Set aller drei Alben mit Fokus auf das 2018er ´The Scythe Of Cosmic Chaos´ (kleiner Tip: das Culthe-Fest-Livealbum umfasst alle heute gehörten Songs…) überzeugen die Lovecraftians einmal wieder, und machen alte wie neue (und auch ganz junge!) Fans inklusive der Rezensentin glücklich, was sich danach auch beim Merchstand niederschlägt, der gleichzeitig eine Art Meet & Greet ist. Cthulhu approves!
Setlist:
Cult Of Starry Wisdom
Yuggothian Spell
Incantation
Swallowed By The Ocean’s Tide
Diluvial Ascension – Gateway To The Antisphere
Lungs Into Gills
Thou Shalt Not Speak His Name
Sie sind zwar ganz kurzfristig für HULDER eingesprungen, doch WIEGEDOOD passen perfekt zu diesem Open Air, das stets Wert darauf legt, möglichst viele Facetten des extremen Metal abzudecken. Natürlich sind sie auch Lokalhelden und werden entsprechend gefeiert, sie bringen jedoch mit ihrem kalten, reduzierten, nihilistischen, extrem schnellen und riffbetonten, und dabei mit seinen weiten, repetitiven Melodiebögen gleichzeitig hoch atmosphärischen Black Metal mit Hardcore/Sludge-Kante nochmal eine ganz andere Spielart in das Festival ein. Ausserdem ist spannend zu beobachten, wie es mit WIEGEDOOD weitergeht. Die ´De Doden Hebben Het Goed´-Trilogie ist beendet, Sänger Levy Seynaeve hat sich bei AMENRA verabschiedet, um mehr Zeit für seine anderen Projekte zu haben – die Zukunft steht dem Trio damit weit offen. Wenn der Gig heute zukunftsweisend ist, dann ist diese pechschwarz.
Der Sound ist brilliant, aber die Songauswahl, exklusiv aus Teil III und II von DDHHG, ist düsterer und hoffnungsloser denn je und bietet kaum diese fragilen, flehenden Post-Black Metal-Momente, die sonst selbst in dem von den Dreien entfesselten Mahlstrom immer mal wieder durchatmen lassen. Die Band peitscht sich selbst vor allem mit Wut und Verzweiflung durch das Set, wirkt wie gehetzt, so keifend, böse und absolut negativ habe ich sie noch nie erlebt. Wie immer versinken sie auf der Bühne, so paradox das ist, völlig introvertiert in ihrer ganz eigenen, intensiven Welt, doch das Publikum geht all das mit und feiert die Drei, ergibt sich komplett in die brachiale, bodenlose Katharsis. Wahrscheinlich ist dies der intensivste und reinigendste Auftritt des heutigen Tages – fordernd, doch gleichzeitig belohnend. Keine leichte Kost, aber das war auch nicht zu erwarten, dennoch ist nun erstmal tief Durchatmen und das Ganze sacken lassen angesagt.
Setlist:
Prowl
Cataract
Doodskalm
De Doden Hebben Het Goed III
Ontzieling
SABATHAN muss man deutschen Lesern eventuell erst einmal erklären, traditionelle Black Metal-Fans und Einheimische wissen natürlich Bescheid. Bandgründer, Bassist und Sänger Lord Sabathan verliess ENTHRONED, die mit älteste und wohl auch wichtigste belgische BM-Band 2006 nach längerem Zwist, und widmete sich fortan anderen Projekten wie SLAUGHTER MESSIAH oder HEINOUS. Das ganz alte ENTHRONED-Material, also die beiden ersten Alben plus die ´Regie Sathanas – A Tribute to Cernunnos´-EP lag ihm jedoch so am Herzen, dass er 2018 eine Band vor allem mit ehemaligen ENTHRONED-Mitgliedern gründete, die speziell nur diese drei Platten live aufführt. Voilà – bienvenue SABATHAN! Darauf erstmal einen Feuerball!
