PlattenkritikenPressfrisch

ANANDA MIDA – Karnak

~ 2021 (Go Down Records/Vincebus Eruptum Records) – Stil: Prog/Psychedelic Rock ~


Zwei Dinge haben mich dazu veranlasst, bei dieser Veröffentlichung „hier“ zu rufen.
Zum einen der etwas seltsam anmutende, aber dennoch interessant klingende Name der Band und zum anderen die beim letzten Album ´Cathodnatius´ stattgefundene Zusammenarbeit mit dem aus Halle stammenden Cornelius „Conny“ Ochs. Letzteren habe ich über die drei hochinteressanten Alben kennengelernt, die er in Kollaboration mit Scott „Wino“ Weinrich aufgenommen hat. Eine spannende Geschichte, die aber zu lang ist, um an dieser Stelle erzählt zu werden. (Nein, oder? Nicht dein Ernst? Jetzt sind wir aber traurig und enttäuscht – die Red.) Also zurück zu ANANDA MIDA.

Die Band wurde vom Gitarristen Matteo Pablo Scolaro und Drummer Max Ear gegründet, der ebenfalls bei der zur Ur-Szene des Italienischen Stoner Rock zählenden Band OJM, aus der nur knapp 30 km nördlich von Venedig gelegenen Stadt Treviso, aktiv ist. Das erste Lebenszeichen der zwischenzeitlich sogar bis zu einem Sextett angewachsenen Band war dann im Jahr 2016 die mit zwei A-Seiten ausgestattete Single AKTAVAS/PASSAVAS, die als Quintett aufgenommen wurde. Diese Besonderheit bei der Bezeichnung der Plattenseiten sollte die Gleichwertigkeit beider Songs deutlich machen. Das Debüt mit dem Titel ´Anodnatius´ wurde dann 2017 veröffentlicht und da es keine Anode ohne eine Kathode geben kann, kam im Jahr 2019 der bereits oben angesprochene Nachfolger ´Cathodnatius´ heraus. Alle Werke, wie auch die nun aus drei Stücken bestehende Single ´Karnak´ werden via „Go Down Records“ unter das Volk gebracht, welches von Max mitbegründet und bereits solche Acts wie HUMULUS und MAYA MOUNTAINS herausgebracht hat.

Seit der Single besteht ANANDA MIDA aus den dauerhaften Mitgliedern Matteo, Max, Davide Bressan (Bass) und Alessandro Tedesco (Gitarre). Allerdings gab es mit Filippo Leonardi vor Conny einen etatmäßigen Sänger, der auf der Single noch zusätzlich den Synthesizer bediente, aber bereits bei dem Debüt die Verantwortung für die Tasteninstrumente an Stefano Pasqualetto abgab. Beide waren beim letzten Longplayer nicht mehr dabei und die Tasten wurden vom Gast-Keyboarder Michele Bottacin bedient. Es muss noch abschließend angemerkt werden, dass Conny für die Band mehr als nur ein Gastsänger gewesen ist, denn schließlich hat er für ´Cathodnatius´ auch alle Texte geschrieben und ist über seine Firma „Ochsworks“ eng mit „Go Down Records“ verbandelt. So nimmt es nicht Wunder, dass er in der Bandbiographie auf der Homepage von „Go Down Records“ als fester Sänger von ANANDA MIDA aufgeführt wird. Ich rechne also fest damit, dass er auch der Sänger auf deren nächstem regulären Album sein wird, von welchem der (Arbeits-)Titel, nämlich ´Reconciler´, bereits bekannt ist. Dieses Album wird dann die, wie es die Band selber nennt, Trilogie zum Abschluss bringen.

 

 

Was gibt es aber nun zu ´Karnak´ zu sagen?
Nicht viel, denn mehr als ein Appetithäppchen bis zum nächsten vollwertigen Album ist es nicht. Dementsprechend habe ich nach dieser, zugegebenermaßen etwas ausführlichen, Vorstellung der Band, auch nicht viel mehr zu berichten.
Alle drei Stücke wurden live performed, wobei bei den beiden ersten Stücken „live“ nicht im klassischen Sinne zu verstehen ist, wurden doch beide Stücke am 12. August im „Teatro delle Voci Studios“ in Treviso, wo bereits ´Cathodnatius´ entstand, aufgenommen. Aber immerhin sind jeweils nach Abschluss der Songs Stimmen und Applaus zu vernehmen. Lediglich ´The Pilot´ wurde mit Conny am Gesang am 23. Juli auf dem „Mirano Summer Festival“ eingetütet.

