ODD DIMENSION – The Blue Dawn
~ 2021 (Scarlet Records) – Stil: Prog (Hard) Rock/Metal ~
“Seid fruchtbar und vermehret euch”, sprach der “Ruler” (Gast: Damien Dell’Amico – TETRAMORPHE IMPURE) zu den Kolonisten Eloise (Gast: Simona “Aileen” Pala – ja, genau die Wunderbare von ADRAMELCHs finalem ´Opus´, THOUGHT MACHINE, HOLY SHIRE) und Markus (Jan Manenti), die daraufhin ganz Adam-und-Eva-like eine Kolonie von fleißigen Arbeitern auf dem Planeten Axtradel im Vega-System befruchteten. Klar, dass die Früchte ihrer Bemühungen von den Invasoren der Heludianer gewaltsam abgeerntet werden und die Kolonie nach erbitterten Kämpfen das Weite und ihr Glück auf einem anderen, blauen Planeten suchen muss. Zum Missfallen des untätigen „Rulers“, da auch der Glaube an seine Herrschaft fluchs flöten ging. Doch auch die Nachfolger schuften in der Wüste Yazukias nur für den Profit der Herrscher, wie uns das Schicksal des Liebespaares der nächsten Generation Arabelle (Gast: Eliana Parodi) und Eristo (Gast: Roberto Tiranti – LABYRINTH, ODYSSEA) zeigt, da hilft auch kein erzählender „Guardian“ (Bassist Gigi Andreone). So weit die Konzept-Story.
Time goes by into the void
Time seems blind into the void
Now that we’re closing stargates on this planet
We’ll never be back, never again
We’re prepared to travel eternally
Stellenweise ein wenig mehr hardrockiger als der hervorragende Vorgänger ´The Last Embrace To Humanity´ von 2013 tönt das aktuelle Sci-Fi-Werk der Italiener ODD DIMENSION um Gitarrist Gianmaria Saddi, Bassist Gigi Andreone (zockt mit Geoff Tate bei SWEET OBLIVION) und Keyboarder Gabriele Giacca (zusammen mit dem “Neuen” Drummer bei SECRET SPHERE), die mit Marco Lazzarini (Drums – auch ARCHON ANGEL) und Gianbattista “Jan” Manenti (Vocals – auch THE UNITY, deren Mitglieder ja alle außer GAMMA RAYs Henjo Richter bereits zusammen in LOVE.MIGHT.KILL eine Familie waren) zwei hochkarätige Zugänge verbuchen konnten. So weit die Personal-History.
Eine weitere lohnenswerte Alternative zu AYREON ist es geworden, wobei das musikalische Interesse diesmal bei Freunden von ARENA, THRESHOLD und – nicht nur wegen der weiblichen Parts – MAGENTA geweckt werden sollte. In SYMPHONY X-Gefilden bewegen sich anfangs auch speziell durch den grandiosen Gesang vom bandeigenen Jan Manenti der powermetallische Brecher ´Landing On Axtradel´ und das fetzig-bärige ´The Invasion´, das sich mit dem Einsatz von Aileens kräftiger „Floor“-Stimme zu einer AYREON-artigen Glanznummer entwickelt.
We must choose another way to save our sons
The Ruler will help us in some way
A new life is waiting for us
Destination is unknown
In the coldness of emptiness
We’ll find a new land
We’ll seek for a new space in time
In die gleiche Kerbe hauen das ebenso gigantische Duett der Beiden, wenn es auf der Flucht vor den Invasoren heißt ´Escape To Blue Planet´ und der darauf folgende, gefühlvoll-hitverdächtige Neubeginn ´Life Creators´. Eine klasse Mischung aus proggigen Elementen kombiniert mit hochwertigem Hardrock findet sich im zehnminütigen Kernstück ´The Blue Dawn´ inklusive finalem SAGA-Instrumentalpart von Derek Sherinian (ja genau, der ex-Traumtheaterspieler, u.a. SONS OF APOLLO und BLACK COUNTRY COMMUNION) – der davor sogar die URIAH HEEP-Orgel auspackt – und dem Bombast-Epos ´Sands Of Yazukia´. Die Hoffnung der nächsten Generation spiegelt das Duett der Gäste Eliana und Roberto wieder, die die ´Flags Of Victory´ schwenken:
What will save our lives through this hard fight
Will be the love and union of our souls
And we’ll never be afraid
Fighting for freedom, against their hate
Dreimal geht dazu auch Soundtrack-cineastisch der Vorhang auf, um die Atmosphäre der Sci-Fi-Story würdig zu untermauern. Der Opener ´Mission n°773´ versprüht wie auch die letzte LORD VIGO ein wenig synthsphärisches “Blade Runner”-Feeling, der stimmungsvolle ´Solar Wind´ wird von ruhigen Piano- und Streicherklängen getragen und ´The Supreme Being´ sorgt für einen unvergesslichen Abschluss, der heavy-sleazy mit einem mörderisch-tighten Groove startet, sich in ein episches Gitarrensolo auswächst, soundtrackartig mit Piano und Streichern endet und letztendlich den unendlichen, unvermeidlichen, unausweichlichen Masterplan vom wiederkehrenden Kreislauf des Schicksals offenbart:
For years and years, they will serve us
One by one they will grow into a legion
Fathers of fathers then mothers of mothers
Thousands and thousands will work for ten thousand years
Fans von charakteristischen Stimmen kommen somit ebenso auf ihre Kosten wie Liebhaber von packenden Songs – das ist wohl der Vorteil, wenn eine echte Band sich solch’ einem Projekt mit fähigen Gästen widmet, statt von einzelnen Multiinstrumentalisten auf dem Reißbrett entworfen zu werden – was in einigen Fällen natürlich auch famos gelingt. So weit zur Musik.
Ein rundum gelungenes Werk ohne jegliche Schwächen, dafür mit jeder Menge Eigenständigkeit, Originalität und Esprit. Absolutes Highlight und Empfehlung für alle Fans guter Musik – nicht nur für Konzeptprogger!