Wie gross die Begeisterung darüber ist und wie sehr diese Oldschool-Songs den Anwesenden in Fleisch und Blut übergegangen sind, zeigte deutlich die Stimmung im Zelt, das Mitsingen, die Propellermähnen und die ständig hochgereckten Fäuste. Die Security zieht die Stagediver im Akkord über die Absperrung, Lord Sabathan gibt uns den Quorthon mit seinen hohen Schreien, die ganze Band zelebriert einen klassischen BM-Gig mit Corpsepaint, Nieten und vielen Kerzen, Schädeln und anderem Zierrat auf der Bühne, getragen von einem enthusiastischen Publikum. Und da Franck aka Lord Sabathan heute auch noch Geburtstag hat, bekommt er am Ende sogar vom Publikum ein Ständchen gesungen.
Setlist:
Deny the Holy Book of Lies
Under The Holocaust
Scared by Darkwinds
Tales from a Blackened Horde
The Antichrist Summon the Black Flame
The Rites of the Northern Fullmoon
At the Sound of the Millenium Black Bells
Ha Shaitan
Evil Church
The Ultimate Hordes Fight
Den weitesten Weg haben zweifellos MISÞYRMING hinter sich gebracht, um beim Metal Méan dabei zu sein, doch die enthusiastischen Reaktionen der Fans dürften die mit Blut und Asche beschmierten, uniformierten Isländer fraglos entlohnt haben. Nun so richtig auf Black Metal eingestimmt, haben die souveränen und selbstbewussten Youngsters ein leichtes Spiel mit dem Publikum, es frisst ihnen vom ersten Ton an aus der Hand.
Der Black Metal des mittlerweile tatsächlich als Band agierenden Quartetts aus Reykjavík hat diesen typisch Isländischen Drive bei maximaler Härte, anspruchsvollem Songaufbau und instrumentaler Perfektion, das ist moderner, im experimentellen Sinne progressiver, doch gleichzeitig der Tradition verpflichteter Black Metal, der sich ständig neue Anleihen aus sowohl Folklore als auch elektronischen Genres einverleibt, und zwischen Blastbeats und Ambient-Atmosphäre oszillierend. Wie bei allen Bands von der grossen Insel üblich sind alle Texte in der Muttersprache gehalten und erzählen von so rauher wie schöner Natur, tiefer Melancholie und inneren Kämpfen. Bandkopf D.G., der MISÞYRMING einst als Soloprojekt startete, hat auf der Bühne weiterhin alle Fäden in der Hand, aber sehr starke Mitmusiker um sich geschart;Drummer H.R.H. spielt seine hochkarätigen Kollegen heute fast sämtlich an die Wand, Bassist G.E. beherrscht sein Instrument groovig wie einen Kontrabass, und Gitarrist T.Í. brilliert scheinbar mühelos in den Melodie- und Tremolopassagen. Das geht in den Bauch, Nacken und in die Beine, hier kann keiner mehr stillstehen, und die Stagediver werden im Minutentakt durchgegeben. Hammerauftritt, der noch lange nachwirkt!
Setlist:
Hælið (Intro)
Orgia
Með Svipur À Lofti
Ísland, Steingelda Krummaskuð
Allt Sem Eitt Sinn Blómstraði
Söngur Heiftar
Alsæla
Ég Byggði Dyr Ì Eyðimörkinni
Jegliche Bandformation stand heute hier schon auf den Brettern, doch Duos haben natürlich immer eine Sonderstellung, und es ist stets besonders faszinierend, was für einen akustischen Overkill im besten Sinne BØLZER nur zu zweit live zustandebringen – eine vielschichtige, sich ständig wandelnde, vor schierer Energie vibrierende Wall of Sound, die einen komplett gefangennimmt, alle Sinne stimuliert und tatsächlich körperlich wirkt. Man muss sich einfach zu dem bewegen, was HzR an den stark beckenlastigen Drums und KzR an der vielfach verstärkten Gitarre und dem unverwechselbaren, zwischen kehligem Wolfsgeheul und Fauchgrowlen wechselnden Gesang produzieren. Diese Intensität, dieses Unmittelbare, Brachiale und gleichzeitig Filigrane mit den vielen verschiedenen Schichten und Melodiebögen ist genau mein Ding, und ich tauche völlig darin ab, nehme aber noch wahr, dass es andere genauso begeistert, denn die „Bølzer, Bølzer!“-Sprechchöre nehmen nicht ab. Gemeinsames Trommeln und Singen haben den Menschen eben schon immer begleitet, und genau diesen Nerv trifft das Duo aus Zürich – gepaart mit modernsten Verstärkertricks, Loops und Samples. Aber völlig egal wie es entsteht, darauf wie es wirkt kommt es an. Die wie immer dunkel gehaltene Bühne tut ihr übriges, für diese volle Stunde kommt es nur aufs Hören und Fühlen an. Und danach ist die Welt eine andere. Einfach grossartig!