Bei ´Anulios´ handelt es sich um eine bisher unveröffentlichte Instrumentalversion eines Songs, der bereits auf dem Debüt ´Anodnatius´ enthalten war. Das Stück fließt sechseinhalb Minuten lang gemütlich dahin, wobei die Gitarrenakkorde insgesamt locker flockig, aber zwischenzeitlich auch recht zackig aus dem Handgelenk geschüttelt werden und die Klänge beider Gitarren kristallklar im perfekten Stereosound auf einem breit unterlegten Bassteppich dahingleiten.  So wie die Titel der Alben, stammt auch die Wortkreation ´Anulios´ aus dem Wortschatz des griechisch-armenischen Esoterikers Georges I. Gurdjieff (Sein Referenzwerk ist eine Trilogie, die den interessanten Titel „Beelzebubs Erzählungen für seinen Enkel“ trägt.) und bezeichnet einen von ihm postulierten zweiten Erdenmond. Es nimmt also nicht wunder, dass dieses Stück etwas spacig umnebelt daherkommt und durchaus in der Lage wäre, die Wirkung bestimmter Mittelchen zu verstärken.

Auch das nächste Stück, bei dem Mario Lalli von YAWNING MAN als Gast agiert (siehe auch hier) und dieser wie bei FATSO JETSON die Gitarre und nicht den Bass bedient, fließt eher unspektakulär dahin. Auch ohne den Titel zu kennen (ich kannte ihn beim ersten Hören tatsächlich nicht) wirkt das Stück auf mich, als wäre Lalli auf ein Bier vorbeigekommen und die Jungs hätten dann einfach ein wenig gejammt. Der Titel ´Jam With Mario´ kommt also nicht von ungefähr und es handelt sich logischerweise wieder um ein Instrumental, bei dem der Bass einen zum Mitwippen einladenden funky Rhythmus beisteuert.

Das letzte Stück ´The Pilot´, welches auch das Album ´Cathodnatius´ eröffnet und die einzige echte live-Aufnahme darstellt, erinnert mich dann wesentlich mehr an progressiven Rock, um nicht zu sagen Kraut Rock der 70er, als an aktuellen Psychedelic Rock. Letzteres ist in einem nicht unerheblichen Maße auch auf die Stimme von Conny Ochs zurückzuführen, die auf dieser Aufnahme zu vernehmen ist.

Ach ja … es fehlt ja noch die Auflösung, was denn nun der Bandname bedeutet: Anandamida ist das spanische Wort für Anandamid, auch Arachidonylethanolamid genannt. Dieser Stoff ist ein vom menschlichen Körper produzierter Neurotransmitter, der sich an die Rezeptoren bindet, an denen auch das THC der Cannabis-Pflanze andockt. Aus der so zur Entfaltung kommenden Wirkung, wird auch der aus dem Sanskrit stammende Ursprung des Wortes, nämlich ´Ananda´, was Freude, oder reines Glück bedeutet, verständlich. (Amida, oder deutsch Amide, bezeichnet unterschiedliche chemische Verbindungen.)

Und wenn ich schon mal dabei bin: ´Cathodnatius´ steht laut Gurdjieff (s.o.) für alles negative oder gegensätzliche, während ´Anodnatius´ alles positive in und um uns herum versinnbildlichen soll.

Das Artwork stammt, wie bereits das aller vorherigen Veröffentlichungen, von dem in Venedig  ansässigen Unternehmen eeviac.

´Karnak´ wird als einseitige EP auf 180 Gramm schwerem Clear-Vinyl erscheinen, wobei die B-Seite einen Siebdruck aus dem Hause „La Scalota Nera“ erhalten wird. Am gleichen Tag wird es dann auch ein Re-Release der ´Cathodnatius´ auf Clear-Vinyl geben.

Aus offensichtlichen Gründen gibt es für diese EP keine Bewertung. Das spare ich mir (vielleicht) für ihr nächstes Album auf.

Die Besetzung auf ´Karnak´ lautet:
Davide Bressan – Bass
Max Ear – Schlagzeug
Conny Ochs – Gesang auf `The Pilot´
Alessandro Tedesco – Gitarre
Matteo Pablo Scolaro – Gitarre
Mario Lalli – Gitarre auf ´Jam With Mario´

https://www.facebook.com/anandamidaband
http://anandamidaband.bandcamp.com/


(VÖ: 25.06.2021)

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"