LUSTMORD AND KARIN PARK – Alter
~ 2021 (Pelagic Records) – Stil: Dark Ambient/Drone ~
Der experimentelle Künstler und Dark-Ambient-Legende LUSTMORD ist dafür bekannt, sich über verschiedene Genres und Sounds hinweg zu verbreiten, und genauso sehr für seine Kollaborationen an unkonventionellen Orten. Abgesehen von der intensiven Arbeit für Filmmusik und TV-Serien sowie einer umfangreichen eigenen Diskografie hat Brian „Lustmord“ Williams allerdings auch eine Reihe künstlerischer Größen gekreuzt. Auch im Zusammenspiel mit beispielsweise den MELVINS oder JARBOE war er in der Lage, unterschiedliche Sounds zu verschmelzen, und zwar alles vom Noise Rock, über Tribal bis hin zum dunklen Ambient. Diesmal ist seine Komplizin KARIN PARK, bekannt durch den nur schwer kategorisierbaren norwegischen Act ARABROT.
´Alter´ ist ein immersives Erlebnis von einer zutiefst filmischen Qualität. Beim Opener ´Hiraeth´ füllt minimale Elektronik langsam den Raum und verleiht den abstrahierten Themen nominell eine Präsenz, bevor Parks schließlich auf die Bühne tritt. Das ätherische Gefühl, das sie damit entfesselt, ihre Stimme, die im Raum zu schweben scheint, fast ohne physische Form, gepaart mit LUSTMORDs transzendentalen Anwendungen, erinnert vor allem an die Experimente von DEAD CAN DANCE.
LUSTMORD erfüllt ´Alter´ mit einer dunklen, melancholischen Atmosphäre, die ausnahmslos jede Passage durchdringt. Es ist die Erschaffung riesiger Klanggemälde, von denen einige in ihrer Reichweite geradezu kolossal sind, während andere wiederum in ihrer Intimität geradezu fragil wirken.
´The Void Between´ fühlt sich an wie der Soundtrack zu einem düsteren Science-Fiction-Film und entfaltet sich wie eine einzige Studie in Erwartung – riesige Akkorde kollidieren wie Galaxien, begleitet von einem zarten Herzschlag.
Doch neben den breiten Pinselstrichen erkunden die beiden Protagonisten ihre Strukturen noch viel weiter. Eine weitere Essenz wird etwa mit der Leichenschau von ´Kindred´ erweckt. Hier sind es Parks Keyboards, die den Marsch ins Unbekannte anführen, umgeben von Williams` beklemmenden Klanglandschaften. Der Song suggeriert ein Gefühl von Ritualismus, die Prozession besitzt dennoch keine prägnante Form und ist an Unheimlichkeit kaum zu überbieten.
LUSTMORD und Park haben mit ´Alter´ eine gute Balance gefunden, spielen ihre Stärken aus und ergänzen sich hervorragend. Die erstaunliche Gesangsdarbietung Parks, die wie durch die Hallen der Ewigkeit hallt, findet schließlich ein Zuhause in der Dunkelheit.
Es gibt Musikgenres, die erwarten, dass der Hörer für sich im Werk seine eigene Bedeutung findet – und Drone und Ambient liegen zweifellos am Rande dieser Erwartung. So wie SUNN O))) mit Frequenzen arbeiten, sind LUSTMORDs Kompositionen scheinbar wie aus Urgeräuschen aufgebaut, die bei der Grundsteinlegung der Welt zu hören waren. Wie diese Klänge kombiniert und präsentiert werden – und die Erfahrung des Hörers selbst – diktieren letztlich die Bedeutung, die daraus abgeleitet werden kann.
(7,5 Punkte)