Setlist gibt’s keine. Erinnern kann ich mich an den Beginn mit ´A Shepherd in Wolven Skin´, an ´Into The Temple Of Spears´ und ´Ave Fluvius! Danu Be Praised´, es mag sein, dass ausserdem Steppes und Hero, vielleicht auch Phosphor und I Am III gespielt wurden…vielleicht kann jemand meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen?
Update! BØLZER selbst waren so nett mir ihre Setlist mitzuteilen:
A Shepherd in Wolven Skin
Æstivation
Into the Temple of Spears
Zeus – Seducer of Hearts
C.M.E.
Phosphor
I Am III
Ave Fluvius! Danu Be Praised!
(so schlecht lag ich gar nicht… ;-))
And Now for Something Completely Different… Die Bühne wird umgebaut, es wird schwer martialisch, Soldaten lauern mit glühenden Augen, Flammenwerfer werden getestet, Ventilatoren aufgestellt. Klar, Lemmy ist tot, aber Tom Angelripper quicklebendig! “90 Minuten SODOM – ich könnte mir schlechtere Urlaubstage vorstellen!”, sagt mein Frontrow-Nachbar voller Vorfreude, und damit ist er nicht allein, das volle Zelt erwartet gespannt den Auftritt der Ruhrpott-Legende.
Metal Méan kennt keine Headliner, jedoch ist der vorletzte Slot des Tages immer der längste, und dementsprechend werden genügend Getränke und Handtücher strategisch auf der Bühne deponiert.
Hier erinnert man sich noch an die nicht nur kohleschwarze Vergangenheit der Gelsenkirchener Thrasher wie an die eigene Jugend (und ihren hiesigen Auftritt 2015), und dementsprechend werden sie jubelnd empfangen und von Beginn an abgefeiert. Gitarrist Frank Blackfire ist ja seit 2018 wieder mit an Bord, und hat sichtbar Spass daran, die Songs von ´Persecution Mania´, ´Agent Orange´ und der neuen ´Genesis XIX´ zu spielen, die den Grossteil der Setlist ausmachen, Tom geht im aktuellen Set jedoch mit ´Blasphemer´ und ´Outbreak of Evil´ sogar bis hin zur 85er ´In The Sign Of Evil´-EP, und rundet alles mit ausgewählten Songs so gut wie jeden Albums der vierzigjährigen Bandgeschichte ab. Es ist ein Triumphzug, den das Quartett auf die Bretter legt, sie und das Publikum schaukeln sich gegenseitig hoch, geben alles, doch nach ´Bombenhagel´ ist dann wirklich Feierabend mit diesem Jubiläums-Best-Of-Set. Band, Publikum, Méan sind alle miteinander ausgebombt…
Setlist:
Blind Superstition
Sodom & Gomorrah
Sodomized
Christ Passion
Suicidal Justice
Nuclear Winter
Agent Orange
Conflagration
Better Off Dead
Caligula
Tired and Red
M-16
Incest
Iron Fist (Motörhead cover)
Outbreak of Evil
The Harpooneer
The Conqueror
Remember the Fallen
Ausgebombt
Blasphemer
Bombenhagel
Da es mittlerweile durchgehend in Strömen regnet und die Temperaturen entsprechend gefallen sind, geben viele Zuschauer nach dem alles fordernden SODOM-Gig auf und machen sich auf den Weg in Zelte und Autos, doch für viele steht der Höhepunkt des Tages noch aus. Es wurde ja bereits angedeutet, für einige der Organisatoren hat alles vor über fünfunddreissig Jahren mit HELLHAMMER, der ikonischen ersten Band Tom Gabriel Fischers begonnen, und daher war klar, nur TRIUMPH OF DEATH können das finale Metal Méan standesgemäss beenden. Sie sind sich ihrer Aufgabe bewusst, und steigen wie gewohnt mit der A-Seite von ´Apocalyptic Raids´ ein, und erst wenn sie nach ´Maniac´ warm sind, wird das Publikum begrüsst.
