ICEBURN – Asclepius
~ 2021 (Southern Lord Records) – Stil: Post-Metal ~
Eingebettet in die prosperierende US-Hardcore-Szene der 1990er Jahre, waren ICEBURN alles andere als eine typische HC-Band. Also: Mehr ZAPPA als AGNOSTIC FRONT. Mit Elementen aus Hard Rock, traditionellem Heavy Metal und sogar Free Jazz/Noise fand das Kollektiv musikalische Sympathisanten unter Gleichgesinnten wie INTO ANOTHER, SUPERTOUCH und SHIFT.
Seit 20 Jahren hat man nichts mehr veröffentlicht. “Southern Lord” bringen nun ´Asclepius´ raus. Eine angenehme Überraschung.
ICEBURN waren noch nie eine Band, die gut in eine Schublade passte. Selbst beschrieben als eine Band, die sich ständig verändert, bringt jede Veröffentlichung eine neue Inkarnation. Während ´Meditavolutions´ von 1996 die Band in experimentelle Gefilde führte und Jazz/Saxophon klug nutzte, ist ´Asclepius´ eine Rückkehr zu ihrem ursprünglichen Sound, der an ´Firon´ und ´Hephaestus´ erinnert. Beispielhaft ausgedrückt: eine Kreuzung aus MELVINS und NO MEANS NO.
Konzept-Band mit klarem Fokus
Es ist auch ein relativ kurzes Album, mit einer, das ist wenigstens hardcore-typisch, Spielzeit von etwa 35 Minuten. ICEBURN liefern zwei Seiten bzw. Songs voller Kraft und Kreativität.
Part eins bietet ´Healing The Ouroboros´, eine Mischung aus Doom (frühe MELVINS!), traditionellem Heavy Metal und Noise Rock. Besonderes Interesse wecken hier Sound und Produktion. Im “Southern Lord”-Stil nicht zu sauber und poliert, aber stets akzentuiert – und mit einem dichten, eindringlichen Gitarrensound. Es ist eine qualitätsdichte Hommage an den progressiven Rock der 1970er, traditionellen Doom und Heavy Metal.
Part zwei führt uns zu ´Dahlia Rides The Firebird´. Ein Song mit abenteuerlicherem Ansatz. Leiser, weicher. Die Band führt etwas ein, was man nur als östliche Fusion in ihrer Gitarrenarbeit beschreiben kann – was mitunter einen spiralförmigen, sehr durchdringenden Sound mit sich bringt. Gentry Densleys Gesang ist rau und ein wenig „Grunge“, modifiziert zu einer perfekten Passform für den gebotenen experimental Doom, mit Basis-Anleihen bei ANGEL WITCH und SAINT VITUS. Das VITUS-eske Kriechen, gepaart mit bohrenden Experimental-Sounds lässt den Song dann spanungsgeladen ausklingen.
´Asclepius´ ist ein Konzeptalbum – durch und durch. Es hat seinen Namen von Asklepios, dem griechischen Gott der Medizin und Heilung. Zuhören heilt vielleicht nicht, belebt aber ungemein. Im Gegensatz zu nicht wenigen unglücklichen Beispielen im Metal-/Hardcore-Kontext sind ICEBURN ein intellektuelles Kollektiv, das es nicht für nötig hält, sich selbst zu profilieren und Struktur wie Harmonie aus den Augen zu verlieren. ICEBURN stehen für niveauvolle Härte mit erdendem Groove: ´Asclepius´ ist der Paradebeweis.
(8,5 Punkte)
(VÖ: 25.06.21)