NOTHING SACRED – No Gods
~ 2021 (Rockshots Records) – Stil: US Power / Melodic Thrash Metal ~
Genau 33 Jahre ist es nun her, dass 1988 das Debüt von NOTHING SACRED mit dem Titel ´Let Us Prey´ das Licht der Welt via “Cleopatra Records” erblickt hat. Der Titel der Scheibe stand wohl in einem derart starken Kontrast zum Bandnamen, dass es die Band bereits ein Jahr später zerriss und sie das zeitliche segnete. Die Gründungsmitglieder Mike Wooley, Karl Lean und Sham Littleman zogen weiter und wurden Teil der Band ANGEL OF DEATH, die vom leider bereits 2019 viel zu früh verstorbenen Peter Hobbs gegründet wurde und damals noch ohne den Prefix HOBBS auskam. Sham Littleman und Karl Lean (aka Karl Monara) verließen die Band aber noch vor den Aufnahmen zum Debüt, auf welchem nur noch Mike Wooley zu vernehmen ist.
Die bereits 1983 in Melbourne gegründete Band NOTHING SACRED hatte vor diesem Debüt aber bereits ein Demo und eine EP herausgebracht. Das mit ´Live´ betitelte Demo stammt aus dem Jahr 1985 und enthält in der Tat die Aufnahme eines Live-Gigs, bei welchem auch Cover von METALLICA, JUDAS PRIEST, MOTÖRHEAD und SAVATAGE zum Besten gegeben wurden. Im selben Jahr erschien auch die 4-Track EP mit dem Titel ´Deathwish´ im Eigenvertrieb, die 2015 von HMH als 12“-Picture wiederaufgelegt wurde.
Und sonst? Nicht mehr viel. Nach einer kurzen Reunion mit einigen Gigs im Jahre 2012, unter anderem als Support für Blaze Bayley und Paul Dianno in Melbourne auf deren Tour durch Australien, fand man 2015 erneut zusammen und ist seitdem wieder aktiv, wobei vom Debüt nur noch Bassist Karl Lean und Schlagzeuger Sham Littleman im Line-Up wiederzufinden sind. Gitarrist George Larin war immerhin bereits 1987 kurz der Leadgitarrist der Band. Man kann also sagen, dass diese drei zum harten Kern der Band gehören, da sie seit der Reunion 2015 am Ball geblieben sind. Seit dieser letzten Reunion gab es an der Leadgitarre und beim Gesang einige Besetzungswechsel und so sind der aktuelle Sänger James Davies und der Gitarrist Stuart Bedford die Frischlinge in der Band, da sie dieser erst 2020 beigetreten sind.
An dieser Stelle schicke ich vorweg, dass ich die irgendwo zwischen US Power Metal, Speed Metal und melodischen Thrash angesiedelte Musik auf der EP und dem Debüt der Band, trotz der eher dürftigen Produktion, sehr unterhaltsam finde. Aus diesem Grunde war ich auch sehr gespannt darauf, was die reformierte Band im Jahre 2021 im Stande wäre zu leisten.
Der Opener ´Final Crime´ wurde, wie auch das ebenfalls auf diesem Album enthaltene ´Oracle´, bereits 1989 für ein zweites Album mit dem Titel ´Nemesis´ geschrieben, dessen Aufnahme aber durch die Auflösung der Band jäh unterbrochen und somit dessen Erscheinen verhindert wurde. Es startet mit einem prägnanten Riff, der den Song über seine gesamte Länge begleite, bietet ordentlich Power und weiß auch mit seinen eingestreuten Gitarrensoli zu gefallen. Zwar ist ´Virus´ ähnlich wie sein Vorgänger strukturiert, nimmt aber schon merklich Tempo raus. Insgesamt ein gefälliger Song, mit einer bluesigen Note und einer deutlich vernehmbaren Basslinie, in dem aber darüber hinaus leider recht wenig passiert. Er tut zwar nicht weh, dümpelt aber doch mehr oder weniger dahin. Der nachfolgende Track ´Cold Black´ zieht das Tempo dann wieder etwas an und marschiert zunächst auch ganz ordentlich los, bis die Bridge mit den obligatorischen und zum Teil sehr melodischen Soli wieder im Mid-Tempo stecken bleibt. Allerdings muss diesem Song zu Gute gehalten werden, dass er durch die Tempowechsel durchaus eine gewisse Dynamik und damit Abwechslung an den Tag legt. Das sich daran anschließende und auch als Single ausgekoppelte ´First World Problems´ ist mir dann nicht nur ein wenig, sondern viel zu modern gehalten und klingt in meinen Ohren schon mehr nach Alternative als nach Metal, hätte aber dadurch theoretisch wohl relativ gute Chancen auf ordentlich Airplay. Würde ich es nicht besser wissen, hätte ich diesen Song in den frühen 90ern verortet.
