VOLA – Witness
~ 2021 (Mascot Records) – Stil: Neoprogressive Metal ~
Alter Schwede, was sind die Dänen unternehmungslustig. Wenn sich zwei Nordvölker dann als Quartett zusammentun, um die Musik der Zukunft zu ersinnen, dann wird’s echt interessant und der High-End-Metaller freut sich.
Stetige Weiterentwicklung und Verfeinerung des individuellen Stils ist VOLAs Credo seit dem bereits eindrucksvollen, aber noch vertrackteren Debüt ´Inmazes´ (2015) und dem mit ihren typischen, regelrecht himmlischen Melodien verzückenden Nachfolger ´Applause Of A Distant Crowd´ (2018). Diesmal wurden wieder ein paar Briketts grummelige Härte als auch Fische aus fremden Gewässern draufgelegt… bitte nicht gleich verzweifeln und abschalten, wenn ´These Black Claws´ (Crossoverpokal 2021!) euch mit Gastrapper euer “Open Mind” zu zerkratzen scheinen – VOLA kommen immer wieder auf das zurück, was sie so unwiderstehlich macht.
Mächtig schwere, KORN-ig oder gar OOMPH!-artig donnernde Gitarrengewitter prasseln in modernem Metalsound hernieder, jedoch weder “NU” noch “Core”, sondern hart, innovativ und melodisch – ja fast schon futuristisch, aber dennoch warm und packend, dazu unterstützt leichte Elektronik ähnlich wie bei letztgenannter Band die Kompositionen, sei es als dezenter Tupfer im Refrain oder mit stimmungsvollen, breiten Soundlandschaften zu den hart gezerrten Saiten.
Alleine die traumhaften Refrains des Openers ´Straight Lines´ (durch Tonartwechsel in den Gipfel der Genüsse gehievt!) und der sphärigen ´24 Light-Years´-Spacereise mit donnernden Drumantrieb (Hitalarm!) stellen fast alles in den Schatten, was Prog mit Metal auf der Verpackung draufstehen hat und lassen die artverwandten, an sich guten KATATONIA dagegen mittlerweile eindimensional unaufregend wie AC/DC erscheinen (mögen mir beide Lager vergeben, solche Aussagen entstehen ständig, während ich auf Wolke 7 schwebe).
´Head Mounted Sideways´ reißt dir förmlich zu Beginn die Rübe runter, um sie dir mit streichelnden Melodien an der Stelle deiner Wahl wieder zu montieren. Spätestens wenn der ´Freak´ mit ´Napalm´ hantiert und den ´Future Bird´ fliegen lässt, vereinigt gerade dieses Triple die Hogarth-MARILLION inklusive singender Rothery-Gitarre mit Metal, so dass meine gewagte Stilbeschreibung in der oberen Zeile endlich Sinn ergibt.
´Stone Leader Falling Down´ und ´Inside Your Fur´ geben sich zum Abschluss nach tiefbrutalen Soundattacken wahrhaft klischeelos hymnisch und lassen dich nachdenklich zurück, ob auf diesem Album die schönsten Tonfolgen der 80er für die Ewigkeit in Metall gegossen wurden. Selten wurde getragene Härte dermaßen perfekt mit kompromissloser Harmonie verbunden. Normalerweise hätte sich bereits vor der konzertlosen Gegenwart jeder Veranstalter um VOLA reißen müssen, aber dass außergewöhnliche Klasse und Erfolg auf breiter Ebene nicht Hand in Hand gehen, haben FATES WARNING in ihrer langen Laufbahn bereits erfahren müssen.
So muss zukünftig Metal der Neuzeit bzw. aktueller Metal mit Zukunft klingen. Das einzig Gute an “Früher” wäre der abschließende Hinweis gewesen, dass ihr dieses Meisterwerk ab morgen in jedem gut sortierten Plattenladen bekommen hättet, aber ihr wisst wie es 2021 funktioniert, also mailordert fleißig.
Für die Zukunft bestens gerüstet sind:
Asger Mygind (Gesang, Gitarre)
Martin Werner (Keyboard)
Nicolai Mogensen (Bass)
Adam Janzi (Schlagzeug)