NOTES FROM THE LIVING ROOM – We Were Enough
~ 2021 (7us Music) – Stil: Acoustic Pop/Rock ~
Alle werden älter. Mit dem Alter gehen die Spitznamen, der Ernst hält Einzug. Zumindest gelegentlich. Aus Matze Wurm wurde dann eben auch wieder Matthias. Gut, wenn man heiratet, dann auch mit seiner Angetrauten musiziert, muss man schon einen ernstzunehmenden Namen tragen. Matze geht da genauso wenig wie Teddy Herz.
Zumindest regional kennt man Herrn Wurm ja von seinen Engagements bei JEZEBEL’S TOWER, die aktuell sich auch wieder zusammengerauft haben, (darf er da wieder Matze heißen?) und ALIAS EYE, wo mit seinem Einstieg ein etwas härterer Gitarrensound Einzug hielt. Letztere sind allerdings jetzt wieder in Originalbesetzung unterwegs. Es scheint aber, dass sich da alle Beteiligten weiterhin freundschaftlicher Beziehungen erfreuen dürfen. Das ist ja auch nicht unbedingt die Norm. Für Freunde unorthodoxer Klänge mischen er und seine Partner bei THE NEVER HAVE BEENS Funk Rock und Prog Metal.
Dazu kommt eine ziemlich rockige Solo-EP unter seinem Namen, wo Matze seine musikalischen Welten zwischen Prog Rock und Metal zu verbinden versuchte. Und mit seiner Ehefrau ist er unter dem Namen NOTES FROM THE LIVING ROOM als Duo aktiv. Sie spielten zusammen viele, vor allem private Auftritte, Anna lässt ihre Stimmbänder schwingen, ihr Mann begleitet sie auf der akustischen Gitarre. Anfangs waren es vor allem Coversongs, da lassen Melanie & Martin von Ferne grüßen, jetzt haben sie sogar eine CD aufgenommen. Eine CD mit eigenen Liedern wohlgemerkt.
Als Opening des Albums steht die Single ´Skyrocket´ an. Eine schlichte Strophe erzählt vom Alltag, egal ob Du Koch bist oder Songwriter, Verkäuferin oder Ärztin, Der Alltag, immer gleich, ermüdend, wer will da nicht manchmal ausbrechen. Wenn so ein Ausbruch erfolgt, können wir vielleicht auch eine Rakete zünden, ein kleines Feuerwerk. ´Skyrocket´ ist genau das, ein kleines Lied, das ein kleines Licht im Alltag zünden vermag.
´Never Quit´ verströmt leicht spanisches Feeling. Der ruhige Titelsong erzählt von der Zeit, als wir alle noch jung waren und nur uns selbst brauchten. Das Cello unterstreicht die wehmütige Stimmung, leider kommt es etwas zu kurz. Das mag aber daran liegen, dass ich das Cello zu meinen Lieblingsinstrumenten zähle.
´Hey You´ ist eine karibisch anmutende, tänzerische Nummer, ´Into The Blue´ wieder eher wehmütig mit einem Solo auf der elektrischen Gitarre. ´Last Breath´ spricht ein Thema an, das mich auch immer öfter beschäftigt. “Last breath, when will you come for me“. Mit dem tröstlichen Lied über das Ende haben Matthias und Anna hier ein Highlight versteckt. ´Please Come With Me´ mit dem Hauch von Hip-Hop und SPICE GIRLS will mir hingegen nicht zusagen. Da kommt das stromgitarrig rockende ´Back To L.A.´ echter.
´Die Welt In Der Wir Leben´ kommt dann auf deutsch. Eigentlich mag ich ja, wenn die Muttersprache genutzt wird, hier wird ein musikalisch schönes Lied aber zu sehr in die deutsche “Jammer-Pop” Ecke gedrängt. Irritierend auch, ´Skyrocket´, mit knapp über 3 Minuten eh schon kurz, eine Edit-Version zur Seite zu stellen, die gerade 9 Sekunden kürzer ist. Das war wohl der Wunsch der Plattenfirma, damit der Gesang früher einsetzt. Aber als Konsument muss ich das nicht verstehen, das sind geschäftliche Dinge.
Wer sich, aufgrund der Biographie Matzes, auf eine hart rockende Metal-Scheibe oder ein ausschweifendes Prog-Album gefreut hat, der geht hier leer aus, muss warten bis JEZEBEL’S TOWER die Studioarbeit beendet haben. Wer aber ein kleines akustisches Schmuckstück genießen kann, darf sich mit dem Duo aus der Region Mannheim gern beschäftigen. Immerhin ist ´We Were Enough´ ein kleines beruhigendes Stück Musik, das sich für kuschelige oder nachdenkliche Momente gut als Soundtrack eignet.
(7 Punkte)
(VÖ: 06.08.2021)