Dass die Schweizer es tatsächlich hierher geschafft haben, trotz all dem Pandemiechaos, zeigt, wie wichtig ihnen der Auftritt hier ist. Und um auch diese Frage zu beantworten – ich kenne Metal Méan durch TRIPTYKONs 2018er Auftritt hier, wie man eben manchmal für seine Lieblingsbands auch ein Stück weiter fährt… auch für Tom ist das Festival daher eine bekannte Grösse. Und natürlich freut sich die Band und ist ungläubig und dankbar, heute „das erste Konzert seit Dezember 2019“, spielen zu können. Damals in Warschau waren u.a. auch BØLZER dabei. Und dann stellt Satanic Slaughter für den Bass-Beginn von ´Blood Insanity´ nicht-mehr-wirklich-Neuzugang Slaughterwytch vor – so schliessen sich Kreise.
Ich erlebe sie heute zum ersten Mal und bin begeistert, ihr Bassspiel kommt aus dem Bauch, sie hat einen sehr eigen(willig)en, rohen und direkten Stil, der extrem gut zu T.O.D. passt, und wie ihre ist die Stimmung der ganzen Band heute gleichzeitig energiegeladen-aggressiv wie auch souverän und selbstbewusst. Die Fans sind sowieso begeistert und mobilisieren noch einmal letzte Energien für das Feuerwerk an Proto-Extrem-Granaten. Und obwohl das Material ja historisch bedingt begrenzt ist, überrascht seine ungebändigte, wilde Energie und die dunkle, morbide Ausstrahlung der mittlerweile fast vierzig Jahre alten Stücke jedes Mal von Neuem. ´Crucifixion´, ´Reaper´, ´Aggressor´ – das ist Metalgeschichte, rotzig, trotzig, dissonant und dreckig hingeknallt im Kurzdurchlauf, und es macht allen Beteiligten wie immer unbändigen Spass! Das doomige ´Messiah´ erinnert einmal wieder an Martin Eric Ain, mit ´Visions of Mortality´ wird schon das nächste Kapitel aufgeschlagen, und wie immer macht die namensgebende, epische Hymne den Sack für heute zu. Tom keift, brüllt und knurrt noch einmal, die letzten Maloiks und Fäuste werden hochgehalten, dann die drei Äxte, und es ist vorbei. Ein hochzufriedenes, aber erschlagenes Publikum verabschiedet die Band, und einen Tag voller Historie und Moderne nebeneinander.
Setlist:
The Third of the Storms (Evoked Damnation)
Massacra
Maniac
Blood Insanity
Decapitator
Crucifixion
Reaper
Aggressor
Revelations of Doom
Messiah
Visions of Mortality (Celtic Frost cover)
und natürlich: Triumph of Death
Das war’s! Voller Emotionen, vor allem der Freude, endlich wieder unter Seinesgleichen zu sein, die geliebte Musik feiern zu können, sich rundum lebendig zu fühlen anstatt nur wie betäubt darauf zu warten, dass endlich so etwas wie Normalität zurückkehrt, treten wir den Heimweg an. Metal Méan gebührt unser aller Dank dafür, uns die Gelegenheit geboten zu haben zu uns selbst zurückzufinden. Dieser eine Tag hat so viel Kraft, Freude und Mut gespendet, und das schwarze Blut endlich wieder in Wallung gebracht…
Es war wahrlich ein Fest, und jetzt kann ich ja verraten, was seit ein paar Wochen feststeht: das letzte Metal Méan ist noch gar nicht vorbei. Die 17. und endgültig finale Ausgabe wird erst 2022 stattfinden, und dann hoffentlich tatsächlich wieder ohne jegliche Beschränkungen. Au revoir! Wir können es schon jetzt kaum erwarten!!!
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