MUDHONEY – Every Good Boy Deserves Fudge
~ 1991/2021 (Sub Pop) – Stil: Garage Rock/Punk/Psychedelic Rock ~
MUDHONEY, ein Bandname, der den Modebegriff „Seattle Grunge“ geradezu herausschreit, wurde 1988 von Mark Arm und Steve Turner nach dem Ende von GREEN RIVER gegründet, Stone Gossard und Jeff Ament widmeten sich hingegen bekanntlich ihrem neuen Projekt PEARL JAM. „Grunge“ hatte sich schon damals als wenig hilfreiche Beschreibung für die Vielzahl von Bands erwiesen, die Ende der 80er und zu Beginn der 90er aus der Seattle-Szene hervorgingen. SOUNDGARDEN etwa vermengten heftigen Stoner und Hard Rock mit schrägem Noise, PEARL JAM betonten schon von jeher ihre klassischen Rock-Wurzeln und NIRVANA polierten schließlich den Garagen- und Punk-Rock-Spirit mit mitreißenden Melodien und harten Power-Chords neu auf.
MUDHONEY hatten jedoch klanglich mehr mit den STOOGES oder Minneapolis-Bands wie THE REPLACEMENTS oder HÜSKER DÜ gemeinsam, und nach dem etwas enttäuschenden, selbstbetitelten Albumdebüt folgte bereits recht früh eine Revitalisierung der Band, die gleichzeitig auch einen Prüfstein für die Zukunft darstellte.
Das 1991 erschienene, zweite Studioalbum ´Every Good Boy Deserves Fudge´ bekommt nun zum 30. Jubiläum die remasterte Deluxe-Reissue-Behandlung, inklusive Demos und einer Vielzahl von Studio-Outtakes. Ein offensichtliches Giveaway sind hier die zahlreichen Variationen des ursprünglichen Albumsongs ´Fuzzgun ’91´, die auch eindeutig auf die Faszination der Band für Gitarrenverzerrungen hinweisen, vor allem auf die Surfgitarren-Sounds von DICK DALE oder THE VENTURES aus den 60ern.
Von Bob Weston neu gemastert, erhalten wir das Originalalbum in all seiner rohen, kantigen und verzerrten Pop-/Punk-Pracht, weit entfernt von dem zu sauberen Sound des Vorgängerwerks. Das schmuddelige, kurze Eröffnungsinstrumental ´Generation Genocide´ geht nahtlos in ´Let It Slide´ über, und die einfachen, sich wiederholenden Texte scheinen etablierte Blues-Muster widerzuspiegeln, nur dass eben die knirschende Rock-Energie alles übertönt, was nach einem traditionelleren Ansatz klingt – ein kollidierendes Mashup aus Feedback und ratternden Gitarren.
´Broken Hands´, der einzige Song, der sich über volle 6 Minuten erstreckt, deutet hingegen auf große Powerchords à la Pete Townshend hin, während aggressivere Punk-Rocker wie ´Thorn´, ´Pokin’ Around´ oder ´Shoot The Moon´ die ganze Kraft der Band offenbaren, allesamt in die gleiche krachende Richtung polternd.
´Every Good Boy Deserves Fudge´ ist aber vor allem ein Wirbelwind der damaligen Einflüsse der Band: der wilde 60er-Garagen-Rock von THE SONICS, der knirschende Post-HC von DRUNKS WITH GUNS, die harten Gitarren-Moods von NEIL YOUNG, die psychedelischen Workouts von HAWKWIND oder SPACEMEN 3 und die satirische Wildheit des 80er-Hardcore-Punk. Die besondere Alchemie des Quartetts ließ diese liebevollen Hommagen nie in Pastiche abgleiten und letztendlich verkörperte ´Every Good Boy Deserves Fudge´ das Beste, aber auch wirklich das Allerbeste, das MUDHONEY jemals hervorgebracht hat. Eine Band, die sich nochmals auf ihre reinsten Instinkte besonnen und dabei neu erfunden hat. Klassiker!
(10 Punkte)