WITCH CROSS – Angel Of Death
~ 2021 (High Roller Records) – Stil: Heavy Metal ~
Es gibt da schon böse Zungen. Etwa solche, die behaupten, manche von den alten Bands leben nur noch, weil sie regelmäßig auf Veranstaltungen wie dem KIT spielen dürfen. Dort hofieren sie sich gegenseitig mit selbsternannten Szene-Gurus. Diese wiederum sorgen dann dafür, dass ein künstliches Interesse bestehen bleibt.
Das kann man so sehen. Vielleicht gibt es sogar Fälle, die das bestätigen könnten. Auch wenn ich jetzt nicht der Festival-Gänger bin (so ein Festival ist mir zu viel, zu viel Menschen, zu viel Programm, zu viel Input), ich denke, nur in den seltensten Fällen dürfte diese These zutreffen.
Nehmen wir die Dänen WITCH CROSS. Die wären so ein Fall. Deren erstes Album ´Fit For Fight´ aus 1984 steht als Re-Release in meiner Sammlung. Irgendwann mal auf einer Börse abgeerntet, wurde es nach ein, zwei Durchläufen verdrängt und vergessen. Jetzt, während der Beschäftigung mit ´Angel Of Death´ wurde es wieder ausgegraben. Und das Debüt ist besser als die Erinnerung. Dennoch, wenn der Promotext sagt, “zweitwichtigste dänische Band nach MERCYFUL FATE” und “Top5 Album des dänischen Metal” klingt es nach Verkäufer-Sprache. Auch um den Todesengel zu verkaufen.
Womit wir beim dritten Album sind. Eingespielt wurde es an verschiedenen Orten in England, Schweden und Dänemark in der wohl schon 2013 auf ´Axe To Grind´ bewährten Besetzung aus Gitarrist und Gründer Mike Koch mit Jan “little John” Normark am Bass, Kevin Moore am Gesang, Paul Martin an der zweiten Gitarre sowie Jesper Haugaard am Schlagzeug.
Mit dem Intro ´Tempus Mori Est´ starten wir gregorianisch episch, um gleich danach das deftige Riff des flotten Titelstücks um die Ohren zu bekommen. Der Chorus fällt dann auch gleich mal auf. Solch einen schönen Background aus Damenstimmen in dieser Dichte habe ich seit ROYAL HUNTs ´Royal Target´ nicht mehr gehört. Mit ´Marauders´ gibt es einen fetten und schweren Stampfer. Wenn die Soli immer so geil sind wie hier, und die Breaks so sitzen…
…dann kann mich das ´Evil Eye´ anschauen, wie es will. Ich werde es wegbangen. Hier taucht der Chor wieder auf, nur ein wenig dezenter. Als Topping noch ein Glockenspiel, bei WITCH CROSS wird schon aufgefahren. In ´The Chosen One´ dann auch mit Anklängen von MERCYFUL FATE. Wenn das auf einer Bühne erklingt, dürfte automatisch “Fire in the sky” sein. Für die Not reichen ein paar Pyros. Und wenn es schon brennt, dann wird gleich ´Phoenix Fire´ hinterhergeschoben. Schöner schneller Song mit tollen Leads.
´Siren’s Song´ lässt die Stimmen der Sirenen aus der Odyssee für uns erklingen. Beginnend als schwer stampfende Nummer, dazu das Timbre des Herrn Moore, das hier irgendwie an Messiah Marcolin erinnert, irgendwie kommen hier Erinnerungen an eine schnelle Power Metal-Inkarnation von CANDLEMASS. Zum Solo das Tempo noch mal erhöhen, so geht Dynamik, so geht Epik. Schön, eine so alte Band, die keinen Meter altmodisch klingt. Eine Band, die alt und neu zusammenfügt.
´Eye Of The Storm´ hätte in einer Metal-Disco anno 1989/1990 für eine volle Tanzfläche gesorgt. Luftgitarristen und Headbanger, grinsende Gesichter, das würde ich gern mal wieder sehen. ´Last Rites´ changiert zwischen energischen und melodischen BLACK SABBATH. Die schönen Leads im abschließenden ´Warrior´ als letztes Sahnehäubchen, und schon ist der Spaß – leider – schon vorbei. Aber vielleicht darum einfach wieder vorne beginnen.
WITCH CROSS, soviel kann ich sagen, sind eine alte Band. Und eine, die die bösen Zungen vom Anfang Lügen strafen. Die Dänen brauchen kein künstliches Interesse. Trotz der langen Pause von gut 30 Jahren, sie sind noch, wieder, da. Und sollten hoffentlich mit ´Angel Of Death´ einigen Rummel veranstalten. Auch ohne Szene-Guru. Dafür haben sie ein starkes Statement abgegeben. Es klingt auch nach Jugend und Früher, aber genauso klingt es frisch und heutig.
(8,5 Punkte)
https://www.facebook.com/WitchCross
(VÖ: 11.06.2021)