THE FLIGHT OF SLEIPNIR – Eventide
~ 2021 (Eisenwald) – Stil: Blackened Doom ~
Sie sind eine dieser funkelnden Schönheiten im finster-dunklen Nachtlicht. Sie überragen all die Feld-Wald-und-Wiesen-Combos, indem sie Wald und Hügel, mittlerweile in Quartettstärke überqueren, seit anderthalb Dekaden auf bislang sechs Werken. Sie schaffen es auf ´Eventide´ abermals, dass sich der graugeschminkte Zuhörer innerhalb von 44 Minuten in das Mysterium der Nacht hineinziehen lässt: THE FLIGHT OF SLEIPNIR.
Seit 2007 aktiv, in den letzten Jahren von einem Duo zu einem Quartett herangewachsen, ist die Liebe zur Nacht, zur Dunkelheit und zu Träumen ungebremst wie eh und je. Die US-Amerikaner aus Colorado setzen sich mit ihren Hörern mitten in der Nacht an einem geheimen Ort zusammen, spielen in aller Seelenruhe schwere Klänge und brechen derweil aus den Gefilden des Doom immer wieder in den Black Metal und Folk aus. Epic Doom liebkost den Cascadian Black Metal.
Die Schatten der Nacht zeigen dabei neue Routen für Musiker und Zuhörer, in aller Mystik durch den Wald. Die Atmosphäre schenkt Träume im Wachzustand, zum Versinken und Entgleiten aus irdischem Bewusstsein. Jederzeit spannend und allzeit die Kitschgrenze auf Distanz haltend. Doch trotz großem Spannungsaufbau fehlt dem siebten Studioalbum von THE FLIGHT OF SLEIPNIR bisweilen allein die große Eruption zur Unterwerfung der gesamten Welt.
Episch rollen die Gitarrenmotive in ´Voland´ durch das Unterholz. Sie rollen und scheinen ihr Bestreben auf die Ewigkeit ausgerichtet zu haben. Der Gesang, Krähenvogel-krächzend wie gewohnt, krächzt aus zweiter Reihe über einen Ring und über Tragödien, über das Unglück und das Feuer der Befreiung. Bevor die Gitarren wieder flirrend und nunmehr post-rockend, vibrierend übernehmen, klingen sie zur Überbrückung und zur Überraschung akustisch alternativ.
Sodann erwartet uns ´January´ als nächste Mär am geheimen Lagerfeuer im Wald. Dunkler zwirbeln jetzt die Saiten zum Tod im ersten Monat des Jahres, während sich das Feuer und das Schicksal zu allen Seiten hin ergießt. Abermals lädt ein atmosphärischer Abschnitt zum Sinnieren ein, ehe diesmal die schwarzmetallische Armada alles überrollt und doch urplötzlich vor der Natur kapituliert. Vogelgezwitscher obsiegt über den Tod.
Eisiger Frost, Tremolo, Double-Bass und eisiges Geschrei heizen hingegen ´Thaw´ an. Grübelnd im Müßiggang hallt die nächste Geschichte über den Lauf des Lebens, über zu Berge anwachsende Knochen und zu Wäldern wachsende Haare durchs Gebüsch, bis das Feuer, große Augen erzeugend, selbst dieser Komposition erwacht. Schließlich fliegt über die Baumkronen hinweg zu unserer Feuerstelle ein Ufo mit der Besatzung von PINK FLOYD. ´Bathe The Stone In Blood´ wird in aller Länge und Zelebrierung zum rabenschwarzen Psychedelic-Doom-Epic im Leichenmeer.
Zu ´Harvest´ zünden wir trotz tiefster Nacht, und obwohl Klavier und Klargesang zum Feuer-Folk erklingen, kein Feuerzeug an. Hungersnot und Missernte bringen den König und dessen Leben zu Fall, kreischt der Barde, während sich das Lied in der zweiten Hälfte gewohnt in harscher Epic weidet. Zum letzten Ritual, zum Erklimmen der Berge, zum Durchqueren der Ebenen, zeigen sich ´Servitude´ und THE FLIGHT OF SLEIPNIR nochmals in ihrer Sturm und Drang-Phase.
Wir treten im Morgengrauen das Feuer aus, schnappen unser Rüstzeug, unsere Utensilien sowie unsere Instrumente und weichen Ort und Nacht.
(8 Punkte)