OVERSTEEL * HELLMIDIAN * SENTINELS
~ Drei vergessene Südamerika-Perlen ~
Mexiko ist ja bei Leibe kein Land, das man als metallisches Entwicklungsland ausweisen kann. Im Gegenteil, enorm euphorische Fans und eine ausgeprägte Bandszene beweisen, dass auch dort mit viel Hingabe dem klassischen Metal Tribut gezollt wird. Und Bands hat es auch nicht wirklich wenige. Hier will ich kurz zwei Gruppen und ihre Veröffentlichungen vorstellen, die es aufgrund starker Alben verdient haben, auch hier mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Die dritten im Bunde kommen aus Chile, sind keinen Deut schlechter und ballern ebenfalls überzeugend aus der Hüfte.
OVERSTEEL – Sentinel Of The Void
2020 (Mexican Steel Productions) – Stil: Speed/Thrash Metal
Da wären also OVERSTEEL mit ihrem letztes Jahr veröffentlichten Debüt ´Sentinel Of The Void´, das Fans klassischen Speed Metal mit leichten Thrash Metal-Tendenzen sofort verhaften können. Auch wenn der Sound nicht ganz transparent ist und im Basssegment etwas brummelt, die Energie und Power lässt sich dadurch nicht wegreden. Im Gegenteil, hier kommt dieses Achtziger-Gefühl auf, das damals, als man ZNÖWHITE oder SENTINEL BEAST zum ersten Mal aufgelegt hatte, überkam. Beide Bands kann man dem Stil von OVERSTEEL sicher zuschreiben. Allerdings sind da auch ein paar Passagen mit drin, die dürften als speedige IRON MAIDEN Einflüsse ebenfalls geltend gemacht werden.
Gesanglich kommt Ruso Talavera in beeindruckende Höhen, wobei er auch in raueren Tonlagen Akzente setzen kann. Guter Mann, keine Frage. Und eine Nummer wie ´Abduction´ hat irgendwie ein ATROPHY-Touch, ´Black Knight´, was für ein Tempo, oder ´Oversteel´, sind echte metallische Prachtstücke und hauen einem schon mal dezent die Kauleiste weg. Da passt alles. Das rasende ´Eextinction´ hämmert einem den letzten Scheiß aus dem gebeutelten Körper. Die spitzen Schreie tun ihr Übriges. Fucking geile Nummer. Kurzum, ´Sentinel Of The Void´ ist ein Pflichtkauf für Fans des Speed Metal-Genres.
(8,5 Punkte) – https://www.facebook.com/Oversteel/
HELLMIDIAN – Rising Up
2018 (Mexican Steel Productions) – Stil: Heavy Metal
´Rising Up´ von der Truppe aus Oaxaca, Mexiko, hat zwar schon drei Jahre auf dem Buckel, aber ist qualitativ immer noch up-to-date, dass ein Übergehen geradezu sträflich wäre. Die EP enthält sechs erstklassig produzierte Metal-Tracks, die mich immer wieder an SKULL FIST aus Kanada erinnern, ebenso an typisch deutsche Speed- sowie Metal-Truppen aus dem süddeutschen Raum Mitte der Achtziger. Die Gitarrenarbeit ist äußerst effizient und technisch sauber. Gerade bei einem sehr schnellen Track wie ´Savage´ blinken SKULL FIST geradezu bei jedem Riff heraus. Btw, geile Nummer. Schon bei der ersten Nummer der EP, ´Wasted Nights´, setzen die Jungs saubere Duftmarken und beeindrucken mit hoher Bangerkompatibilität. Ebenso erwähnenswert ist der klare, eigentlich auch hohe Gesang, der den klassischen Metalsound effizient abrundet. ´Rock´n´Roll´ spielen sie keinen, nennen aber den zweiten Track der EP so und wieder fällt einem umgehend SKULL FIST ein.
HELLMIDIAN können mit diesen Songs locker in Konkurrenz zu den Kanadiern treten, ohne dass man mit der Wimper zucken muss. Und das letzte SKULL FIST-Album ´Way Of The Road´ fegen sie mit ihrer EP klar weg. ´Rising Up´ ist eine eindeutige Kaufempfehlung.
(8,5 Punkte) – https://www.facebook.com/hellmidian/
SENTINELS – Trasciende
2020/21 (Dystopian Dogs) – Stil: Speed Metal
Der Fünfer aus Chile, Santiago, mit Frontsirene Jaqueline Jara, liefert klassischen Speed Metal, der einen auf einen Retrotrip mitnimmt. Ursprünglich nur in Kleinstauflage auf Tape veröffentlicht, hat sich das US-Label „Dystopian Dogs“ dieses Teil gesichert und eine CD Auflage mit neuem Artwork veröffentlicht. Und das ist gut, denn ´Trasciende´ ist furioser, klassischer Achtziger Speed Metal, der ganz klar in Richtung ZNÖWHITE, ABATTOIR, SAVAGE GRACE oder AGENT STEEL geht, allerdings im Songwriting mit deutlich weniger Filigranität und spielerischer Feinfühligkeit als die legendären Bands. Die Chilenen schrubben dafür etwas ruppiger, verleugnen aber keineswegs wessen musikalisches Kind sie sind. Madame Jara hat eine wirkungsvolle Stimme und ihre hohen, spitzen Schreie lassen schon mal Gänsehaut aufkommen. Ansonsten liegt über ihrem Gesang ein leichter Hall, den man immer mal wieder bei Bands aus Südamerika oder Spanien hört.
Neben einem Intro finden sich sieben Songs auf dem Album, die alle auf einem gleich hohen Niveau einem die Ohren blutig sägen. Gefällt mir sehr gut die Scheibe, gerade weil der Retrofaktor ohne Wenn und Aber durchgezogen wird und ich eh ein Faible für female Vocals habe, die sirenenartige Einsätze souverän abliefern können. Anspieltipps: ´Facets Of Hate´, ´Keep Going´, ´The Judgement Of Time´, ohne, wie schon erwähnt, den Rest abwerten zu wollen. Aber die drei Nummern definieren kurz und bündig was die Band so hörenswert macht.
(8,5 Punkte) – https://www.facebook.com/sentinelspeed