LIFT – Der Admiral
~ 2020 (Independent) – Stil: Artrock ~
Es war einmal eine 1973 in Dresden gegründete Artrockband namens LIFT, die in der Gegenwart mit ELECTRA und STERN-COMBO MEISSEN als Sachsendreier durch die Lande zieht. Die große Zuneigung und Liebe verdienten sich LIFT durch die Studioalben ´Lift´ (1977) und insbesondere ´Meeresfahrt´ (1979). Tragischerweise starben Bassist/Gründungsmitglied Gerhard Zachar und Sänger Henry Pacholski 1978 bei einem Verkehrsunfall auf Tournee in Polen und LIFT konnten in der Folge nicht mehr an diese Qualität anschließen.
Aktuell ist der Status in der Liebes-Beziehung zu LIFT weiterhin eher kompliziert. LIFT haben zwar mit ´Der Admiral´ das erste Lebenszeichen mit neuen Liedern seit dem 1987er Album ´Nach Hause´ veröffentlicht, doch die Erwartung nach den vier Studioalben, all den Schicksalsschlägen und den vielen Besetzungswechseln ist weiterhin immens hoch.
Obwohl eine stabile Besetzung seit fünf und mehr Jahren wieder zusammengefunden hat und auch mit mehreren Keyboardern für die Umsetzung der alten Klassiker gerüstet scheint, sind die Musiker auf der neuen EP nur Sänger Werther Lohse, seit 1974 in der Gruppe, und Keyboarder André Jolig, seit 2014 dabei. Dass die anderen Musiker über das Erscheinen der EP sogar teilweise überrascht waren, spricht nicht für eine atmosphärisch besonders ausgewogene Stimmung in der aktuellen Besetzung. Gleichfalls ist in diesem Falle die Nutzung des Kult-Bandnamens LIFT äußerst heikel. Wie gesagt, alles ist sehr kompliziert.
Auch die Veröffentlichung an sich, ist für einige Menschen im Jahre 2020 unpraktikabel. Nicht jeder freut sich im digitalen Zeitalter auf eine Vinyl-only-Veröffentlichung von vier Kompositionen. Aber LIFT konnten diesem Problem abhelfen und haben die Lieder mittlerweile auf allen Streaming-Portalen sowie auf CD zugänglich gemacht. Der Silberling enthält jetzt sogar eine zusätzlich produzierte Version des Titelsongs.
Die vier Lieder über zwölf Minuten bestehen aus zwei Kompositionen, die von zwei Improvisationen eingerahmt werden. Allein bei einer Komposition singt Werther Lohse, so dass die gesamte EP eher den Anschein eines Projektes von Keyboarder André Jolig erweckt als den eines Gruppenwerkes von LIFT. Denn Komponist ist nur André Jolig, die Lyrik des einen Gesangliedes stammt sogar von LETZTE INSTANZ-Frontmann Rainer “Holly Loose” Hoffmann und dessen Ehefrau Peggy. Ursprünglich war auch nur eine Zwei-Song-Single geplant, aus der sozusagen eine Vier-Song-Maxi-Single geworden ist. Es ist nicht einfach.
Ein zartes, langsam kraftvoller werdendes Klavierspiel namens ´Impro 1´ eröffnet die EP. Es soll die Rast des Jahres 2020 veranschaulichen und gleichzeitig die Kraft der Musik bezeugen. Die Keyboardtasten kommen mit dem ´Ausbruch´ aus der Enge ins Spiel. Munter angeschlagene Tastenspielerei zeigen die musikalische und kirchliche Ausbildung von André Jolig. Gedankenvoll verweilen die Klänge auch gerne in solchen der Siebzigerjahre. Geradezu klassisch im Sinne von LIFT singt Werther Lohse die Ballade vom Schmetterling namens ´Der Admiral´. Direkt anschließend schwebt die ´Impro 2´ noch in gedankenvollen Keyboard-Sphären, derweil das Klavier bereits auf der Suche nach dem Neuen ist.
In ihrer Gänze (und Kürze) ist diese kleine Kostprobe aus dem Hause Jolig und Lohse Musik, die sich als kleiner Bruder direkt neben STERN MEISSENs ´Freiheit ist´ im Jahre 2020 platzieren lässt. Und diese komplizierte Geschichte ist noch lange nicht zu Ende erzählt.
(8 Punkte)
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