Spätestens bei ´Killing You´ wird es für mich langsam schwierig, die einzelnen Songs auseinanderzuhalten. Zu sehr ähneln sich von Song zu Song die Songstrukturen sowie das Tempo und der Gesang von James Davies. Auch ´False Prophets´ und das wieder etwas zackigere ´Ice´ warten mit keinerlei Überraschungen mehr auf und plätschern mehr oder weniger an mir vorbei. Lediglich ´Cult´ lässt dann durch eine sehr melodiöse Gesangslinie mit einprägsamer Hookline aufhorchen und auch die sich duellierenden Gitarren im Mittelteil werden sehr effektvoll eingesetzt. Für mich zusammen mit den beiden aus dem Jahr 1989 der stärkste Song auf der Scheibe und ich frage mich, warum dieser nicht ebenfalls im Vorfeld ausgekoppelt worden ist. Wie bereits soeben angemerkt, weist bezeichnenderweise auch der zweite von der unveröffentlichten Scheibe übernommene Song ´Oracle´ wieder eine überdurchschnittliche Qualität auf, indem er flott, abwechslungsreich und mit ausgefeilter Gitarrenarbeit durch die Boxen schallt. Mehr davon wäre äußert wünschenswert gewesen. Das abschließende Stoner ist dann ein getragenes und wieder stark alternativ angehauchtes und mit Elementen des Grunge versetztes Stück, welches gegen Ende und das sagt alles, auch noch mit gesäuselten ahahah-Chören aufwartet. Ein richtiger Knaller als Rausschmeißer war aber auch nicht mehr zu erwarten gewesen.
Fazit: Eigentlich keine wirklich schlechte Scheibe, nur leider hat sie nichts bis gar nichts mehr mit den NOTHING SACRED zu tun, die ich bisher kannte. Keine Ahnung, ob es absichtlich erfolgte, aber die Band hat nichts von den Charakteristika ihrer Musik aus den 80ern, mit denen sie nicht nur im australischen Underground mittlerweile einen Kultstatus erreicht hat, in das neue Millennium herüberretten können. Um es ganz deutlich zu sagen: Die Musik auf ´No Gods´ klingt in meinen Ohren einfach zu beliebig, als dass ich mich in einigen Wochen noch daran erinnern würde. Die meisten Stücke sind handzahm und ohne Biss und es klingt wie Hohn, wenn man in den Begleitinformationen zu ´No Gods´ folgendes zu lesen bekommt:
„Entitled ´No Gods´, the record is the Nothing Sacred’s resurrection to the thrash world.“ Ähhh…nö!! Vorbei ist das druckvolle Element aus den 80ern und Thrash ist nur andeutungsweise zu vernehmen. Oder: „We’ve made a conscious effort to not be one-dimensional.“ Und wieder…nö! Die meisten Stücke bleiben im Mid-Tempo stecken und Sänger James Davies verfügt über eine Stimme, die eher in die Gefilde des Hard-Rock passen würde und ist überhaupt nicht mit der variablen Stimme von Mick Burnham vergleichbar, die zusätzlich auch über das gewisse Etwas verfügte.
Vielleicht war es ja Absicht, mit der Vergangenheit zu brechen, moderner und gefälliger zu klingen, um (auch) beim Nachwuchs ihrer Fans aus den 80ern Erfolgsaussichten zu haben. Das ist ja auch durchaus legitim, aber dann hätte man sich fairerweise auch umbenennen sollen, um ihre alte Fans, wie ich einer bin, nicht in die Irre zu führen.
Von mir gibt es daher nur
(7 Punkte).
Wer sich etwas Gutes antun und die wahren NOTHING SACRED genießen möchte, der sollte zur 2014 erschienenen Zusammenstellung von “Arkeyn Steel” greifen, auf der die EP und das Debüt komplett enthalten sind. Außerdem bietet diese Zusammenstellung auch noch drei Stücke des unveröffentlichten zweiten Albums ´Nemesis´ aus dem Jahre 1989 (darunter ´Final Crime´) sowie weitere vier Live-Stücke von den Reunion-Gigs von 2012. Auch wenn von dieser CD nur 1000 Stück gepresst wurden, so ist diese noch gut für kleines Geld erhältlich…zumindest im Vergleich zur Debüt-LP.
´No Gods´ ist bereits am 16. Juli auf CD und Digital erschienen.
NOTHING SACRED sind:
Stu Bedford – Gitarre
James Davies – Gesang
Karl Lean – Bass
Sham Littleman- Schlagzeug
George Larin – Gitarre